Bochum. Mit „Früchte der Vernunft“ meldet sich die Regisseurin Saara Turunen in den Kammerspielen zurück. Ihr erstes Stück hatte eine treue Fangemeinde.

Kurze Szenen, anrührende Geschichten, poetische Bilder: Mit „Das Gespenst der Normalität“ verzauberte Saara Turunen vor zwei Jahren im Schauspielhaus Bochum eine zwar kleine, aber überaus treue Fangemeinde, die Aufführung stand lange auf dem Spielplan. Jetzt meldet sich die finnische Regisseurin zurück: „Früchte der Vernunft“ wird am Freitag, 1. September, um 19.30 Uhr die neue Spielzeit erneut in den Kammerspielen eröffnen – und knüpft an die ganz spezielle Ästhetik des Vorgängers nahtlos an.

Schauspielhaus Bochum startet neue Spielzeit

An „Das Gespenst der Normalität“ denkt so mancher gern zurück, weil das Stück gerade in seiner Langsamkeit durchaus besonders war. Mit verschrobener Melancholie beobachtete Saara Turunen hier völlig unaufgeregt eine Gruppe von Menschen bei ganz alltäglichen Dingen, die Situationen kippten dabei oft in Surreale und Komische. „Als Zuschauer hat man genügend Zeit, um sich das in Ruhe anzusehen und die eigenen Gedanken einfach laufen zu lassen“, so beschreibt es Dramaturgin Dorothea Neweling. „Ich mag es total, wenn es auf der Bühne nicht dauernd so hektisch zugeht.“

Die finnische Autorin und Regisseurin Saara Turunen zeigt nach „Das Gespenst der Normalität“ ihre zweite Aufführung in den Kammerspielen Bochum.
Die finnische Autorin und Regisseurin Saara Turunen zeigt nach „Das Gespenst der Normalität“ ihre zweite Aufführung in den Kammerspielen Bochum. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Turunens neue Arbeit „Früchte der Vernunft“ ist der zweite Teil einer geplanten Trilogie. Die Uraufführung fand im vergangenen Jahr in Helsinki statt, für die Kammerspiele richtet die 42-jährige Regisseurin ihr Stück, das sie auch selbst schrieb, neu ein: mit neuen Schauspielern aus dem Bochumer Ensemble, aber mit demselben Bühnenbild wie in Helsinki, das dafür eigens nach Bochum gebracht wurde. „Trotzdem das Setting und die Kostüme so ähnlich sind, ist doch eine komplett andere Aufführung daraus geworden“, erzählt sie. „Einfach weil die Schauspieler so unterschiedlich sind.“

Humorvolles Kammerspiel über existenzielle Fragen

Die Inszenierung wird als humorvolles Kammerspiel über existenzielle Fragen beschrieben: mit drei Frauen, zwei Männern, einem Ei und einem Storch. Erneut gibt es mehrere Erzählstränge, die ineinanderfließen: „Einige Figuren tauchen immer wieder mal auf, sie begegnen sich und verschwinden dann wieder. Einen roten Faden gibt es nicht“, so Dorothea Neweling.

Ohne viel Text erzählt wird etwa von einer jungen Angestellten, die bislang keine Kinder bekommen hat, Schuldgefühle lasten auf ihr. „Der Druck wird immer größer, je länger die Uhr tickt“, sagt Neweling. „Zwischen Arbeit, Karriere und finanziellen Schwierigkeiten war der Platz für ein Baby noch nicht da.“ Doch plötzlich taucht ein Storch auf der Bühne auf: „Das Storchenkostüm ist richtig cool geworden“, strahlt die Regisseurin.

Zur Person: Saara Turunen

Saara Turunen wurde 1981 in Joensuu (Finnland) geboren. Sie ist Autorin und Regisseurin, ihre Arbeiten beschäftigen sich oft mit Themen wie Weiblichkeit, Identität und sozialen Normen. Ihre Romane und Theaterstücke wurden in 15 Sprachen übersetzt.

Nach „Das Gespenst der Normalität“ ist ihr neues Stück der zweite Teil einer Trilogie, die am Theater in Helsinki ihren Abschluss findet. Der dritte Teil soll in Bochum nicht mehr gezeigt werden.

Genaues Gespür fürs Timing

Die finnische Theatermacherin hat eine unverwechselbare Handschrift und ein genaues Gespür fürs Timing: Zwar mögen die Szenen wie schon beim „Gespenst der Normalität“ relativ langsam ablaufen, dafür sind sie exakt gebaut und mit viel Musik unterlegt. „Ich habe als Zuschauerin schnell gemerkt, dass ich begrenzte Bilder lieber mag“, sagt Saara Turunen. „Ich bin kein Fan von Inszenierungen, die so groß sind, dass ich ständig das Gefühl habe, etwas zu verpassen.“

Erneut arbeitet Turunen mit einem kleinen Ensemble, das gleich mehrere Rollen auf einmal spielt. Veronika Nickl und Michael Lippold waren bereits beim Vorgänger dabei, neu hinzugekommen sind Anna Drexler, Jing Xiang und Lukas von der Lühe.

Dauer: ca. 90 Minuten ohne Pause. Wieder am 2., 10. und 24. September, 1. und 25. Oktober. Karten: 0234 33 33 55 55