Bochum. Die Landesregierung möchte, dass Feuerwehrleute länger arbeiten. Bastian Mahl, Feuerwehrmann in Bochum, ärgert das sehr. Seine Begründung.

Dieser Text ist zuerst am 27. November 2023 erschienen. Nun haben die Gewerkschaften Komba und Verdi zu einer Mahnwache vor dem Düsseldorfer Landtag am Montag, 22. April, aufgerufen. Aus diesem Grund haben wir den Text noch einmal aus unserem Archiv hervorgeholt.

Gegen einen Plan der schwarz-grünen Landesregierung machen Gewerkschaften mobil, auch in Bochum. Es geht um die Altersgrenze der Berufsfeuerwehrkräfte: Künftig sollen sie nicht mehr wie bisher mit 60 Jahren in den Ruhestand entlassen werden, sondern – je nach Laufbahngruppe – erst mit 61 oder 62 Jahren.

Im Gesetzesentwurf der Landesregierung wird der Plan mit dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel begründet. Die Anhebung sei „moderat“. In Bochum wären von dem Schritt 417 verbeamtete Feuerwehrkräfte betroffen.

„Eine Anhebung des Rentenalters wird als ungerecht und respektlos gegenüber den täglichen Leistungen der Feuerwehrkräfte empfunden“, sagte der Bochumer Feuerwehrmann Udo Lipp von der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft auf WAZ-Anfrage. „Viele Kolleginnen und Kollegen sprechen von einem ,Schlag ins Gesicht’.“

Auch ältere Beschäftigte müssen regelmäßig Tag und Nacht löschen und retten

Udo Lipp, Feuerwehrmann in Bochum und in der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft aktiv.
Udo Lipp, Feuerwehrmann in Bochum und in der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft aktiv. © Funke Foto Services | Ingo Otto

Die Feuerwehrkräfte, sagt Lipp, „arbeiten unter ständiger Alarmbereitschaft, in extremen Stresssituationen und setzen sich physischen und psychischen Gefahren aus. Feuerwehrbeamtinnen und -beamte im Einsatzdienst haben bereits jetzt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden in 24 Stunden-Schichten eine deutlich längere Arbeitszeit als beispielsweise andere Beamtinnen und Beamte des öffentlichen Dienstes.“

Auch ältere Kräfte würden regelmäßig Tag und Nacht im Alarmdienst sowohl bei Brand- als auch bei Rettungseinsätzen eingesetzt. Voraussetzung dafür sei eine jahrzehntelange hohe psychische und physische Belastbarkeit. „Allein das ist leider nicht allen bis zum 60. Lebensjahr gegeben.“

Feuerwehrmann: Wer vor allem im Büro arbeitet, dem ist eine Verlängerung zuzumuten

Lipp räumt allerdings auch ein: „Dass eine Anhebung sozialpolitisch angestrebt wird, ist beispielsweise vor dem Hintergrund einer gestiegenen Lebenserwartung und den damit verbundenen längeren Pensionszahlungen nicht von der Hand zu weisen.“ Dabei müsse aber berücksichtigt werden, welchen tatsächlichen Belastungen Feuerwehrleute unterliegen. „Einsatzkräfte, die über drei Jahrzehnte im Alarm- und Einsatzdienst ,durchs Feuer gegangen’ sind, sollten mit 60 Jahren gehen dürfen. Wer aber in der Hauptsache Bürodienst auf der Feuerwache leistet, dem ist eine moderate Verlängerung durchaus zuzumuten, so ehrlich sollten wir sein.“

„Das Pensionsalter muss bleiben, für Sicherheit und (Über)Lebensqualität von allen.“

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„Die 60 muss bleiben!“, erklärt die Gewerkschaft Verdi. Der Bochumer Feuerwehrmann Bastian Mahl von der Fachgruppe Feuerwehr bei Verdi meint, dass jeder Bürger „100 Prozent Einsatzkraft von uns“ haben wolle. „Das Leben der Bürger zu retten, sollte in jeder Extremsituation sichergestellt sein und das bisherige Pensionsalter hat schon seinen Grund.“ Feuerwehrleute würden physisch wie psychisch jede Belastung, einen kaputten Biorhythmus bzw. Schlafrhythmus sowie ein erhöhtes Krebsrisiko sowieso schon über Jahre in Kauf nehmen. „Das Pensionsalter muss bleiben, für Sicherheit und (Über)Lebensqualität von allen.“

Feuerwehrchef Simon Heußen sagt, dass man zwar versuche, Ältere in ruhigeren Positionen einzusetzen, aber man könne „nicht ausschließen“, dass es auch anders komme. Bei Bränden würden sie aber im Regelfall nicht mehr in den ersten Angriffstrupp eingeteilt, es sei denn, sie wollten dies. Zurzeit stehen in Bochum rund um die Uhr immer 71 Kräfte für Alarmeinsätze bei Brand- und Rettungsfällen bereit.

Komba-Gewerkschaft: „Uns brennt das Thema auch unter den Nägeln“

Mahnwache vor dem Landtag

Laut Komba-Gewerkschaft ist der Prozess der Gesetzgebung weiterhin offen. Aktuell sei lediglich klar, dass zum 01. Januar 2024 eine Anhebung der Altersgrenze nicht in Kraft treten kann.

Am 29. November, 12 Uhr, ruft Komba zu einer 24-Stunden-Mahnwache vor dem Düsseldorfer Landtag gegen die Regierungspläne auf.

Auch Polizeikräfte können deutlich früher in den regulären Ruhestand gehen als die meisten anderen Arbeitnehmenden: bereits mit 62 Jahren.

Torsten Haunert von der Komba-Gewerkschaft in Bochum sagte der WAZ: „Uns brennt das Thema auch unter den Nägeln.“ Mit einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit müsse ein Feuerwehrmann mit 61 oder 62 Jahren zum Beispiel auch in den fünften Stock eines Gebäudes, um zu retten und zu löschen; das sei „nicht so gut“. Die Komba-Gewerkschaft meint, mit der bestehenden Regelung der Altersgrenze werde „kein Privileg verteidigt“, sondern den berufsspezifischen Belastungen unverändert Rechnung getragen.