Bochum. Bis 11. September reihen sich in Bochum Perlen aus Musik, Literatur und Kunst entlang der Bahnstrecke. Sogar in den Straßenbahnen ist was los.
Über die Wiesen des Schlossparks Weitmar hallte die samtige Stimme der Jazz-Sängerin Elsa Johanna Mohr. Begleitet von José Díaz de León an der Gitarre sang sie auch auf Portugiesisch. Die Liebe zum lateinamerikanischen Sound hat sie aus Brasilien mitgebracht. In Bochum versprühte sie dieses Flair betörend locker, denn noch ist Sommer.
Zwei Holzplateaus dienten als Bühnen für ein luftig-leichtes Konzert mit drei Bands und einer Bar. "Wir sind ganz zufällig vorbeigekommen, haben Musik gehört und es ist einfach nur schön und relaxed", sagte Angelika Kalb (72) aus Essen, die mit ihrem Partner auf dem Fahrrad unterwegs war.
Und es gibt so viel mehr: Das Festival Kulturlinie 308/318 läuft noch bis zum 11. September und wird vielerorts überraschen. Ja, sogar die Straßenbahn selbst ist Transportmittel und Bühne – so sorgte am Samstag das Duo Erna Blue für Kurzweil zwischen den Haltestellen Bochum Hauptbahnhof und Gerthe-Mitte, am Sonntag rockten CP & me die Bahn. Die Ziele der Linie sind Galerien, Ateliers, Dichter, Künstler, Musiker, Theatermacher und auch große Leuchttürme wie das Schauspielhaus oder das Kunstmuseum. Es ist ein Festival des Miteinanders.
Kulturlinie will Bochumer dazu anregen, den eigenen Stadtteil mal zu verlassen
Am Freitag startete die Kulturlinie 308/318 entlang ihrer Strecke von der Haltestelle Schürbankstraße in Gerthe bis hinunter nach Dahlhausen. Insgesamt können die Besucher des Festivals an 28 Orten über 100 meist kostenlose Veranstaltungen besuchen. "Es geht darum, Verbindungen zu schaffen und die Leute anzuregen, ihren Stadtteil mal zu verlassen und zu erkennen, dass man gar nicht weit fahren muss, um etwas ganz Neues zu entdecken", sagte Veranstalter Lukas Tomko.
Gemeinsam mit Partnerin Stephanie Wyrebak hat er das Festival ehrenamtlich organisiert. Als Zukunftsprojekt der Stadtwerke Bochum wurde die Kulturlinie bis jetzt mit 45.000 Euro gefördert. Als Organisation wolle "Kulturlinie.Ruhr" langfristig einen Beitrag dazu leisten, die Orte der Hochkultur mit der freien Szene zu vernetzen, schilderte Tomko weiter.
Schon am Samstag wurde spürbar, wie vielseitig die Kulturlinie ist. Während im Schlosspark das Open-Air lockte, versammelten sich in der Lindener Galerie Kretschmer Kunstinteressierte zur Vernissage "Domestic Madonna". Die Künstlerin Angela Schilling zeigt dort bis Ende Oktober ihre Arbeiten, unter anderem eine überdimensionierte Metallspinne mit Glitzersteinen – schaurig-schön.
Galeristin Bettina Kretschmer kann dem Festival viel abgewinnen: "Ich finde es einen interessanten Aspekt, so ein Kulturprojekt an die Infrastruktur anzuschließen. Die lokale Kultur und die Künstler sind schon lange unterrepräsentiert und unterschätzt." Am Abend luden die Festival-Macher in die Bakery im Kunstkiez Bärendorf ein, wo viele Besucher den Sommerabend bei Afro-Pop des Trios Sangoula ausklingen ließen.
Für die weitere Festivalzeit hebt Lukas Tomko zwei Highlights hervor: Am Mittwoch (7.9.) gibt es ab 17 Uhr im "PottCast" mit "MIRAD" die Eigenarbeiten von Schauspiel-Studierenden der Folkwang Universität der Künste zu erleben. Und kurz vor Schluss am Samstagabend (10.9.) geben sich ab 16 Uhr vier Musikacts das Mikro in die Hand auf einem Plateau beim Linden-Dahlhauser Schwimmverein.
Programm und Informationen im Netz
Das komplette Programm des Festivals Kulturlinie 308/318 steht als Download im Internet bereit unter kulturlinie.ruhr. Die Acts in der Bahn sind dort am Umriss der Bahn zu erkennen.
Dort finden sich weitere Informationen etwa zu einem Kombiticket, mit dem Besucher neben freier Fahrt während des Festivals auch 30 Prozent Ermäßigung auf ein reguläres Ticket im Schauspielhaus Bochum bekommen.