Bochum. Die Tötung eines 58-jährigen Bochumers soll so hart bestraft werden, wie es in Deutschland nur geht. Die Verteidigung sieht das alles ganz anders.
So eine Sanktion fordert die Bochumer Staatsanwaltschaft extrem selten: Für die tödlichen Schüsse auf einen 58-jährigen Bochumer am 7. März 2023 in seinem Auto in einer Gemeinschaftsgarage am Bochumer Hustadtring beantragte Staatsanwalt Phillip Rademacher am Mittwoch für den Hauptangeklagten (27) die höchstmögliche Strafe: lebenslänglich wegen heimtückischen Mordes aus „niedrigen Beweggründen“.
Staatsanwalt fordert auch die Sicherungsverwahrung
Zusätzlich solle das Schwurgericht auch „die besondere Schwere der Schuld“ feststellen, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren auf Bewährung unmöglich machen würde. Schließlich fordert der Ankläger auch die spätere Sicherungsverwahrung, weil der Angeklagte auch nach Jahrzehnten im Gefängnis noch so gefährlich sein könne wie zur Tatzeit. So ein Täterprofil wie bei ihm gebe es wohl nur fünf oder sechs Mal in ganz Deutschland, sagte Rademacher und berief sich auf die Mordkommission.
Eine härte strafjuristische Konsequenz wegen Straftaten gibt es nach deutschem Recht nicht. Der Angeklagte zeigte äußerlich keinerlei Regung.
„Kalte, skrupellose Tatausführung, die ihresgleichen sucht, eine öffentliche Exekution“
Fünf Tage vor der Tat hatte der Angeklagte, ein Türke aus der Dortmunder Nordstadt, einen banalen verbalen Verkehrsstreit gehabt. Laut Rademacher ging er gefühlt „als Verlierer“ aus der Sache raus. Deshalb habe er „sein Gesicht wahren“ wollen. Er habe beschlossen, den Bochumer „aus bloßer Verärgerung, aus Hass auf Menschen, besonders auf Deutsche, zu töten.“ Die Tat habe er minuziös geplant, die Wohnadresse seines Opfers ausgespäht und ihm um 8.12 Uhr in der Garage aufgelauert.
Rademacher sprach von einem „absoluten Willen, das Leben auszulöschen“. Sieben Geschosse trafen von hinten und der Seite die Brust, den Arm, das Herz, das Gesicht und den Hals – die letzten beiden aus maximal 30 Zentimeter Entfernung durchs Fahrerfenster. „Eine kalte, skrupellose Tatausführung, die ihresgleichen sucht, eine öffentliche Exekution.“ Die Tatwaffe habe er für 3000 Euro in der Türkei gekauft und sie „Arbeitsgerät“ genannt, so Rademacher.
Volker Ecker, der Anwalt der Mutter des Toten, nannte den 27-Jährigen einen „schwerverbrecherischen Straftäter, der wegen einer Nichtigkeit nicht vor Mord zurückschreckt“.
Bestraft werden soll der 27-Jährige auch für den bewaffneten Raub auf einen Porsche-Fahrer (65) am 21. Dezember 2022 in Dortmund. Mit einer Pistole vor dem Kopf wurde der Mann gezwungen, seinen Cayenne herauszugeben. 10,5 Jahre Haft fordert Rademacher dafür. Diese Strafe soll in der lebenslangen Haftstrafe aufgehen.
Mitangeklagter soll Bewährungsstrafe bekommen
„Dissozial, narzisstisch, paranoid“
Der Staatsanwalt hält den Hauptangeklagten für „dissozial, narzisstisch und paranoid“. Er beruft sich dabei auf psychiatrische Gutachter.
Gleichzeitig ist er aber überzeugt, dass der Mann zur Tatzeit voll schuldfähig war.
Angeklagt ist auch der enge Freund (30) des 27-Jährigen. Er soll dessen Auto vom Hustadtring weggefahren haben, damit man ihn darin nicht sieht. Außerdem hatte auch der 30-Jährige, ein Wittener Familienvater, eine scharfe Waffe besessen. Staatsanwalt Frederic Klasing forderte für ihn zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen versuchter Strafvereitelung und Verstoßes gegen das Waffenrecht.
Die Verteidigerin des Hauptangeklagten wertet die Tat vom Hustadting nicht als Mord, sondern als Totschlag. Das spätere Opfer habe ihren Mandanten provoziert und beleidigt, da habe dieser die Nerven verloren und geschossen. Eigentlich habe er den Bochumer mit der Waffe nur einschüchtern wollen, damit dieser ein Handyfoto lösche, das er bei dem Verkehrsstreit von ihm gemacht haben soll. Die Anwältin forderte eine zeitig begrenzte Haftstrafe.
Das Urteil wird am Freitag verkündet.