Bochum Harpen. Alter Plunder wird nachhaltig: Bei der Weihnachtstauschparty von der „Bib der Dinge“ in Bochum können ungeliebte Geschenke getauscht werden.
Die Tische biegen sich unter der Masse von Weihnachtsdekoration, die in der großen, hellen Halle in Bochum-Harpen liegen. Grund für den verfrühten Weihnachtszauber ist eine Tauschparty, mit der die „Bib der Dinge“ am vergangenen Freitag ein altbekanntes Problem angeht: Besucherinnen und Besucher konnten Geschenke loswerden, die nicht dem persönlichen Geschmack entsprechen und sich dafür etwas anderes aussuchen.
Dementsprechend groß ist der Andrang, die eigenen Staubfänger gegen neue Schätze einzutauschen. Eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn warten schon die ersten Interessierten, so die Veranstalter. Das Angebot: Vielfältig und ständig verändert es sich. Christbaumkugeln, Bilderrahmen, Kurioses wie Fahrradsättel und sogar eine Fritteuse – vieles, was der eine nicht mehr haben will, findet einen neuen, glücklicheren Besitzer.
Die „Bib der Dinge“ in Bochum – ein Erfolgskonzept
Die „Bib der Dinge“ ist eine Art Ausleihe für Gegenstände, ähnlich einer Bücherei – nur eben nicht für Bücher, sondern für Werkzeug, Sportartikel oder Kinderspielzeug. Seit der Gründung im April vergangenen Jahres ist in Bochum-Harpen ein beachtliches Lager entstanden. 2000 Gegenstände sind durch Spenden zusammengekommen, die man sich jetzt ausleihen kann - vom Kickertisch über die Nudelmaschine bis zum 3D-Drucker.
Viele Ziele, die sich die „Bib der Dinge“ zu Gründungszeiten gesetzt hatte, sind mittlerweile erreicht. Es gibt mehrere Abholstationen in Bochum, unter anderem an der Stadtbücherei und auf dem Campus der Ruhr-Uni, einen Lieferservice und ein breites Workshopprogramm. Man kann Siebdrucken lernen, die Holzwerkstatt benutzen oder sein Fahrrad im Repair-Café auf Vordermann bringen.
Demnächst soll es auch Kooperationen mit Ausleihen in anderen Städten geben, um eine Art Fernleihsystem zu schaffen. Die „Bib der Dinge“ in Bochum ist jedoch einmalig: „Man kann davon ausgehen, dass dies der größte Leihladen in ganz Europa ist“, so Oliver Stengel (47), Gründungsmitglied und Professor für nachhaltige Entwicklung an der Hochschule Bochum.
Informationen zur Ausleihe
Die „Bib der Dinge“ ist ein Leihladen für Gebrauchsgegenstände. Wer hier etwas ausleihen möchte, muss Mitglied werden. Das kann entweder für 15 Euro für einen Monat geschehen oder als Jahresabo für 100 Euro. Studierende, Azubis und Leistungsempfangende zahlen nur die Hälfte. Der Katalog kann über bib-der-dinge-bochum.de erreicht werden.
Dies sind die Öffnungszeiten: Dienstag: 16 bis 19 Uhr; Mittwoch: 9 bis 12 Uhr; Freitag: 9 bis 11 Uhr und 16 bis 19 Uhr; Samstag: 10 bis 14 Uhr.
Hauptstandort ist: Auf dem Anger 1 in Bochum. Nach vorheriger Vorbestellung über den Online-Katalog kann aber auch an folgenden Standorten abgeholt werden: In der Zentralbücherei: Gustav-Heinemann-Platz 2-6, am Standort Langendreer: Unterstraße 71 und im Repair-Café „RuBo“ auf dem Campus der Ruhr-Universität, Universitätsstraße 150.
In seiner Freizeit tauscht er Hörsaal gegen Fahrrad und liefert selbst Bestellungen für die Bib aus. Stengel träumt groß, wenn er an die Zukunft des Projektes denkt. Bis zu 10.000 Leihobjekte hätte er gerne, außerdem mehr Platz und mehr Helfende.
Nachhaltigkeit trifft Geselligkeit
Das alles ist besonders bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass die Bib der Dinge vollständig ehrenamtlich organisiert ist. „Uns geht es nicht um Profit, sondern um Teilhabe“, erklärt Najine Ameli, Gründungsmitglied und Nachhaltigkeitsforscherin.
Denn wer sein Fahrrad selbst reparieren und seine Möbel eigenständig aufbauen kann, muss dafür kein Geld zahlen und kann Ideen umsetzen, die sonst eben nur mit teuren Investitionen funktionieren, was die Welt im kleinen ein bisschen gerechter macht.
Die „Bib der Dinge“ liegt schwer im Trend, denn im Fokus des Projektes steht außerdem die Nachhaltigkeit. Alles, was einmal „ertauscht“ wurde, muss nicht mehr neuwertig erworben werden. So können Ressourcen und Geld gespart werden und gleichzeitig noch Überraschungen erlebt werden. Deswegen wird das Projekt auch von der Umweltberatung der Verbraucherzentrale NRW gefördert.