Bochum. Bochum hilft NRW bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Es stellt ein als Puffer gedachtes Krisenzentrum zur Verfügung. Für besondere Aufgaben.
Die Stadt Bochum vermietet einen ihrer beiden Standorte, die als Vorratsfläche für Krisen- und Katastrophenfälle vorgesehen sind, an das Land NRW. Die Einrichtung „Auf dem Esch“ in Wattenscheid soll bis auf Weiteres als Erweiterung der citynahen Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) am Gersteinring und später als Notunterkunft des Landes dienen. 300 Menschen können dort untergebracht werden.
Land NRW hat Bochum um Hilfe gebeten
Das Land sei im April auf Bochum zugekommen, so Sozialdezernentin Britta Angers. Seitdem habe es Gespräche darüber gegeben. Der Ältestenrat des Stadtrats – ein Gremium, in dem im Vorfeld von Gremiensitzungen Themen besprochen und bei Dringlichkeit auch entschieden werden – und auch der Bezirk Wattenscheid seien darüber informiert worden. Kritik vonseiten der Politik habe es dabei nicht gegeben. Erst am späten Donnerstagvormittag war die Mitteilung über die Vermietung auf der Tagesordnung zur um 14 Uhr beginnenden Ratssitzung aufgetaucht.
Finanziell lohnt sich die Vermietung für Bochum. Denn: „Die Refinanzierung der kompletten Anlage inklusive der noch vorzunehmenden baulichen Veränderungen soll im Rahmen des Mietvertrages über das Land NRW erfolgen“, so die Stadt und die Bezirksregierung Arnsberg in einer gemeinsamen Erklärung. Und: Die maximal 300 Personen, die untergebracht werden können, werden „auf das Zuweisungskontingent der Stadt Bochum angerechnet“. Damit müsste die Stadt statt der derzeit für nächstes Jahr erwarteten 1300 Flüchtlinge, lediglich 1000 unterbringen. Aktuell sind bereits 1600 Menschen in den Einrichtungen im Stadtgebiet – Sammelunterkünfte ebenso wie Wohnungen – untergebracht.
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Bochum sucht weitere Standorte für Flüchtlingseinrichtungen
Allerdings: Bochum muss sich nun erneut auf die Suche nach einer anderen geeigneten Vorratsfläche machen, eine weitere gibt es bereits „Auf der Heide“. Auch werden voraussichtlich weitere Flüchtlingsunterkünfte benötigt. „Dieses Jahr kommen wir noch zurecht“, sagt die Sozialdezernentin. Aber es würden weitere geeignete Standorte gesucht. Zumal: Das Gebäude der früheren Helios-Klinik in Linden ist nur noch bis Oktober als Flüchtlingsunterkunft nutzbar. Und auch andere bisherige Unterkünfte, wie etwa die an der Unterstraße in Langendreer, könnten wegfallen.
Ende November 2017 hatte die LEA in Bochum ihren Betrieb aufgenommen. Sie ist die erste Anlaufstelle für alle Menschen in NRW, die in Deutschland einen Asylantrag stellen wollen. Damals hieß es, bis zu 850 Personen könnten dort im 24-Stunden-Betrieb registriert und dann an die acht Erstaufnahmeeinrichtungen in NRW oder an andere Bundesländer weitergeleitet werden.
Registrierung in der LEA dauert manchmal länger als 24 Stunden
Das hat sich offenbar als Trugschluss erwiesen. Denn: Nötig ist die nun vorgenommene LEA-Erweiterung, so die Bezirksregierung, weil die angestrebte Registrierung der Flüchtlinge binnen 24 Stunden eben nicht immer einzuhalten sei. An Tagen, in denen besonders viele Menschen zum Gersteinring kommen, reichten die Kapazitäten dort nicht aus, heißt es. Vor allem dann nicht, wenn viele Personen abends und nachts ankommen. Das Personal in der LEA arbeitet im Zwei-Schicht-Betrieb.
Ein Blick auf die täglichen Registrierungszahlen zeigt: Mehr als 266 Personen an einem Tag, in diesem Fall am 19. Juli, sind zumindest in diesem Jahr dort nicht angekommen. An einem Tag (16. Juli) wurde sogar niemand registriert. 34 Mal sind binnen 24 Stunden mehr als 100 Personen aufgenommen worden, 99 Mal zwischen 100 und 200 Menschen und 90 Mal weniger als 100 Antragsteller. Es hat allerdings auch schon andere Zeiten gegeben. So etwa 2022, als viele Menschen aus der Ukraine nach Deutschland kamen. Allein am 17. März wurden damals - rechnerisch - 5283 Ankömmlinge registriert.
Bislang wurden Menschen, deren Aufnahme länger als einen Tag gedauert hat, in Herne untergebracht. Nun sollen sie nach Wattenscheid. Für die Nutzung als Notunterkunft ist nach Auskunft der Stadt eine Erweiterung um einen doppelstöckigen Containerblock notwendig, wodurch pro Etage jeweils 120 Quadratmeter Fläche geschaffen werden. In diesen Räumen sollen zusätzliche Büros, die zur Registrierung und als Infopoint benötigt werden, und Betreuungsräume eingerichtet werden. Die überplanmäßige Bereitstellung von Haushaltsmitteln dafür hat der Rat einstimmig beschlossen.
Städte kritisieren Land – zu geringe Kapazitäten
Das Land NRW sucht seit geraumer Zeit händeringend nach Unterbringungsmöglichkeiten und sieht sich zugleich scharfer Kritik der Kommunen ausgesetzt. Das Präsidium des Städte- und Gemeindebundes NRW hatte unlängst die unzureichende Finanzierung gerügt. Unter keinen Umständen dürften Städte und Gemeinden auf dem Großteil der Kosten sitzenbleiben, so Präsident Eckhard Ruthemeyer, Bürgermeister der Stadt Soest. Nun regt sich Protest gegen die geplante vorzeitige Flüchtlingszuweisung.
Das Land verfügt laut Ministerium aktuell über 45 Landesunterkünfte mit 30.780 aktiv betriebenen Plätzen. Die Einrichtungen seien zu etwa 89 Prozent ausgelastet. Der Städte- und Gemeindebund NRW hatte mehrfach einen deutlichen Ausbau der Landeskapazitäten auf etwa 70.000 bis 80.000 Plätze angemahnt.