Bochum. Nach dem heimtückischen Garagenmord am Bochumer Hustadtring sollen zwei Männer vor Gericht. Es wurde Anklage erhoben. Das Tatmotiv ist unfassbar.
Es ist eines der unfassbarsten Verbrechen der vergangenen Jahre in Bochum: der Garagen-Mord vom Hustadtring. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei Männer (26, 29) erhoben, die im Mai festgenommen worden sind. Das bestätigte Richter Michael Rehaag, Sprecher des Bochumer Landgerichts, am Dienstag auf WAZ-Anfrage. Es geht um verletzte Ehre und Hass auf Deutsche.
Der Mord vom Morgen des 7. März 2023 hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Der 58-jährige Bochumer Christian N. war an diesem Dienstag um 8.12 Uhr in sein Auto gestiegen, das in einer Gemeinschaftsgarage in der Nähe seiner Hochhaus-Wohnung am Hustadtring stand. Wenige Sekunden später war er tot.
Der Telekom-Mitarbeiter hatte gerade seinen Motor gestartet, als ihn auf dem Fahrersitz mindestens fünf Schüsse aus einer Pistole mit Neun-Millimeter-Kaliber trafen – in den Rücken, in den Kopf und in den Hals. Die Geschosse drangen teilweise durch die Karosserie in den Körper. Es war wie eine Hinrichtung.
Als die Leiche am Abend desselben Tages von einem zufällig vorbeikommenden Zeugen entdeckt wurde, lief noch der Motor.
Bochumer Mordkommission leistete Schwerstarbeit
Der Fall war der Kripo monatelang ein Rätsel. Das Opfer, ein alleinstehender Mann ohne viel Sozialkontakte, war völlig unbescholten. Nicht ansatzweise war ein Tatmotiv erkennbar. Wertsachen fehlten auch nicht, nicht einmal sein Handy, obwohl es ein Leichtes gewesen wäre, es zu rauben. Die Mordkommisssion „MK Garage“ unter Leitung von Arndt Mallepree stand im Grunde vor dem Nichts und setzte eine Belohnung von 3000 Euro für entscheidende Täterhinweise aus.
Die Kripo mobilisierte alle verfügbaren Ressourcen, um den Fall doch noch zu klären. Es war eine kriminalistische Feinarbeit, die viele Beamtinnen und Beamten monatelang Tag und Nacht beanspruchte. Am Ende kamen sie den jetzt Angeschuldigten über eine Auswertung der Funkzellen am Tatort auf die Spur. Am frühen Morgen des 24. Mai wurden beide Tatverdächtige in ihren Wohnungen im Beisein ihrer Familien von einem SEK festgenommen. Seitdem sitzen sie in U-Haft. Beide sind Türken, die seit vielen Jahren in Deutschland leben.
Im Mittelpunkt der Anklage steht ein 26-jähriger Dortmunder, ein Pizza-Auslieferungsfahrer. Er ist geringfügig vorbestraft. Die Ermittlungen ergaben, dass er am 3. März mit dem später Getöteten wegen einer Verkehrsstreitigkeit (ohne Unfall) aneinandergeraten war.
Angeschuldigter beschwerte sich bei der Polizei und hinterließ so seine Handynummer
Der Bochumer soll sich über das Fahrverhalten des Dortmunders geärgert und deshalb ein Foto von ihm gemacht haben. Dies wiederum soll der Dortmunder so in Rage gebracht haben, dass er die Polizei anrief, um sich zu beschweren, weil der Bochumer das Foto nicht habe löschen wollen. Die Polizei teilte ihm aber mit, dass nur eine Veröffentlichung strafbar sei.
Noch am selben Tag, so heißt es in der Anklage, soll sich der Türke entschlossen haben, den Bochumer zu töten.
Auf nicht näher bekannte Art und Weise soll er die Wohnadresse des Bochumers ausfindig gemacht und die Örtlichkeiten am 6. März ausgekundschaftet haben. Am Morgen danach sei er dorthin zurückgekehrt, um seinem Opfer aufzulauern und es heimtückisch zu ermorden.
Auch bewaffneter Porsche-Raub wurde angeklagt
Bei der Festnahme des 26-Jährigen fand die Kripo auch die mutmaßliche Mordwaffe. Sie war geladen.
Damit soll der Mann bereits am 21. Dezember 2022 im Dortmunder Süden einen Porsche Cayenne geraubt haben. Der Fahrer (64) wurde angehalten und musste aussteigen. Zwei Schüsse wurden abgegeben, aber niemand getroffen. Ein Schuss wurde ins Handy des Porsche-Besitzers abgefeuert, das dieser zuvor abgeben musste.
Auch dieses Verbrechen wurde jetzt angeklagt.
Das Schwurgericht prüft jetzt, ob es die Anklage zulässt. Deshalb steht noch kein Prozesstermin fest.
Wie es jetzt in der Anklage von Staatsanwalt Philipp Rademacher heißt, habe der 26-Jährige mit der Tat sein Gesicht wahren wollen. Außerdem ist von Hass auf Deutsche die Rede. Er war observiert worden und dabei kam heraus, dass auch „Wut und Ablehnung“ gegen Deutsche eine Rolle gespielt haben sollen, wie Rademacher sagt. „Entsprechende Äußerungen sind deutlich vernommen und dokumentiert worden.“
Ein zweiter Angeschuldigter soll Beihilfe zum Mord geleistet haben
Der zweite Angeklagte ist ein 29-jähriger Familienvater aus Witten, ein Friseur. Er ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt, indem er den 26-Jährigen in seinem Tatentschluss bestärkt haben soll. Er habe gewusst, dass dieser die Deutschen hasse. Laut Anklage soll er von dem mutmaßlichen Mörder unmittelbar nach den Todesschüssen angerufen worden und dann mit ihm mit einem Auto geflüchtet sein.