Günnigfeld. Seit mehreren Jahren hat die Stadt Bochum eine Schrottimmobilie in Wattenscheid im Auge. Jetzt tut sich was – Zwangsversteigerungen stehen an.
Die Müllberge sind verschwunden. Wo im Sommer 2020 noch Bauschutt, Abfallsäcke und alte Matratzen aus Fenstern und Eingangstür quollen, verdecken Holzbretter die Sicht ins Innere. Es ist aufgeräumter an der Günnigfelder Straße Nummer 126, das leerstehende Gebäude aber weiter ein Problemhaus. Nun tut sich wieder etwas: Sieben der acht Wohnungen darin stehen am 22. September zur Zwangsversteigerung.
Seit mehreren Jahren hat die Stadt Bochum das Haus in ihrem „Verdachtsimmobilien-Kataster“ erfasst, sieht hohen Handlungsbedarf und führt es in der Kategorie „höchste Eskalationsstufe“. Die Ausgangslage ist kompliziert. „Der aktuelle Gebäudezustand liegt in der Verantwortung der Eigentümergemeinschaft“, teilt Stadtsprecher Peter van Dyk auf WAZ-Anfrage mit. Haupteigentümerin sei eine Immobiliengesellschaft mit Hauptsitz in Berlin, erklärt er dazu, mehr nicht: „Weitere Angaben hierzu unterliegen dem Datenschutz.“
Schrotthaus an der Günnigfelder Straße: Der Müll ist verschwunden
Vor drei Jahren war das Schrotthaus nahe der Erzbahntrasse Thema im Hauptausschuss der Stadt. Seinerzeit hatte Udo Appelhoff, engagierter Bürger aus Günnigfeld, Alarm geschlagen. An der „verkommenen, vermüllten Bauruine“ tue sich seit Jahren nichts, warf er der Verwaltung vor. Er sorgte sich, weil er Kinder auf dem Grundstück hatte spielen sehen.
Stadtbaurat Markus Bradtke ließ damals amtlich anordnen, dass Fenster und Türen im Erdgeschoss verschlossen wurden. Das war im Juli 2020, seitdem ist der erste Eindruck von außen besser. „Das Müllproblem ist nicht mehr existent“, sagt Udo Appelhoff heute, aber ansonsten habe er weiter den Eindruck, „dass da nichts passiert“.
Problemimmobilie in Wattenscheid: Sieben Wohnungen werden versteigert
Dass es nicht einen, sondern formell mehrere Verantwortliche gibt, erschwert das Eingreifen der Stadt. Peter van Dyk spricht von „aktuellen Hindernissen in den Verfahrensschritten“, die „der aktuellen Eigentümerstruktur geschuldet“ seien. Im Amtsgericht Bochum kommen so auch sieben separate Eigentumswohnungen unter den Hammer, alle als „Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung“.
Die Wohnungen sind den Wertgutachten zufolge zwischen 35 und 57 Quadratmeter groß, haben ein bis zwei Zimmer, und für die Zwangsversteigerung wird jeweils ein Verkehrswert zwischen 9000 und 28.000 Euro veranschlagt. Addiert man die Schätzungen des Gutachters, kommt man auf eine Summe von 142.000 Euro für die sieben Wohnungen. Ob der jeweilige Verkehrswert erzielt wird, ist allerdings völlig offen.
Zwangsversteigerung: „Erwerb von Teileigentum nicht zielführend“
Der Gutachter konnte den Wert ohnehin nur schätzen – „eine Innenbesichtigung des Wohnungs- sowie Gemeinschaftseigentums war nicht möglich“, schreibt er. Das Haus, Mitte der 1910er-Jahre gebaut, sei früher ein Mietshaus gewesen, laut einer Teilungserklärung im Jahr 2012 „nachträglich in Wohneigentum umgewandelt worden“. Der Gutachter konnte zu den Wohnungen aber weder Eigentümer noch eine Hausverwaltung ausfindig machen.
Die Stadt wird bei der Zwangsversteigerung nicht mitmischen. Für die Verwaltung steht fest: „Der Erwerb von Teileigentum in diesem Objekt durch die Stadt erscheint nicht zielführend.“ Stattdessen werde „vorrangig die Anordnung baurechtlicher Maßnahmen geprüft, die geeignet sind, den Verfall zu beseitigen“.
Die Schrottimmobilien insgesamt in Wattenscheid hat die Stadt besonders im Blick. Sie seien eine „ewig währende Geschichte“, sagt Bezirksbürgermeister Hans-Peter Herzog, „Gott sei dank“ seien es „nur Einzelfälle“. Er hofft, dass sich an der Günnigfelder Straße bald etwas tut. „Die Hausnummer 128 ist mittlerweile – wenigstens von außen – wieder ganz ordentlich in Schuss gebracht“, sagt er. „Da sieht man, was man machen könnte.“
13 Problemimmobilien im Kataster erfasst
Seit zehn Jahren führt die Stadt Bochum ihr Verdachtsimmobilien-Kataster, in dem sie verwahrloste Häuser systematisch erfasst und klassifiziert. Mit einem Ampelsystem wird der Zustand eingeordnet – von grün („noch ausreichend“, geringer Handlungsbedarf) über gelb („schlecht/teilweise verwahrlost“, mittlerer Handlungsbedarf) bis rot („stark verwahrlost“, hoher Handlungsbedarf). Letztere heißen dann auch bei der Stadt offiziell „Problemimmobilien“.
170 Gebäude waren Ende 2022 im Kataster eingetragen, bei 13 von ihnen steht die Ampel auf Rot. 2021 seien es noch 22 Problemimmobilien gewesen, neun mehr. „Das Engagement zahlt sich aus“, findet die Stadtverwaltung. Seit dem Start des Katasters 2013 seien „14 Problemimmobilien modernisiert, saniert oder abgebrochen“ worden.
Schrotthäuser seien in Bochum „kein quantitatives oder strukturelles Problem“, urteilt Holger Ernst vom Amt für Geoinformation, Liegenschaften und Kataster in einem Sachstandsbericht im Frühjahr 2023. „Es handelt sich immer um Einzelobjekte.“ Insbesondere im Vergleich mit Nachbarstädten habe das Thema „in Bochum eine eher geringe Ausprägung“.