Bochum. Der 27-Jährige, der im März einen Mann in Bochum regelrecht hingerichtet hat, ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das sagt das Gericht.

Ohne jede äußere Regung nahm der 27-jährige Hauptangeklagte am Freitag das Urteil zur Kenntnis. Es ist die Höchststrafe: lebenslange Freiheitsstrafe wegen heimtückischen Mordes an einem 58-jährigen Bochumer. Das Gericht stellte außerdem die besondere Schwere der Schuld fest und verhängte die Sicherungsverwahrung. Eine härtere Strafe gibt es im deutschen Strafrecht nicht.

Die Sicherungsverwahrung begründete Richter Nils Feldhaus so: Es liege eine „eine außergewöhnliche Gefährdungslage“ vor. Der Angeklagte sei ein „gemeingefährlicher Straftäter“, vor dem die Allgemeinheit geschützt werden müsse, „ein Psychopath“, der auch nach Jahrzehnten in der Haft, noch schwere Straftaten begehen könne.

Zwei von sieben Schüssen feuerte der Täter aus nächster Nähe ins Gesicht ab

Feldhaus nannte den Mord eine „eiskalte Hinrichtung“, „eine geradezu unfassbare Tat“. Am Morgen des 7. März 2023 hatte der Angeklagte dem 58-Jährigen in dessen Gemeinschaftsgarage am Bochumer Hustadtring aufgelauert und hinterrücks sieben Schüsse auf ihn abgefeuert. Das Opfer war gerade in seinen Audi TT gestiegen und hatte keine Chance: Die Geschosse schlugen durch das Heck und das linke Seitenfenster ein und trafen auch den Kopf, den Hals und das Herz. Die letzten zwei Schüsse gab der Täter aus nächster Nähe direkt ins Gesicht ab. Das Opfer verblutete. Erst zwölf Stunden später wurde die Leiche gefunden, der Motor lief noch.

Bochumer Schwurgericht stellte zwei Mordmerkmale fest

Das Schwurgericht stellte auch „niedrige Beweggründe“ fest, ebenfalls ein Mordmerkmal. Grund ist der nichtige Anlass der Tat: Fünf Tage zuvor hatte der 27-Jährige auf einer Kreuzung nahe seiner Wohnung in der Dortmunder Nordstadt einen banalen verbalen Streit mit dem Bochumer gehabt. Es ging um ein nicht näher bekanntgewordenes Fahrverhalten. Dabei hatte er den (irrigen) Eindruck, dass der Bochumer ihn per Handy fotografiert habe. Er stellte ihn unmittelbar zur Rede, damit er das Foto wieder löschen solle. Doch der Bochumer, ein Telekom-Mitarbeiter, ließ ihn laut Urteil „abblitzen“.

Der Tatort, die Gemeinschaftsgarage am Hustadtring in Bochum. Die gelben Kreise markieren den Fundort von Geschosshülsen.
Der Tatort, die Gemeinschaftsgarage am Hustadtring in Bochum. Die gelben Kreise markieren den Fundort von Geschosshülsen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Für den 27-Jährigen, einen türkischen Pizza-Fahrer, sei dies „ein Gesichtsverlust“ gewesen. Außerdem habe er „Hass auf Menschen, insbesondere auf Deutsche“ gehabt. Deshalb habe er sich entschlossen, den Bochumer zu töten. „Er ist leicht zu kränken und in seiner Rache sehr nachtragend und maßlos“, sagte der Richter. Er sei „narzisstisch und paranoid“. In seinem Handy hatte der Täter eine Namensliste, die er „Höllenmenschen“ nannte. Außerdem wurden im Prozess weitere mögliche Tötungspläne bekannt.

Der Angeklagte hatte die Schüsse als Affekttat geschildert, nachdem der Bochumer ihn in der Garage provoziert und beleidigt habe. „Ich bin kein Mörder“, sagte er im Prozess. Dieser Version folgte das Schwurgericht nicht.

Mit Pistole in der Hand einen Porsche Cayenne geraubt

Verurteilt wurde der Mörder auch wegen eines besonders schweren Raubes im Dortmunder Süden. Am 21. Dezember 2022 hatte er laut Urteil mit derselben Pistole wie in Bochum einen 65-jährigen Firmenchef überfallen. Auf offener Straße gab er sich als Forstarbeiter aus und trug eine Warnweste. Er hielt den Fahrer eines Porsche Cayenne unter einem Vorwand an und zwang ihn mit vorgehaltener Pistole, die er vor dessen Gesicht durchlud, auszusteigen. Mit dem Luxuswagen flüchtete er. Zuvor schoss er zweimal auf das Handy des 65-Jährigen, das dieser zuvor auf den Boden legen musste.

Auch Mitangeklagter wurde verurteilt

Verurteilt wurde auch der Freund des Hauptangeklagten. Der 29-jährige Familienvater aus Witten hatte kurz nach den tödlichen Schüssen den Wagen des Schützen vom Tatort weggefahren, damit man ihn nicht darin sieht.

Außerdem hatte auch der 29-Jährige eine scharfe Schusswaffe besessen, versteckt im Keller seines Hauses.

Wegen versuchter Strafvereitelung und illegalen Waffenbesitzes wurde er zu einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung sowie 100 Sozialstunden verurteilt.

Auch dieses Verbrechen war ein Racheakt. Vier Jahre zuvor hatte er sich von dem 65-Jährigen in einer kleinen Geschäftsangelegenheit schlecht behandelt gefühlt. Der Mann ist bis heute traumatisiert, weil er sich vor den Schüssen umdrehen musste und dachte, dass er erschossen werden würde.

Frühestens nach 20 Jahren Haft wird mögliche Freilassung geprüft

Sollte das Urteil rechtskräftig werden, würde frühestens nach 20 Jahren Haft geprüft, ob eine Freilassung auf Bewährung verantwortbar ist und auch die Sicherungsverwahrung ausgesetzt werden kann. Als der Täter nach dem Urteil abgeführt wurde, winkten ihm familiär Vertraute durch eine Glaswand zu. Er hielt kurz an und erwiderte nur ganz knapp.