Bochum. Der mutmaßliche Garagen-Mörder von Bochum soll sich über ein Foto geärgert haben. Es wurde aber nie gefunden. Vielleicht existiert es gar nicht.
Das angebliche Foto von einer Verkehrsstreitigkeit, über das sich der mutmaßliche Garagen-Mörder vom Bochumer Hustadtring aufgeregt haben soll, hat möglicherweise niemals existiert. Damit wäre das mutmaßliche Tatmotiv noch banaler als ohnehin schon.
Am 7. März um 8.12 Uhr wurde der 58-jährige Bochumer Christian N. in seinem Audi in einer Gemeinschaftsgarage mit fünf Schüssen in Oberkörper und Kopf getötet, unmittelbar nachdem er den Motor gestartet hatte. Dringend tatverdächtig ist ein 26-jähriger Pizza-Auslieferungsfahrer aus Dortmund. Er soll sich darüber geärgert haben, dass ihn das spätere Opfer, das ihm vorher völlig unbekannt war, bei einer Verkehrsstreitigkeit am 3. März in Dortmund fotografiert habe. Er habe das Bild nicht wie verlangt löschen wollen, so die Kripo.
Kripo hat kein Foto des Opfers vom Tatverdächtigen sichergestellt
Doch dieses Foto ist vielleicht niemals gemacht worden. Jedenfalls konnte es nach dem Mord nicht sichergestellt werden.
Wie Staatsanwalt Philipp Rademacher auf WAZ-Anfrage sagte, wurde das Handy des Opfers bei der Leiche zwar entdeckt. Aber: „Wir haben nie irgendein Foto gefunden.“ Die Kripo hat bei Untersuchungen in den Tiefen der Handytechnik auch keine gelöschte Datei dieser Art entdeckt. Nicht auszuschließen, dass der 58-Jährige bei dem Streit auf einer Straße nur so getan hat, als ob er fotografiere.
Der 26-Jährige soll jedenfalls so erbost gewesen ein, dass er bei der Polizei anrief. Dort sagte man ihm aber, dass nur eine Veröffentlichung strafbar sei, nicht allein die Aufnahme.
Schüsse waren wie eine Hinrichtung
An welchem Fahrverhalten sich der Streit entzündet hatte, ist weiterhin unbekannt, sagt Rademacher. Zu einem Unfall war es aber jedenfalls nicht gekommen.
Drei Tage später wurde der 58-Jährige getötet. Alles sieht wie eine Hinrichtung aus Rache aus. Nicht einmal das Handy des Ermordeten wurde geraubt, obwohl es ein Leichtes gewesen wäre.
Auf die Spur des 26-Jährigen (U-Haft) kam die Kripo mit Hilfe einer Funkzellenauswertung. Laut Polizei war dessen Handy sowohl zur Tatzeit als auch am Tag zuvor am Tatort eingeloggt; die Rufnummer war ja vom Beschwerdeanruf in Dortmund bekannt. Rademacher geht davon aus, dass der Mann am 6. März die Wohngegend des Bochumers erkundet und ihm am Morgen darauf aufgelauert hat, um ihn zu erschießen. Wie genau er die Adresse ausfindig gemacht hat, ist nicht sicher. Eventuell ist er ihm heimlich nachgefahren.
Porsche-Fahrer wurde brutal überfallen
Beschuldigte schweigen
Der 26-jährige Hauptbeschuldigte schweigt. Eine WAZ-Anfrage an seine Dortmunder Verteidigerin am Freitag blieb bisher ohne Reaktion.
Sein mutmaßlicher Komplize (29), ein Freund von ihm, soll ihn vom Tatort in Bochum abgeholt haben. Der Familienvater, ein Friseur, sitzt ebenfalls in U-Haft.
Mit der illegal erworbenen und besessenen Mordwaffe, zu der ein Großer Waffenschein nötig gewesen wäre, soll der 26-Jährige schon einmal geschossen haben. Es handelt sich um eine 9-Millimeter-Faustfeuerwaffe des Typs Viking. Am 21. Dezember 2022 gegen 9 Uhr soll der Mann im Dortmunder Süden, auf einem Zufahrtsweg zur Hellerstraße, einen Porsche Cayenne geraubt haben. Der Fahrer (64) wurde angehalten, mit einer Schusswaffe bedroht, musste aussteigen und dem Täter, der eine Warnweste trug, den Wagen überlassen. Zwei Schüsse wurden abgegeben, aber niemand getroffen. Ein Schuss wurde ins Handy des Porsche-Besitzers abgefeuert, das dieser zuvor abgeben musste. Wohin der andere Schuss ging, ist unklar.
Allein für so ein Verbrechen (räuberischer Angriff auf Kraftfahrer) sieht das Gesetz mindestens fünf Jahre Haft vor.
Tatverdächtiger soll deutschfeindliche Äußerungen gemacht haben
Nach Bluttat in Bochumer Hustadt- „Ängstlich ist man schon!“Der Luxuswagen wurde einige Tage später in der Nähe der Wohnung des 26-Jährigen sichergestellt. Die Schlüssel wurden bei seiner Festnahme durch ein SEK am 24. Mai in seiner Wohnung sichergestellt. Ebenso die Schusswaffe, die geladen war.
Der Mann, der geringfügig vorbestraft ist, ist Türke. Er war vor seiner Inhaftierung von der Polizei observiert worden. Dabei kam heraus, dass auch „Wut und Ablehnung“ gegen Deutsche eine Rolle gespielt haben sollen. Entsprechende „Äußerungen“, so Rademacher zur WAZ, „sind deutlich vernommen und dokumentiert worden“.