Bochum. Einsatzfahrten mit Blaulicht und Martinshorn bedeuten für Rettungskräfte „ein erhöhtes Risiko“. Bochums Feuerwehr-Chef nennt Hintergründe.
Der schwere Unfall mit einem Rettungstransportwagen (RTW) am Mittwoch auf der Großkreuzung Alleestraße/Westring hat daran erinnert, wie gefährlich Einsatzfahrten mit Blaulicht und Martinshorn sind. Feuerwehrchef Simon Heußen spricht von einer „erhöhten Stressbelastung“ für die Fahrerinnen und Fahrer und einem „erhöhten Risiko“.
Gegen 13.22 Uhr war ein RTW vom Rathausvorplatz kommend Richtung Alleestraße zu einem Notfalleinsatz unterwegs. Auf der Kreuzung stieß der Wagen mit dem von rechts kommenden Pkw eines 55-jährigen Mannes aus Hagen mit voller Wucht zusammen. Der Fahrer (35) des RTW sowie der Autofahrer, der auf dem Sitz eingeklemmt war und von der Feuerwehr befreit werden musste, wurden leicht verletzt. Sie wurden ambulant im Krankenhaus behandelt. Der Beifahrer (29) im RTW blieb unverletzt. Geschätzter Sachschaden laut Polizei: rund 50.000 Euro
Rund 130 Einsatz-Fahrten mit Blaulicht und Martinshorn pro Tag in Bochum
Fahrten mit Blaulicht und Martinshorn gehören für die Feuerwehr und den Rettungsdienst zum Alltag: Wie Heußen sagt, finden pro Tag rund 130 Einsätze mit diesen Sonderrechten auf Bochumer Stadtgebiet statt. Weil an einem Einsatz oft mehrere Fahrzeuge beteiligt sind, komme man auf bis zu 200 Fahrten pro Tag.
Gemessen an diesen Zahlen würden sich nur wenige Unfälle dieser Art ereignen, meint Heußen. Die Kollision vom Mittwoch sei auch der erste schwere RTW-Unfall seit längerer Zeit.
Fahren unter allen Sonderrechten wird in der Grundausbildung besonders geübt, auch mit großen Fahrzeugen, weil deren Fahrverhalten anders ist. Jedes Jahr findet auch eine theoretische Unterweisung zu den Rechten und Pflichten statt, die bei Blaulicht-Fahrten zu beachten sind.
Bochumer Feuerwehrchef: „Jeder ist sich des erhöhten Risikos bewusst“
Heußen betont, dass die Einsatzkräfte im Notfall ja „bewusst“ gegen die normalen Verkehrsregeln verstoßen, wenn sie bei Rot und/oder mit erhöhtem Tempo über eine Kreuzung fahren. „Dadurch kann es immer wieder zu gefährlichen Situationen kommen.“ Deshalb nähern sich die Fahrer einer Kreuzung immer „mit erhöhter Vorsicht“, nicht mit Vollgas. „Jeder ist sich des erhöhten Risikos bewusst.“
Die Gefahr bestehe darin, dass die RTW-Besatzung und andere Verkehrsteilnehmer sich trotz Licht- und Laut-Signalen gegenseitig zu spät wahrnehmen – wie offenbar im aktuellen Fall.
Autofahrer müssen bei Blaulicht-Fahrten auch dann anhalten, wenn eine Ampel für sie selbst Grün anzeigt. Auf freier Strecken müssen sie sofort genug Platz machen, wenn sie einen RTW oder ein Löschfahrzeug mit allen Sonderrechten bemerken. Heußen bittet auch, der Feuerwehr „eindeutig zu signalisieren“, dass man die Blaulichtfahrt erkannt hat, etwa durch eine Warnlichtanlage am Straßenrand.