Bochum-Wattenscheid. Schon vor Jahren sollte ein heruntergekommenes Haus an der Westenfelder Straße abgerissen werden. Scheinbar passiert nichts. Das sagt die Stadt.
Die Leuchtreklame über dem Eingang verortet noch den „Westenfelder Grill – Bei Niko“, kündet von griechischen Spezialitäten. Doch die Küche an der Westenfelder Straße 114 ist schon lange kalt, die Tür verschlossen. Die Fenster im Erdgeschoss sind zugemauert oder zugenagelt, die Fassade fleckig und beschmiert. Eigentlich sollte das Haus, das schon seit vielen Jahren leer steht, bereits im Frühjahr 2019 abgerissen werden – trotzdem steht es auch im Herbst 2023 noch da, sich selbst und dem Verfall überlassen.
„Warum tut sich dort nichts?“, schreibt WAZ-Leser Hartmut R. in einer Mail an die Redaktion und fragt weiter, warum die Stadtspitze in dieser Sache zögere. Ob eine Zwangsversteigerung oder gar Enteignung hier nicht möglich wäre? Stadtsprecher Peter van Dyk weist den Vorwurf zurück: „Ein ,Zögern’ der Stadtverwaltung ist hier nicht zu erkennen“, sagt er. Die Stadt sei mit dem Eigentümer im Gespräch, Privateigentum aber sei „von Gesetzes wegen hoch geschützt“.
Schrotthaus in Bochum: Abriss 2019 platzte kurzfristig
Der Blick ins Archiv offenbart, wie lange das Haus an der Ecke Fritz-Reuter-Straße die Menschen in Wattenscheid, die Verwaltung und die Politik schon beschäftigt: Im Stadtteil war das Haus einst als Standort der Traditionskneipe „Weizenjunge“ bekannt; bereits seit den frühen 2000er-Jahren indes ist das Gebäude verlassen. Alle Versuche, die Immobilie mit Gaststätten zu beleben, scheiterten.
Mit dem Leerstand kam der Verfall. Das Dach war kaputt, zwischendurch hausten dort Unbekannte, hinterließen Müll, es regnete rein, später soll es auch gebrannt haben. Vor ziemlich genau fünf Jahren, im November 2018, kündigte Stadtsprecher van Dyk an, dass der Eigentümer einvernehmlich mit der Verwaltung vereinbart habe, das einstige Wohn- und Geschäftshaus abzureißen. In den Osterferien 2019 sollte der Abriss erfolgen, es gab schon Pläne für eine halbseitige Straßensperrung – dann war der Eigentümer mit einem Mal wieder nicht mehr zu erreichen, und der Stillstand setzte sich fort.
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Westenfelder Straße 114: Bauantrag für neues Wohngebäude liegt vor
Wer das reichlich trostlose Gebäude von Außen betrachtet, könnte den Eindruck haben, dass seitdem nichts weiter passiert ist. Aber: Im Hintergrund liefen und laufen Planungen und Absprachen, wie es mit dem Haus und Grund weitergeht, beteuert der Stadtsprecher. Die Stadt hab das Haus nach wie vor im Blick; es sei unverändert im Verdachtsimmobilienkataster gelistet, erklärt Peter van Dyk. Er verweist wieder auf den Schutz des Eigentums: „Wir dürfen erst dann eingreifen, wenn Gefahr droht.“ Durch Sicherungsarbeiten sei das aktuell nicht zu erwarten.
Dennoch ist in die Sache in diesem Jahr wieder Bewegung gekommen. „Seit dem 6. April 2023 liegt der Verwaltung ein Bauantrag für die Errichtung eines Wohngebäudes vor“, teilt der Stadtsprecher mit. Dazu liefen noch Abstimmungsgespräche. „An dem Altgebäude wurden Sicherungsmaßnahmen durchgeführt, damit der Abbruch erst im Zuge der Neuerrichtung des Wohngebäudes erfolgen muss.“
Einen Zeithorizont indes, wann Abriss und Neubau denn nun anstehen könnten, vermag van Dyk nicht zu nennen. Aktuell werde der Bauantrag bei der Stadt bearbeitet, sagt er.
Verdachts- und Problemimmobilien
Im Verdachtsimmobilien-Kataster erfasst die Stadt Bochum verwahrloste Häuser systematisch. Mit einem Ampelsystem wird der Zustand eingeordnet – von grün (geringer Handlungsbedarf) über gelb (mittlerer Handlungsbedarf) bis rot (hoher Handlungsbedarf). Letztere heißen dann auch bei der Stadt offiziell „Problemimmobilien“.
13 solcher „Problemimmobilien“ führte die Stadt Ende 2022 in dem Kataster auf höchster Eskalationsstufe; 2021 seien es noch neun mehr gewesen. „Das Engagement zahlt sich aus“, findet die Stadtverwaltung. Seit dem Start des Katasters 2013 seien „14 Problemimmobilien modernisiert, saniert oder abgebrochen“ worden.
Schrotthäuser seien in Bochum „kein quantitatives oder strukturelles Problem“, urteilte Holger Ernst vom Amt für Geoinformation, Liegenschaften und Kataster in einem Sachstandsbericht im Frühjahr 2023. „Es handelt sich immer um Einzelobjekte.“