Bochum. Die Kulturlinie Ruhr ist quer durch Bochum gefahren. Mit an Bord der Straßenbahn 308/318: Musik, Tanz, Magie – und viele verblüffte Fahrgäste.

Da kann man schon einen leichten Schreck bekommen: An der Haltestelle Gerthe-Mitte in Bochum fährt am frühen Freitagabend die Straßenbahn 308/318 ein. Die Türen öffnen sich, und es springen hinein: ein Mann mit einer großen bunten Fahne, ein anderer mit Mikro und Lautsprecher sowie eine Zauberkünstlerin mit Kartentricks. Was mag hier bloß los sein?, mögen sich da so manche Fahrgäste etwas irritiert gefragt haben. Der Moderator klärt schnell auf: „Willkommen auf der Kulturlinie“, ruft er in die verblüfft schauende Runde.

Kulturlinie Ruhr fährt zum zweiten Mal durch Bochum

Bereits zum zweiten Mal ist die Kulturlinie Ruhr am Wochenende quer durch Bochum gefahren. Von Gerthe bis Dahlhausen und weiter nach Hattingen wurde an drei Tagen kulturell eine Menge geboten: Es gab Musik, Kunst, Magie und Performances. Einiges fand direkt in der Straßenbahn 308/18 statt, die der Kulturlinie ihren Namen gibt. Sieben bis acht kleinere Aufführungen waren dies pro Tag.

Doch auch entlang der Strecke pulsierte während der Kulturlinie das kulturelle Leben. Angekündigt waren Lesungen, Ausstellungen, Konzerte und Tanz- und Kunstperformances etwa im Bahnhof Dahlhausen, im Kunstkiez Bärendorf und im Kulturrat. Gefördert wurde die Kulturlinie Ruhr unter anderen von den Stadtwerken, der Bogestra und der Stadt.

Die Bochumer Band „The Super Fantastic Bling Boom Boys“ mit Kulturlinie-Mitorganisator Lukas Tomko am Saxophon gab am Freitagabend ein Konzert auf der KAP-Bühne im Bermudadreieck.
Die Bochumer Band „The Super Fantastic Bling Boom Boys“ mit Kulturlinie-Mitorganisator Lukas Tomko am Saxophon gab am Freitagabend ein Konzert auf der KAP-Bühne im Bermudadreieck. © FUNKE Foto Services | Marie-Christin Jacobs

Ein Reiz besteht im Überraschungseffekt: Lassen sich die „normalen“ Fahrgäste einer Straßenbahn innerhalb von wenigen Minuten von einer kulturellen Aufführung bezaubern – oder wenden sie sich schnell genervt ab? Bei der Bochumer Zauberkünstlerin Amila, die für ihren Auftritt an ungewöhnlichem Ort zwischen Gerthe und Bermudadreieck etwa 20 Minuten Zeit hat, ist dies nicht ganz eindeutig. Mit Beginn von Amilas kleiner Magieshow schauen einige Leute betreten auf den Boden oder starren angestrengt auf ihr Handy. Andere haben direkt sichtlichen Spaß an der Abwechselung.

Kartentricks versüßen die Fahrzeit in der Straßenbahn

„Ein Kartentrick? Mega!“, strahlt der junge Mann, der gemeinsam mit ein paar Freunden zum Junggesellenabschied in Richtung Herne unterwegs ist. Die Stimmung unter den Jungs war schon vorher ausgelassen, doch Amila ist Profi genug, um sie mit einigen gekonnten Kartentricks schnell in Verblüffung zu versetzen. „Alles etwas wackelig hier, aber total lustig“, sagt sie über ihren ersten Auftritt in einer Straßenbahn, die gerade mit gehörigem Tempo über den Castroper Hellweg schießt.

Amila eröffnete kleines Zaubertheater in Harpen

Die erste Kulturlinie Ruhr dauerte im vergangenen Jahr zehn Tage und wurde für die Neuauflage in diesem Sommer deutlich verkleinert: auf drei Tage. Gefördert wird das Festival als „Zukunftsprojekt“ der Stadtwerke mit insgesamt 45.000 Euro für zwei Jahre. Ob die Aktion auch im kommenden Jahr stattfinden kann, entscheidet sich nach Ende der kommenden Bewerbungsphase.

Die Bochumer Magierin Amila hat im Februar ihr eigenes Zaubertheater mit 22 Plätzen eröffnet: Im „Suite Magic Theatre“ am Harpener Feld 11 bietet sie regelmäßig Zaubershows und Close-Up-Magie an. Infos: suite-magic.de

Die Stimmung unter den Fahrgästen taut schnell auf, was auch an der launigen Moderation von Tim Lorenz liegen könnte, der das Geschehen aus dem Hintergrund mit dem Mikro kommentiert. Nach wenigen Minuten recken einige aus den hinteren Reihen interessiert ihre Hälse Richtung der Zauberei.

Konzert und Zauberei auf der KAP-Bühne

Auffällig dabei: Nur die wenigsten Zuschauer dürften extra für die Kulturlinie Ruhr zur Straßenbahn gekommen sein, die meisten sitzen durch Zufall drin. WAZ-Leserin Ursula Sademann hat von dem kleinen Festival aus der Zeitung erfahren und sich daraufhin auf den Weg nach Gerthe gemacht: „Das hat mich wirklich interessiert. Eine tolle Aktion“, sagt sie und schlägt vor, dass die Fahrten auf der Kulturlinie beim nächsten Mal gratis sein sollten. „Dann hat jeder etwas davon und niemand muss Eintritt zahlen.“

Am Bermudadreieck angekommen, ist Amilas Zauberjob an diesem Abend noch nicht beendet. Auf der KAP-Bühne wartet noch ein kurzer Auftritt auf sie, wo die junge Band „The Super Fantastic Bling Boom Boys“ bereits kräftig in die Saiten haut. Das Publikum auf dem bestens gefüllten Platz ist vom Auftritt der fünf Bochumer Jungs schwer begeistert.