Bochum-Langendreer. Einen ungewöhnlichen Beruf können Auszubildende am Walter-Gropius-Berufskolleg in Bochum lernen. Die Reaktionen: “Manche finden das eklig.“
Der tote Fuchs hat 20 Jahre am Walter-Gropius-Berufskolleg in der Tiefkühltruhe gelegen. Nun dient er als Lehrobjekt: Ina Seehuber (23) wickelt Holzwolle um einen Draht. Schritt für Schritt entsteht ein Körper,der dem des Fuches ähnelt.
Am Tisch nebenan hat Jonas Vennemann gerade Mund, Augen- und Nasenhöhlen in einen modellierten Schädel eingefräst, nun setzt er Glasaugen ein. Berührungsängste hat er nicht. "Ich bin Jäger und daher schon länger mit toten Tieren vertraut."
Walter-Gropius-Berufskolleg bietet Ausbildung in drei Bereichen an
Jonas Vennemann ist einer von rund 90 Schülerinnen und Schülern im Ausbildungsjahrgang zum "staatlich geprüften präparationstechnischen Assistenten" am Walter-Gropius-Berufskolleg. Deutschlandweit gibt es diese Ausbildung nur hier in Bochum und zwar seit 1976. Ein Drittel der Azubis hat sich für den Fachbereich Biologie entschieden. Ein weiteres Drittel wird im Fachbereich Medizin ausgebildet, das restliche Drittel in der Geologie.
"Mich hat der Tod schon immer fasziniert", sagt Schülerin Ina Seehuber, die bereits im dritten und letzten Ausbildungsjahr ist. Nach der Ausbildung plant sie, zunächst im Museum zu arbeiten und dort Präparate aufzubereiten. "Später möchte ich mich selbstständig machen", sagt sie. Mit ihrer Ausbildung, die neben dem Berufsabschluss auch in der Fachhochschulreife mündet, kann sie dann etwa Jagdtrophäen herstellen.
Das Berufsfeld nach bestandener Ausbildung ist groß
Das Berufsfeld ist riesig: Während diejenigen mit Schwerpunkt Geologie zum Beispiel an Grabungen teilnehmen oder Fossilien für Ausstellungen aufbereiten, finden sich solche mit medizinischem Schwerpunkt zum Beispiel im Sektionswesen, in der Rechtsmedizin, Pathologie und in der Anatomie wieder.
Dr. Gesche Krause, Fachpraxislehrerin im Bereich Medizin, sagt: "Schwierigkeiten, Nachwuchs zu finden, haben wir nie." Während man in den Bereichen Geologie und Biologie bereits mit 16 Jahren starten kann, muss man für den medizinischen Bereich 18 Jahre alt sein. "Man sollte Spaß am Handwerk und an der Natur mitbringen, braucht auch ein bisschen Kreativität und sollte wissbegierig sein."
Genauigkeit ist beim Präparieren gefragt
Auch Genauigkeit ist gefragt: "So wird etwa im Bereich Geologie mit Fossilien gearbeitet, die wenige Mikrometer groß sind", erklärt Fachlehrer Michele Kaiser. Während es im Bereich Biologie einen Ritt durch Anatomie und Evolution gebe, lernen die medizinischen präparationstechnischen Assistenten jeden Winkel des Körpers kennen. "Am Ende der Ausbildung haben wir eine komplette menschliche Leiche präpariert und viele Obduktionen vorgenommen."
Dafür kooperiert das Walter-Gropius-Berufskolleg mit dem Institut für Anatomie der Ruhr-Universität und dem Klinikum Bergmannsheil. Bei den konservierten menschlichen Leichen handelt es sich um Körperspenden. Die Tierleichen stammen etwa aus Zoos, von Züchtern oder Jägern.
Reaktionen im Umfeld
Aber wie kommt die ungewöhnliche Ausbildung bei Freunden und Familie an? "Manche finden das ekelig, andere sind interessiert", sagt Auszubildende Sina Adams.Die meisten wüssten mit der Berufsbezeichnung wenig anzufangen. So sei vielen nicht bewusst, was alles Aufgabe eines Präparators sei: Sammlungsarbeit im Museum und Skelettmontage können ebenso dazuzählen wie das Aufbereiten von Nasspräparaten. "Wenn präparierte Tiere in ihrem Umweltkontext gezeigt werden, in sogenannten Dioramen, gehört der Bau von ihnen auch dazu", sagt Gesche Krause.
Tag der offenen Tür
Am 3. Februar lädt das Walter-Gropius-Berufskolleg von 11 bis 15 Uhr zur Werkstättenbesichtigung und Ausstellung von Präparaten an seinem Standort Hasselbrinkstraße 27 ein. Dann können auch Fragen zur Ausbildung beantwortet werden.
Laut Veranstalter ist der Tag der offenen Tür auch für den Besuch mit Kindern geeignet, die zum Beispiel verschiedene Tierfelle anfassen dürfen.
Weitere Infos zur Ausbildung unter: www.wg-bo.de