Bochum-Langendreer. Zwei Hausärzte haben eine Gemeinschaftspraxis gegründet. Doch seither bleiben Patienten weg. Der Grund: Gerede im Stadtteil.
Am 1. Mai schlossen sich die Hausärzte Dr. Petra Zimmermann und Erdogan Düzenli (46) zusammen und bilden an der Hauptstraße eine Gemeinschaftspraxis. Seither wundern sich die Internisten, dass Patienten von Dr. Zimmermann wegbleiben. Die Ursache liegt an einem Gerücht, das in Langendreer kursiert, wie die Praxispartner zu ihrer Überraschung erfahren mussten.
„Wir gucken jeden Abend, welche Patientinnen und Patienten aus Erdogan Dünzenlis alter Praxis am Knappschaftskrankenhaus und welche aus meiner stammen“, sagt Petra Zimmermann. Von ihrer „Stammkundschaft“ kamen zuletzt erheblich weniger als in den vergangenen Vergleichsquartalen.
Im Stadtteil wird verbreitet, die Praxis werde verkauft
Sie erklärt es sich damit, dass die Leute wohl denken, sie würde aus Altersgründen die Praxis aufgeben und an den „Neuen“ verkaufen. „Das haben mir auch schon Patienten selbst gesagt, wenn ich sie zufällig beim Einkaufen traf.“ Die konnte sie beruhigen, doch andere blieben einfach weg. Denn: Erdogan Düzenli ist ihnen noch zu unbekannt.
„Ich denke gar nicht daran aufzuhören, auch wenn ich in einem Alter bin, in dem andere längst den Ruhestand genießen“, betont Dr. Zimmermann resolut. Bis Ende 2025 läuft ihr Vertrag über die Anmietung der Praxisräume, danach kann er für fünf Jahre verlängert werden. Fünf Jahre, das sei ein gängiger Turnus, sagt sie.
Mietvertrag wird über fünf Jahre verlängert
„Wenn ich aber die Praxis dann bis 2030 alleine weiterführen müsste, würde mir das schwerfallen, auch finanziell. Ich könnte nicht zwischendurch kürzer treten, müsste immer hundert Prozent geben. Nun aber habe ich einen Partner, mit dem das kein Problem darstellt.“
Es sei, so räumt Dr. Zimmermann ein, für alteingesessene Ärzte nicht unüblich, bei Verkaufsabsichten einen Kompagnon in die Praxis zu holen und nach einer Übergangszeit auszuscheiden. „Das wird dann vorab nicht verbreitet, denn der Wert bemisst sich nach der Zahl der Patienten.“
Düzenli war niedergelassener Arzt in der Nähe des Knappschaftskrankenhauses. Doch dann sprang sein damaliger Partner ab und er musste die Praxis aufgeben: Er konnte die hohe Miete für über 200 Quadratmeter Fläche nicht allein stemmen. Heute nutzt das Krankenhaus selbst die Räume. Petra Zimmermann stellte ihn an, er brachte eigene Patienten aus seiner alten Praxis mit. „Für uns beide ein Glücksgriff“, betont Zimmermann.
Das Duo will nun an der Hauptstraße neu durchstarten. Es plant, die Sprechzeiten zu verlängern. Zudem soll eine neue Website erstellt werden. „Grundlage ist meine alte Homepage. Dort werden wir Wissenswertes über die Angebote von Dr. Zimmermann einfügen“, sagt der gebürtige Bochumer.
Angebot soll nun aufgestockt werden
Dr. Zimmermann, Internistin mit Schwerpunkt Homöopathie, Naturheilverfahren und Akupunktur, freut sich, dass der junge Kollege diverse apparative Diagnostikverfahren mit in die Praxis einbringt. So können den Patienten demnächst Ultraschalluntersuchungen sowie Langzeitmessungen von Blutdruck und Belastungs- sowie Langzeit-EKG angeboten werden.
Von solchen Gerüchten und ihren Folgen hat Stefan Kuster von der Pressestelle der Kassenärztlichen Vereinigung noch nichts gehört. „Sowas kriegen wir ja nicht unbedingt mit.“ Er hat aber eine Idee, wie die Langendreerer Ärzte aus dem Dilemma herauskommen: „Aus meiner Sicht wäre ein Aushang an der Praxistür sinnvoll mit ,Willkommen, wir sind jetzt zu zweit’.“