Bochum. Auf dem Dach der Hochschule Bochum bauen Studierende Gemüse und Obst an. Auf der Rooftop-Farm wachsen etwa Chili und Salat. Was damit passiert.
Bei Sonnenschein und frischer Herbstluft ernten Studierende des Projekts „On Top“ auf einem Dach der Hochschule Bochum Salatköpfe, Chilis und Physalis: ein Beispiel für „Urban Gardening“, bei dem Lebensmittel in städtischen Gebieten angebaut werden.
2019 hat alles mit einem kleinen Hochbeet auf dem Dach der Hochschule angefangen. Mittlerweile stehen auf dem Dach eine Vielzahl an Beeten, in denen die Studierenden mitunter Tomaten, Melonen, Kohlrabi und Soja anpflanzen.
Chili und Salat: Was Studierende auf der Hochschule ernten
Neben klassischen Erdbeeten probieren sie auch wasserbasierte Systeme aus. Ziel ist es, mit wenig Platz möglichst viel anzubauen. Die Studierenden machen den Beetplan selbst, entscheiden darüber, was sie anbauen und welche Anbaumethoden sie ausprobieren möchten. Begleitet wird das Projekt zum nachhaltigen Gärtnern vom Professor für nachhaltige EntwicklungOliver Stengel und dem Tutor Robin Quabeck.
Die Studierenden Lena Diler und Philipp Haupt schätzen das Projekt vor allem für den Ausgleich zum Unialltag: „Du siehst das Ergebnis von dem, was du tust, spürst die Erde und kannst das, was du theoretisch lernst, praktisch erfahren.“Die geernteten Lebensmittel können andere Studierende und Mitarbeitende der Hochschule in der Mensa gratis mitnehmen.
Vorbereitungen für die kalte Jahreszeit
Der Winter steht vor der Tür, aber das bedeutet nicht, dass das Gärtnern auf dem Dach pausiert. In den kälteren Jahreszeiten wird Grünkohl und Wintersalat in Wassersystemen, sogenannten hydroponische Systemen, ganz ohne Erde in Wasser angebaut. Der Vorteil: Platzersparnis, da die Pflanzen direkt in Wasser wurzeln. Diese Anbaumethode könne auch auf verschiedenen Ebenen angelegt werden und sei daher eine der meist eingesetzten alternativen Anbaumethoden weltweit, so Stengel.
Während der kälteren Jahreszeit ruhen die klassischen Erdbeete. Abseits des Anbaus bereiten die Studierenden die Systeme auf ihren „Winterschlaf“ vor. Das heißt: Sie reinigen sie, lagern sie winterfest und planen die nächste Anbauperiode, die voraussichtlich im Februar beginnen wird.
Die benötigte Energie für den Anbau wird mithilfe einer Solaranlage direkt vor Ort erzeugt. Regenwasser wird in großen Tanks gesammelt, um die Pflanzen möglichst nachhaltig zu bewässern - auch in längeren Trockenphasen.
Lebensmittel da produzieren, wo die Konsumenten und Konsumentinnen sind
Die Idee für das Projekt entstand während einer Vorlesungsreihe zum Thema Welternährung, die der Professor Oliver Stengel gehalten hat. Eins sei für den Professor klar: In Zukunft müssen Lebensmittel da produziert werden, wo die Konsumenten und Konsumentinnen sind - also in den Städten.
„Konventionelle Produktionsverfahren wie Ackerbau führen zu vielen Problemen, außerdem gibt es zu wenig Wasser und zu viel Hitze. Die Zukunft gehört modernen Anbaumethoden, die unabhängig von Umweltbedingungen sind.“ Dies führte zu der Idee einiger Studierender, selbst Lebensmittel anzubauen und zwar auf den Dächern der Hochschule, also als sogenannte Rooftop-Farm.
Städtisches Gärtnern: Eine grüne Vision für die Stadt
Nicht nur auf dem Hochschul-Dach, sondern auch in der Stadt allgemein, gebe es viel Potenzial für solche Projekte, findet Professor Stengel: „Man kann so viel machen. Dächer wurden in der Vergangenheit vernachlässigt. Sie sind nicht nur für die Lebensmittelproduktion geeignet, sondern auch für die Energiegewinnung und Dachbegrünung“.
Das Projekt „On Top“ als Beispiel für nachhaltiges Gärtnern soll daher auch ein Bewusstsein für den Anbau von Lebensmitteln in der Stadt schaffen. Besuchergruppen aus der Stadt können sich das Dach anschauen, um mehr über Urban Gardening zu erfahren, sich inspirieren lassen und den ein oder anderen Tipp abholen, um selbst städtisches Gärtnern auszuprobieren. „Wir wollen unser Wissen in die Mitte der Gesellschaft bringen. Viele der Anbaumethoden funktionieren auch auf dem eigenen Balkon“, sagt der Tutor Robin Quabeck.
Finanziert wird das Projekt aus Landesmitteln. Pro Semester bedarf es zwischen 400 und 800 Euro, um die Kosten zu decken.