Bochum. Eine Löscheinheit der Freiwilligen Feuerwehr Bochum wird 125. Vieles habe sich verändert, sagt der Löschzugführer zum Jubiläum. Eines aber nicht.
Jörg Borling aus Bochum ist mit Leib und Seele Feuerwehrmann. Seit 2001 ist er Löschzugführer der Freiwilligen Feuerwehr Altenbochum. In diese Amtszeit fällt jetzt die Feier zum 125. Jubiläum. Gelegenheit, mal zurückzublicken in die Historie, die vor allem interessante Fotos bereithält. Doch auch das Hier und Jetzt sei spannend, findet Borling, und erzählt ganz offen über Ängste, Ziele und Heldentum.
Ängste, Ziele, Heldentum: Ein Bochumer Feuerwehr-Chef erzählt
Das neue Gerätehaus an der Feldmark wirkt noch immer nicht richtig bewohnt. 2019 wurde es eingeweiht, „doch wir fangen erst jetzt so richtig an, uns hier aufzuhalten“, sagt Borling und nennt die Corona-Zeit als Grund. Wegen ihr finde das Fest zum Jubiläum – ein Tag der offenen Tür – auch erst in 2024 statt. „Mir war die Lage nach der Pandemie noch zu unsicher“, meint der Chef, „außerdem haben in diesem Sommer ja fast alle ihre Feiern nachgeholt. Da passt das nächste Jahr ganz gut.“ Ein Termin Anfang September soll es sein.
Kürzlich noch hat Borling die Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr in Altenbochum aufgearbeitet. „Weil ich von einer Gruppe aus dem Stadtteil gebeten wurde, einen Vortrag zu halten.“ Macht er gerne. Es sei ihm wichtig, einen engen Draht zur Nachbarschaft zu haben. Corona habe viel zum Erliegen gebracht. „Jetzt müssen wir die Netzwerkarbeit wieder ankurbeln.“ Heißt: Beim Aufhängen der Herrnhuter Sterne zu helfen, beim Stadtteilfrühstück Aktionen anzubieten oder eben mal einen Vortrag zu halten.
„Die Freiwillige Feuerwehr ist für den Stadtteil da und gehört in den Stadtteil“, findet Jörg Borling. „Wir fahren ja für die Leute raus.“ Obwohl das Gerätehaus durchaus ein wenig abseits liegt. „Dafür haben wir jetzt beste Bedingungen und müssen nicht mit Provisorien klarkommen.“ Viele Jahre hatte die Feuerwehr zwei Standorte: Am Pappelbusch (für die Einsatzkräfte) und am Harpener Feld (für die Fahrzeuge). Das wurde nur bedingt besser, als man zwischenzeitlich mit den Kollegen aus Laer fusionierte und es an der Alten Wittener Straße zumindest Platz für die Einsatzfahrzeuge gab. Doch modern war anders, modern ist jetzt.
Mit neuester Technik ausgestattet, fährt es sich ganz anders zum Einsatz. „Ich mache mir ja im Notfall erstmal ein Bild von der Lage, hole mir so viele Informationen wie möglich ein“, erklärt Jörg Borling. Das gehe mit Tablet, Handy und Laptop natürlich viel besser als früher. Nur eine optimale Vorbereitung könne die Möglichkeit minimieren, dass im Einsatz etwas schiefgeht.
„Natürlich hat man bei einer Lage gar nicht viel Zeit, sich Gedanken zu machen, was einen erwartet“, erzählt der 56-jährige Löschzugführer aus dem Alltag der Feuerwehr. „Aber mir ist als Löscheinheitsführer schon bewusst, dass hinten im Wagen Leute sitzen, die ich gleich ins Feuer schicke, die ich einer Gefahr aussetze.“
Klar, jeder einzelne wisse, dass die Arbeit bei der Feuerwehr mit Risiken verbunden ist. „Umso wichtiger ist eine gute Ausbildung und eine gute Kameradschaft, dass blindes Vertrauen herrscht, wir uns aufeinander verlassen können.“ So wie beim größten und forderndsten Einsatz, an den sich Borling erinnern kann: den Brand im September 2016 im Bergmannsheil. „Wir waren damals relativ früh da und haben geholfen, Leute von oben nach unten zu tragen und vor den Flammen zu retten. Menschen, die in Panik waren. Das hat viele von uns geprägt.“ Da sei auch bei einigen eine psychologische Nachbetreuung nötig gewesen.
Auch interessant
Zum Glück sind solche Einsätze sehr selten. „Meist gehen Rauchmelder los und entpuppen sich als Fehlalarm“, sagt Borling. „Aber jeder Einsatz ist anders, bringt etwas Neues. Auch beim Bergmannsheil kam zuerst die Meldung, dass die Brandmeldeanlage losgegangen sei.“
Borling selbst kam damals über den Bundeswehr-Ersatzdienst zur Feuerwehr. „Gut, dass es das nicht mehr gibt“, findet er. „Wer heute zur Feuerwehr kommt, tut dies aus wirklichem Interesse.“ Den meisten sei der Nutzen der Arbeit wichtig, dass man direkt die Anerkennung für den Einsatz erhält. „Es geht bei uns weniger um Heldentum und dass wir mit einem roten Auto und Blaulicht durch die Gegen fahren“, versichert Borling.
Vieles habe sich bei der Feuerwehr zwangsläufig geändert. Früher sein ein Hauptproblem gewesen, Pferde für die die Einsätze zu bekommen, die die Gerätschaften ziehen. Dafür wurden dann für das erste Pferd sieben Reichsmark, für das zweite drei und für das dritte zwei Reichsmark aus der Kasse gezahlt. Heute steigt man wie selbstverständlich ins Einsatzfahrzeug.
Eines aber sei bis heute gleich, sagt Borling: „Dass viele Handwerker unter den Feuerwehrleuten sind.“ Im Einsatz sei es durchaus von Vorteil, wenn man Elektriker, Klempner und Maschinenbauer neben sich wisse. Von dem Knowhow der Freiwilligen profitiere immer wieder auch die Berufsfeuerwehr.
Schon vor 1898 aktiv
Vor dem Ersten Weltkrieg schlossen sich die in den Gemeinden bestehenden freiwilligen Feuerwehren der 1901 gegründeten Städtischen Berufsfeuerwehr an und bildeten den Kreisverband Bochum, der auch heute noch besteht. Nach den Unterlagen bestand unter der Dachorganisation des Westfälischen Feuerwehr-Verbandes in Altenbochum vor dem Jahre 1898 bereits die Freiwillige Feuerwehr. Nach einem Protokoll wurde sie im Jahre 1898 selbstständig.
Der Königliche Landrat bestätigte Heinrich Heimeshoff als ersten Chef der Wehr, die damals aus zehn Bürgern bestand und 64 passive Mitglieder zählte – zumeist Handwerker und Geschäftsleute. Übungsgelände war in den ersten Jahren der Schulplatz an der Liebfrauenstraße.
Jörg Borling ist der siebte Löscheinheitsführer. Im Hauptberuf leitet er den evangelischen Kinder- und Jugendtreff Weitmar. Er hat zwei Töchter, acht und zwölf Jahre alt, die, so der Papa, voll auf die Feuerwehr-Doku „Feuer & Flamme“ stehen.
Wichtig ist ihm die Akzeptanz bei den Bürgern. Deshalb verfolgt Borling „ein bisschen mit Angst“ die Entwicklung des Ostparks. Gegenüber der Feuerwehr entsteht ja ein riesiges neues Wohnviertel. In Laer habe er die Erfahrung gemacht, dass bei Übungsdiensten regelmäßig die Polizei gerufen wurde. „Die sagte uns dann, wir seien zu laut. Dabei müssen wir unsere Geräte und Fahrzeuge regelmäßig testen. Hier machen wir das schon extra nur alle 14 Tage.“
Aktuell hat die Löscheinheit der Freiwilligen Feuerwehr Altenbochum 30 Einsatzkräfte, dazu eine Jugendfeuerwehr mit 18 Mitgliedern. Info auf www.ff-altenbochum.de .