Bochum. Die Hochschule Bochum bietet seit 2013 den Studiengang “Nachhaltige Entwicklung“. Eine Studentin, eine Absolventin und eine Professorin berichten.
Seit Loredana Tiedke (28) an der Hochschule studiert, geht sie mit einem anderen Blick durch Bochum. Wie gut erreichbar ist ein Ort mit Fahrrad oder ÖPNV? Wie umweltschonend kann ich in einem Laden einkaufen? Könnte man das Material hier nicht durch etwas Nachhaltigeres ersetzen?
Die 28-Jährige studiert im Bachelor "Nachhaltige Entwicklung" an der Hochschule Bochum und beschäftigt sich dabei täglich mit Fragen der Nachhaltigkeitsforschung. "Mir war das Thema schon immer wichtig, aber das Studium hat meinen Blick noch einmal geschärft", sagt Tiedke.
Interdisziplinäres Studium
Das Studium sei vielfältig, man erlerne Wissen in Mathematik, Naturwissenschaften und Volkswirtschaft. "Man kann sich auch spezialisieren, zum Beispiel auf das Bau- oder Ingenieurswesen", sagt die Studentin. In ihrer Abschlussarbeit hat sie sich mit nachhaltigem Einkaufsverhalten im Modebereich in Bezug auf das Geschlecht befasst.
"Viele denken bei Nachhaltigkeit nur an grünes Denken, aber wichtig sind auch soziale und wirtschaftliche Aspekte", sagt Tiedke. Politische Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes seien erst dann wirklich nachhaltig, wenn sie soziale und wirtschaftliche Aspekte miteinbezögen. "Von Verboten halte ich deshalb nicht viel, besser sind Anreize", sagt die Studentin.
Studiengang seit 2013
Als eine von 386 Studierenden ist Tiedke im 7-semesterigen Bachelor-Studiengang immatrikuliert, der 2013 an den Start ging. Nachhaltiges Wissen gibt es dabei von vier expliziten Nachhaltigkeitslehrkräften mit technischem, sozialwissenschaftlichem, ökonomischem und soziologischem Schwerpunkt.
"Nun möchte ich den Master in Nachhaltiger Entwicklung anschließen und danach in die Forschung gehen, um alternative Materialien und Verfahren zu entwickeln", sagt die Bochumerin. Im Master-Bereich bietet die Hochschule Bochum gleich zwei Studiengänge an: Den konsekutiven Master "Nachhaltige Entwicklung" und den Master "Angewandte Nachhaltigkeit", der auch für Absolventen anderer Studiengänge offen steht - von Theaterwissenschaften bis Maschinenbau.
Was Absolventen machen
Julia Rose hat ihr Studium an der Hochschule bereits hinter sich, hat nach ihrem Studium als Wirtschaftsingenieurin den Master in "Angewandter Nachhaltigkeit" abgeschlossen. Heute arbeitet sie als "Corporate Responsibility Specialist" bei Aldi-Nord. "Ich befasse mich dabei zum Beispiel mit der Unternehmensverantwortung und dem Nachhaltigkeitsbericht", sagt sie.
Das Studium habe ihr bei ihrer heutigen Tätigkeit sehr geholfen. "Ich habe erst im Studium so richtig verstanden, was für einen dramatischen Unterschied eine Erwärmung von nur zwei Grad Celsius machen können", gibt sie zu.
Frage der sozialen Gerechtigkeit
Aufholbedarf in Sachen Nachhaltigkeit sieht sie im Ruhrgebiet vor allem im Mobilitätsbereich: "Der öffentliche Nahverkehr ist noch zu teuer und die Linien müssen besser abgestimmt sein", findet sie. Mi-Yong Becker, die an der Hochschule als Nachhaltigkeitsprofessorin lehrt, interessiert in ihrer Forschung vor allem die Frage der sozialen Gerechtigkeit.
"International spricht man von der "just transition", also von einem fairen Übergang", erklärt sie. Dabei schaue man auf die Kosten, die aus der Energiewende entstünden, aber auch indirekte Kosten im übrigen Konsum, die eine Belastung für Haushalte mit geringem Einkommen darstellen würden.
Thema für Gesamtgesellschaft
"Das ist aus meiner Sicht ein wesentliches Thema, das spannend ist, aber für das wir vor allem zwingend gute Lösungen brauchen, um Ungerechtigkeiten, sozialen Friktionen bis hin zu gefährlichen Spaltungen in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken", meint Becker.
Mit Freude beobachtet die Professorin ein neues Niveau, welches innerhalb der letzten fünf Jahre im gesellschaftlichen Diskurs um Nachhaltigkeit und verbundene Themen wie nachhaltiger Konsum, Klimaschutz, Biodiversität und sharing economy erreicht wurde. "Das Leitprinzip der Nachhaltigkeit diffundiert gegenwärtig in die Breite der Gesellschaft und das ist für mich entscheidend", so Becker.
6-Stufen-Plan an der Hochschule
Um die Hochschule nachhaltiger zu machen, hat sie einen 6-Stufen-Plan festgelegt.
Darin ist beispielsweise verankert, Nachhaltigkeit als Querschnittsthema in allen Studiengängen zu etablieren, Zusatzseminare anzubieten, fachspezifische Nachhaltigkeitskompetenzen zu lehren und Promotionen zu Nachhaltigkeitsthemen zu fördern.
Weitere Infos: www.hochschule-bochum.de