Bochum. Ein Medizinisches Versorgungszentrum in Bochum steht vor dem Aus. Die Hausarztpraxis dort wird verlagert. Das hat Auswirkungen für die Patienten.

Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in Bochum-Linden steht vor dem Aus. Betroffen ist eine Hausarzt-Praxis, die nun verlegt werden soll – an die Bergstraße. Patienten müssen künftig also weite Wege in Kauf nehmen oder sich einen neuen Hausarzt suchen. Das sorgt vor Ort für Unruhe.

Hausarzt-Praxis soll umziehen – weite Wege für Patienten

„Schön, dass Sie da sind“ steht auf der Internetseite des MVZ Linden. „Als Hausarztpraxis bieten wir eine kompetente und umfassende hausärztliche Versorgung.“ Das wird jedoch nicht mehr lange am Standort Dr.-C.-Otto-Straße 27 passieren. Dieser rentiere sich einfach nicht, gibt Dr. Bodo Brandts, Geschäftsführer der Medizinisches Versorgungszentrum Augusta Bochum GmbH mit Sitz an der Bergstraße 26, wirtschaftliche Aspekte als Grund für die Entscheidung an.

Die auf dem Augusta-Gelände in Linden praktizierenden Ärzte Dr. Ulrike Löhr-Hasenburg und Dr. med. Alexander Ivchenko hätten „zuletzt nur noch vier Patienten pro Tag pro Arzt betreut“, sagt Brandts. Aus seiner Sicht eine zu geringe Nachfrage, „um das MVZ in Linden auf Flughöhe zu kriegen“. Von daher wolle man die Praxis zur Bergstraße holen – möglichst zum 1. Januar 2024.

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Mit dem Team vor Ort habe man schon gesprochen. „An den Leuten lag es nicht“, stellt Brandts klar. „Die sind exzellent. Von daher wollen wir ihnen die Möglichkeit bieten, weiter für uns zu arbeiten.“ Aber dann dort, wo Ärzte gebraucht würden. „Der Bedarf hier an der Bergstraße ist höher.“

Praxis-Umzug in Bochum: Patienten werden nach und nach informiert

In der Lindener Praxis werden nun die Patienten nach und nach informiert. Dass es nur so wenige seine sollen, wird hier bezweifelt. „Wir hatten heute schon mehr als 20“, sagt die Arzthelferin am Montag so gegen 10 Uhr. Während Dr. Löhr-Hasenburg sich nicht äußern möchte, ist sie auskunftsfreudiger. „Wir sind von der Nachricht schon überrascht worden“, berichtet sie. „Genauso wie unsere Patienten. Denen teilen wir jetzt mit, dass sie sich etwas Neues suchen müssen.“

Das sei für viele nicht einfach. „Wir versorgen ja unter anderem auch das Altenheim und die Seniorenwohnungen hier im Umfeld.“ Auch Günter Jakob ist betroffen. Der 75-Jährige ist seit gut zehn Jahren Patient im MVZ und, wie er sagt, immer „total zufrieden“ gewesen. Die aktuelle Entwicklung finde er „sehr bedauerlich“. Gerade die Älteren wie er müssten „jetzt sehen, wo wir bleiben“.

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Er habe sich erstmal setzen müssen, als er von dem Aus für das MVZ erfahren habe, sagt Jakob. „Mir ist ganz schwindelig geworden von der Nachricht.“ Bis zu dreimal im Monat komme er her, extra aus Winz-Baak. Die Fahrt in die Innenstadt sei ihm zu weit. Gute zehn Kilometer sind es von der Dr.-C.-Otto-Straße 27 bis zur Bergstraße 26. Mit dem Auto legt man die Strecke im besten Fall in knapp 25 Minuten zurück, mit der Straßenbahn 40.

Endgültig unter Dach und Fach sei der Umzug noch nicht, sagt Dr. Bodo Brandts. „Wir müssen noch mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) sprechen und klären, wie die Versorgungslage aussieht. Wie gehen aber davon aus, dass in Linden ein ausreichendes Angebot an Hausärzten vorhanden ist.“

Genug Hausärzte in Bochum? Experten sagen ja

Die Lage in Bochum sähe ganz gut aus, sagt KVWL-Sprecher Stefan Kuster. Demnach gibt es bei uns – Stand Mai 2023 – 223 Vollzeitstellen für Hausärzte, was einen Versorgungsgrad von 107,6 Prozent ergibt. Erst ab 75 Prozent werde geprüft, ob eine Unterversorgung besteht oder droht. „Eine Überversorgung wird im Allgemeinen ab einem Versorgungsgrad von 110 Prozent ausgewiesen.“ Speziell in Linden/Dahlhausen gebe es sogar Topwerte bei der hausärztlichen Versorgung, präzisiert KVWL-Bezirksleiter Dr. Eckhard Kampe – im Gegensatz zu Stadtteilen wie Hamme oder das Gleisdreieck.

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Schwierig werde es aber in den nächsten Jahren. Von den derzeit insgesamt 1005 praktizierenden Ärzten in Bochum gehen laut Kampe bis 2028 400 in Rente – also rund 40 Prozent.

Konzentration auf Krankenhausbetrieb

Seit Januar 2023 gehörten die beiden Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) Bergstraße und Dr.-C.-Otto-Straße nicht mehr zur Augusta-Kranken-Anstalt gGmbH, teilt Hendrik Schöpper, Referent der Geschäftsführung, mit. „Wir sind nicht mehr wirtschaftlicher Eigentümer, wir vermieten nur noch die Räume.“

Die Augusta-Kranken-Anstalt konzentriere sich jetzt nur noch auf den Krankenhausbetrieb. Die MVZ hätten ganz andere Strukturen. Investiert werde in Linden aber in ein neues Schulgebäude, direkt gegenüber dem MVZ. Schöpper: „Unsere Akademie und die Krankenpflegeschule dort brauchen dringend weitere Räume.“