Bochum. Bochum plant den Bau weiterer Flüchtlingseinrichtungen. Auch das Land will einen Standort in der Stadt nutzen. Die Kosten dafür sind immens.
Weil die Flüchtlingszahlen steigen, baut Bochum seine Unterbringungskapazitäten wieder aus. Mitte November wird eine lokale Erstaufnahmerichtung mit 330 Plätzen am Harpener Feld eröffnet. Es sind Räume, die früher bereits das Land NRW als Aufnahmeort genutzt hat. Weitere drei Unterkünfte mit insgesamt 580 Plätzen sollen bis 2025 errichtet werden. Das erfordert Millioneninvestitionen. Auch das Land erwägt, in Bochum eine weitere Einrichtung aufzubauen.
Land will früheres Seniorenheim für Flüchtlinge nutzen
Dabei geht es um das frühere Seniorenheim an der Grabelohstraße (Langendreer). Dort könnte die Bezirksregierung Arnsberg bis zum Frühjahr 2024 eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) mit 300 Plätzen aufbauen. „Der Eigentümer hat das Haus dem Land angeboten, es soll für fünf bis zehn Jahre vermietet werden“, so Bochums Sozialdezernentin Britta Anger. Ursprünglich hatte es nach dem Verkauf der Immobilie durch die SBO den Plan gegeben, dort ein Seniorenheim einzurichten. Zurückhaltender äußert sich noch die Bezirksregierung Arnsberg auf Anfrage dieser Redaktion: „Eine abschließende Entscheidung gibt es noch nicht“, so Sprecher Christoph Söbbeler.
Es wäre die dritte Landeseinrichtung in Bochum nach der Erstaufnahmeeinrichtung (LEA) am Gersteinring unweit des VfL-Stadions nahe dem Stadtzentrum und der vorerst dazugehörigen Unterkunft „Auf dem Esch“ in Wattenscheid. Dort bleiben Asylbewerber zunächst für einen Tag, um auf ihre Erstaufnahme in der LEA zu warten. Dort würden sich derzeit täglich etwa 300 Flüchtlinge melden, die nicht immer binnen 24 Stunden registriert werden können.
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Bezirksbürgermeister sagt Unterstützung zu
Bezirksbürgermeister Dirk Meyer (SPD) setzt darauf, dass es für eine Landeseinrichtung die „ganze Unterstützung des Bezirks geben wird“; nicht zuletzt durch das ehrenamtliche Netzwerk. „Wir müssen dafür natürlich auch die Bürger mit ins Boot nehmen.“ Er kündigt dafür eine Informationsveranstaltung an. Die Bezirksvertretung Ost wird in ihrer nächsten Sitzung am 22. November über die Pläne für eine ZUE an der Grabelohstraße informiert.
Der Ältestenrat des Stadtrats sei bereits informiert worden, so die Sozialdezernentin. „Und alle haben dem einstimmig zugestimmt.“ Die Bezirksregierung würde die Pläne gerne im Einvernehmen mit der Stadt umsetzen. „Tatsächlich könnte sie dies aber auch alleine entscheiden.“
Sollte die ZUE nach Bochum kommen, müsste die Stadt 300 Plätze weniger ihres eigenen Kontingents von derzeit 4139 Flüchtlingsplätzen einrichten. 1300 Plätze werden ihr bereits wegen der LEA (1000) und der Unterkunft „Auf dem Esch“ angerechnet sowie wegen der Verpflichtung, zunächst alle unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA) aufzunehmen, ehe sie auf die Städte verteilt werden. Um die 400 junge Unbegleitete werden derzeit betreut.
Allein 2024 soll Bochum 1330 Flüchtlinge aufnehmen
Trotz der Anrechnung benötigt Bochum weitere Unterkünfte, so die Sozialdezernentin. Das liege an neuen Zuweisungen. Noch bis Weihnachten müssen voraussichtlich 200 Personen aufgenommen werden, im nächsten Jahr würden Bochum 1330 Flüchtlinge zugewiesen. Es müsse auch Ersatz für bald nicht mehr zur Verfügung stehende Einrichtungen geschaffen werden. So soll etwa die Unterkunft an der Unterstraße in Langendreer Ende 2024 freigezogen werden. Derzeit leben 761 Menschen in Bochumer Sammelunterkünften, insgesamt über 1523 Plätze in solchen Einrichtungen verfügt die Stadt.
Zwei früher schon für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzte Standorte schlägt die Verwaltung der Politik nun vor: am Bövinghauser Hellweg 94 (Gerthe) für 160 Personen und an der Kemnader Straße 437 (Stiepel) für 120 Personen. Kostenpunkt: jeweils acht Millionen Euro. Aktiviert werden soll außerdem die Fläche „Auf der Heide 32“ (Altenbochum) mit Platz für 300 Personen (elf Millionen Euro). Dort ist momentan noch ein „temporärer Spielplatz“ eingerichtet. Der Rat soll im Dezember über die Standorte und die nötigen Investitionen entscheiden.
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Stadt gibt 25 Millionen Euro für Modulbauten aus
Gekauft werden sollen dafür Modulbauten (Anger: „Zu mieten, ist nicht billiger“). Deren Anschaffung und Aufbau wird etwa 25 Millionen Euro kosten. Dazu kommen 750.000 Euro Planungskosten. Welchen Anteil davon Bund und Land übernehmen, müsse sich zeigen. Die Anlage auf dem Esch habe 4,5 Millionen Euro gekostet. Sie werde über die Mietzahlungen des Landes finanziert.
Anfallen werden später neben den Investitionen auch Kosten für Betreuung, Verpflegung und Sicherheitspersonal. Zurzeit werde den Städten 12.500 Euro je Flüchtling und Jahr überwiesen.
Die drei genannten Areale sollen ebenso wie die Fläche „Auf dem Esch“ als Gelände für das Kommunale Krisenmanagement genutzt werden – nun eben zuerst als Flüchtlingsunterkünfte. Bezogen werden sollen sie 2025. Bis dahin „müssen wir uns durchhangeln“, so die Sozialdezernentin. Eine erneute Unterbringung in Turnhallen soll vermieden werden. „Erst einmal würde ich alles versuchen, um zu verhindern, dass erneut Sport und Unterricht eingeschränkt werden. Versprechen kann ich es aber nicht. Mein Ziel ist es, zu schaffen, dass zumindest der Schulsport nicht eingeschränkt wird.“
Weitere Fläche für Einrichtungen im Südwesten gesucht
Die Aufnahme in diesem Jahr sei gewährleistet, im nächsten Jahr werde es sportlich. Anger setzt u.a. auf weitere Wohnungen, auf Unterbringungen in Hotels und der Jugendherberge sowie auf eine mögliche Verlängerung des Mietvertrags im früheren Josef-Krankenhaus in Linden, der ehemaligen Helios-Klinik. Gesucht wird außerdem eine weitere Fläche im Bezirk Südwest.