Bochum. Immer mehr Menschen leiden an Osteoporose. Die Nachsorge müsse dringend verbessert werden, warnt ein Bochumer Facharzt. Seine Sorgen, sein Plan.
Dr. Jozef Colemont schlägt Alarm. Während immer mehr Menschen an Osteoporose leiden, sei die Medizin in Bochum unzureichend auf die Alterserkrankung vorbereitet. Es brauche ein engmaschiges Netzwerk, warnt der erfahrene Orthopäde. Sonst könnten die Folgen für die Patientinnen und Patienten dramatisch sein: „mehr Stürze, mehr Operationen, eine höhere Sterberate.“
Die Deutschen werden immer älter. Stundenlanges Sitzen am Computer prägt die Arbeitswelt. Der altersbedingte Knochenschwund ist entsprechend im Vormarsch. „Zehn Prozent der Bevölkerung sind betroffen: vorwiegend Frauen nach den Wechseljahren, bei Männern nach dem 60. Lebensjahr. Die Tendenz ist stark steigend“, sagt Jozef Colemont (67), der seit 1989 als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in Bochum praktiziert.
Osteoporose: Krankheit wird oft erst nach einem Sturz diagnostiziert
Verhängnisvoll: Osteoporose werde meist sehr spät erkannt. „Sie bereitet anfangs keine Beschwerden. Nur zehn Prozent sind in ärztlicher Behandlung“, so Colemont. In welchem Maße die Knochen an Festigkeit und Substanz verloren haben, werde den Erkrankten vielfach erst nach einem ersten Sturz bewusst.
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Vorsorge ist ratsam. Der Experte empfiehlt die Klassiker: regelmäßige Bewegung mit Laufen, Gymnastik und Kraftsport, gesunde Ernährung mit viel Vitamin D. 1000 Milligramm Kalzium täglich sollten dem Körper zugeführt werden, etwa über Milchprodukte und Mineralwasser. Auch Knochendichtemessungen können helfen.
Wichtige Nachsorge: Facharzt erkennt Mängel in Krankenhäusern
Colemonts Hauptanliegen gilt aber der Nachsorge. „Es gibt nach meiner Beobachtung noch zu viele Kliniken, die Osteoporose-Patienten nach einem Sturz und einer OP ohne hinreichende Informationen nach Hause schicken. Wer Glück hat, erhält den Ratschlag, sich zur Weiterbehandlung an einen niedergelassenen Orthopäden zu wenden. Die Regel ist das aber nicht.“
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Das berge lebensgefährliche Risiken, so Colemont: „Bei Osteoporose-Patienten folgt dem ersten Sturz sehr häufig ein zweiter.“ Viele ältere Menschen erlitten einen Oberschenkelhalsbruch. Der kann tödlich enden: Zehn Prozent der Patienten sterben innerhalb der ersten 30 Tage nach ihrem Sturz, hieß es zuletzt beim WAZ-Medizinforum im April.
Bochumer Netzwerk soll Weiterbehandlung der Patienten sicherstellen
Man müsse dringend etwas tun, um den Trend zu stoppen, konstatiert Colemont. Sein Ziel in Bochum: ein Netzwerk zu knüpfen, das die Kliniken ebenso umfasst wie die 60 örtlichen Orthopäden, die Hausärzte, Geriatrie-Anbieter und Endokrinologen. Die Hilfsangebote müssten noch in der Klinik greifen. „Damit wäre sichergestellt, dass die Osteoporose fachgerecht weiterbehandelt wird, möglichst ohne weitere Stürze.“ Nutznießer wäre „letztlich das komplette Gesundheitssystem, dem massive Folgekosten erspart blieben“.
Als Vorbild erkennt der Facharzt den „Fracture Liaison Service“ in München. In der bayerischen Landeshauptstadt beschäftigt ein Netzwerk eine eigene Pflegekraft, die den Übergang von der Klinik in die ambulante Versorgung begleitet. Versuche, ein solches System in Bochum einzurichten, seien bislang gescheitert. „Ich bemühe mich seit vier Jahren darum. Ohne nennenswerten Erfolg.“ Allein das Medizinische Qualitätsnetz (MedQN) Bochum und das Knappschaftskrankenhaus hätten eine Teilnahme zugesichert. „Das reicht leider nicht.“
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Praxis zieht im Frühjahr 2024 ins neue Grönemeyer-Zentrum
Die Hoffnung hat Colemont nicht aufgegeben. Das Versorgungszentrum „Medi Plaza“ an der Huestraße, in dem er praktiziert, ist Teil der Grönemeyer-Gruppe, die derzeit ein neues Domizil an der Herner Straße in Riemke baut. „Im April 2024 ist der Umzug geplant. Ein Schwerpunkt wird die Orthopädie sein. Vielleicht gelingt es ja, das Bochumer Netzwerk bis dahin aufzubauen.“