Bochum. Die Stadtwerke Bochum bekommen mindestens 250 Millionen Euro aus dem Steag-Verkauf. Danach hat es vor nicht allzu langer Zeit nicht ausgesehen.
Zwölf Jahre nachdem Bochum gemeinsam mit fünf anderen Ruhrgebietsstädten beim Energieunternehmen Steag eingestiegen ist, steht der Ausstieg fest. Aus dem Verkaufserlös von 2,6 Milliarden Euro erhalten die Stadtwerke Bochum als Anteilseigner nach Auskunft von Stadtwerke-Geschäftsführer Dietmar Spohn 250 Millionen Euro; womöglich auch bis zu 300 Millionen Euro.
Steag war 2019 noch akut von einer Insolvenz bedroht
„Das hängt etwa noch vom Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres ab“, so Spohn im Gespräch mit dieser Redaktion. Er spricht von einem „guten Ergebnis“ für die Verkäufer – neben Bochum (Anteil von 18 Prozent) sind dies die Stadtwerke aus Dortmund (36), Duisburg (19), Essen (15), Oberhausen und Dinslaken (je 6). Schließlich habe der Konzern, immerhin der viertgrößte Stromerzeuger in Deutschland, zwischenzeitlich vor dem finanziellen Ruin gestanden. 2019 drohte die Insolvenz.
Die Stadtwerke Bochum haben nach eigenen Angaben 67 Millionen Euro Eigenkapital und zehn Millionen Euro als Darlehen in die Steag investiert. Die zusätzlich benötigten Darlehen seien über die Kommunale Beteiligungsgesellschaft (KSBG) finanziert und zum Teil bereits abbezahlt worden. Auch die verbliebenen Kredite und Kreditkosten würden über die KSBG beglichen.
Bochum muss viel Geld investieren, so etwa in sein Fernwärmenetz
Von den nun in Rede stehenden mindestens 250 Millionen Euro für Bochum müssen daher, so Spohn, keine Kredite mehr beglichen werden. Seit 2011 seien zudem 27,9 Millionen Euro Gewinn an Bochum ausgeschüttet worden.
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Der Verkaufserlös soll nach den Vorstellungen des Energieversorgers und auch von Teilen der Politik im Unternehmen bleiben, um damit einen Teil der großen Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Dazu gehört u.a. der Ausbau des Fernwärmenetzes in Bochum, der nach Einschätzung der Stadtwerke allein etwa 500 Millionen Euro kosten wird.
„Zweistellige Rendite“, heißt sei, sei ein Zeichen für ein gutes Geschäft
Die Steag in die beiden Unternehmen Iqony (Zukunftstechnologie) und Steag Power (Kohlekraftwerke) aufzuteilen, sei der richtige Schritte gewesen und habe bei vielen der ursprünglich 18 Kaufinteressenten überhaupt erst das Interesse an dem Ruhrgebietskonzern geweckt. Spohn hat in dieser Phase die Rolle des Sprechers aller Teilhaber übernommen.
Die Frage, ob sich die von Anfang an umstrittene Beteiligung Bochums an der Steag unterm Strich gelohnt habe, beantwortet der Stadtwerke-Chef so: „auf jeden Fall.“ Er spricht von einer zweistelligen Rendite. Gleichwohl gibt er allen Beobachtern recht, die moniert hatten, ein Konzern – noch dazu einer mit internationaler Ausrichtung – sei für Kommunen kaum kontrollierbar. „Das ist absolut richtig“, so Spohn.
Daraus den Schluss zu ziehen, als Stadt grundsätzlich die Finger von Beteiligung zu lassen, hält er aber für falsch: „Man muss genau hingucken.“
Ursprünglich sollte Steag die Revier-Stadtwerke näher verzahnen
Das haben die sechs Ruhrgebietsstädte vermeintlich auch 2011 beim Kauf der ersten und 2014 beim Kauf der zweiten Tranche für insgesamt 1,2 Milliarden Euro getan. Sie führen an, dass sich seitdem aber die energiepolitischen Rahmenbedingungen dramatisch geändert haben. Gescheitert ist der Umbau der Steag zu einem „grünen Energieunternehmen“ aber nach Ansicht von Spohn aller Sprecher aller Teilhaber auch durch hausgemachte Fehler in der Vergangenheit und weil die frühere Steag-Spitze bedingungslos an der Kohle festgehalten habe.
„Wir haben es nicht geschafft, den Konzern umzubauen“, räumt er ein. „Die Idee war ja, die Steag als kommunale Plattform in Richtung Grün auszurichten und auszubauen.“ Gemeinsam mit Bernd Wilmert, seinem Vorgänger als Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum, habe er die Vorstellung gehabt, die Kooperation zwischen den Teilhabern von Dortmund bis nach Duisburg zu erhärten. „Meine Vision war es immer, ein großes kommunales Stadtwerk an der A 40 zu haben. Das werde ich nicht mehr schaffen.“ Ende des Jahres geht der 64-Jährige in den Ruhestand, als Nachfolgerin wurde bereits die frühere VW-Managerin Elke Temme auserkoren.