Bochum. Regelmäßig beschlagnahmt die Polizei Autos, die rasen. Ein spezieller Paragraf erlaubt das. Zuletzt traf es einen Porsche-Fahrer (19) aus Bochum.

Erst 19 Jahre alt und schon Halter eines Porsche Cayenne. Doch den teuren Sportwagen ist der Bochumer jetzt los, denn die Polizei hatte ihn vor einigen Tagen beschlagnahmt, weil er damit gegen den Strafparagrafen 315d Absatz 1, Ziffer 3 verstoßen haben soll – „verbotene Kraftfahrzeugrennen“. Dies ist kein Einzelfall, denn im Bochumer Polizeibezirk (mit Herne und Witten) wurden von den Verkehrskommissariaten in den vergangenen zwei Jahren jeweils mehr als 30 solche Verfahren eingeleitet. Das teilte Polizeisprecherin Mirella Turrek auf WAZ-Anfrage mit.

Den Strafparagraf gibt es erst seit 2017. Im Kampf gegen Raser und Autoposer ist er für die Polizei ein Segen. Wenn Streifenbeamte früher einen Autofahrer entdeckten, der ohne jede Rücksicht auf das Leben anderer Menschen mit Vollgas durch die Innenstadt bretterte, endete die Sache teilweise nur mit einem zweistelligen Verwarngeld, weil bei der Bestimmung der Geschwindigkeit sehr hohe Sicherheitsabschläge gemacht werden mussten. Mit Paragraf 315 d hat die Polizei ein Werkzeug an die Hand bekommen, die Raser sofort komplett aus dem Verkehr zu ziehen.

Gesetzgeber: Auch „Einzelrennen“ sind strafbar

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Wie den 19-jährigen Bochumer. Denn nach dem Gesetz ist es jetzt strafbar, wenn man sich nicht nur zu mehreren Leuten ein Rennen leistet, sondern sich auch allein „mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“. Die Justiz spricht da von einem „Einzelrennen“. Der Porsche-Halter soll laut Polizei nachts auf einem Parkplatz in Dortmund-Eving im Beisein weiterer Leute „lautstark und mit quietschenden Reifen riskante Fahrmanöver“ hingelegt haben.

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Mit der Sicherstellung des Autos ist es aber nicht getan. „Wenn der objektive Tatbestand des Paragrafen 315d Strafgesetzbuch erfüllt ist, greifen in der Regel auch die strafprozessualen Maßnahmen“, sagt Polizeisprecherin Turrek. Beschuldigte müssen auch ihren Führerscheinen und Handy abgeben; was meist kaum weniger schmerzhaft ist als der Verlust des Autos. Wie die Polizei Dortmund sagt, wird auf Handys auch überprüft, ob die Beschuldigten weitere Raser-Manöver von sich gefilmt und gespeichert haben.

Mit 240 „Sachen“ über die Kosterstraße gerast und dies auf Instagram gezeigt

Genau deshalb stand im vorigen Februar ein 24-Jähriger vor Gericht. Die Polizei war von einem Zeugen auf ein prahlerisches Instagram-Video hingewiesen worden, das zeigt, wie der Angeklagte mit 140 Kilometern pro Stunde über die Königsallee und 240 Kilometern pro Stunde über die Kosterstraße gerauscht war. 1500 Euro Geldstrafe (50 Tagessätze) und zwei Monate Fahrverbot waren die Quittung.

50 Tagessätze sind aber eine milde Strafe. Das Gesetz erlaubt eine Strafe bis zu zwei Jahren; wenn Dritte schwer oder gar tödlich verletzt werden, sogar bis zu zehn Jahren.

Die zwei jüngsten Fälle aus Bochum

Der jüngste Fall dieser Art in Bochum stammt vom 5. Juli: Nach einem mutmaßlichen Autorennen in Hamme (Darpestraße/Wattenscheider Straße) hat die Polizei die Führerscheine und Autos von zwei Bochumern (21, 25) einkassiert.

Vier Nächte zuvor war ein 20-jähriger Bochumer mit einem hochmotorisierten Chevrolet über den Westring geschossen – mit mehr als 100 km/h. An der Alleestraße konnte die Polizei, die Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet hatte, aufschließen und den Raser stellen. Die Polizei war zuvor im Bereich Südring/Rottstraße durch laute Beschleunigungsgeräusche auf ihn aufmerksam geworden.

Als „Strafe“ empfinden viele Beschuldigte aber auch den vorübergehenden Verlust ihres Autos. Das Amtsgericht entscheidet über die Herausgabe. In einem weiteren Bochumer Fall mussten zwei Männer (27, 31) die mit einem Jaguar F-Typ (494 PS) und einem Mercedes GT AMG (462 PS) mit mindestens 136 Kilometern pro Stunde über die Essener Straße gerast waren, rechts und links vorbei an fünf normal fahrenden Pkw, ein Jahr auf die Luxuswagen verzichten. „Ich habe mich von dem Fahrzeug verleiten lassen“, sagte der Jaguar-Fahrer auf der Anklagebank. „Keine schöne Sache.“

Tödlicher Raserunfall in Bochum-Werne

„Die Beschuldigten sind meist nicht älter als 30 Jahre“, sagt Polizeisprecherin Turrek. Und keineswegs sind sie immer mit besonders PS-starken und teuren Autos unterwegs.

Das trifft auch auf den Fall vom Mai 2022 zu, der tödlich ausging. Mindestens 96 Kilometer pro Stunde hatte ein damals 20-jähriger, alkoholisierter Bochumer auf der Industriestraße auf dem Tacho (erlaubt waren 50), als er mit seinem Audi A 6 gegen eine Mittelinsel und dann in einen geparkten Sattelauflieger krachte. Der Beifahrer (26) starb im Wrack. Zuvor hatte der Fahrer einen Polizisten überholt: „Vorbeigeballert wie die Wahnsinnigen“ sei der Wagen, sagte der 50-Jährige im Prozess aus. Strafe: zwei Jahre Haft auf Bewährung. Fünfeinhalb Monate hatte der Täter in U-Haft gesessen.