Bochum. Auf dem „Transfermarkt“ war das Schauspielhaus Bochum aktiv: Zwei Neuzugänge, eine Rückkehr und einen bedauerlichen Abschied gilt es zu melden.
Nicht nur beim Fußball, auch im Theater wird die spielfreie Zeit im Sommer gern dazu genutzt, um die Mannschaft neu aufzustellen. Das Schauspielhaus Bochum war auf dem „Transfermarkt“ in diesem Jahr überaus aktiv: Aus den Reihen des Ensembles gibt es zwei Neuzugänge, eine Rückkehr und einen bedauerlichen Abschied zu vermelden.
Die traurige Nachricht zuerst. Schauspielerin Mercy Dorcas Otieno kehrt der Königsallee den Rücken und wechselt in der neuen Spielzeit an eine andere, gleichfalls renommierte Adresse: ans Deutsche Theater Berlin. Die 37-jährige Schauspielerin aus Kenia gehörte seit Beginn der Intendanz von Johans Simons 2018 zum festen Stamm, sie spielte etwa in „Der Bus nach Dachau“ und „Peer Gynt“. Im „Hamlet“-Dauerbrenner gelang ihr neben Sandra Hüller eine kraftvolle Gertrud, auch beim Open-Air-Spaß „Hoffen und Sehnen“ mischte sie auf dem Vorplatz mit. Jetzt freut sie sich auf neue Herausforderungen.
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Drei neue Mitglieder im Ensemble des Schauspielhauses Bochum
Zurück ins Ensemble kehrt ein guter Bekannter: Oliver Möller war bereits ab 2005 unter Elmar Goerden fünf Jahre am Schauspielhaus engagiert. 2011 ging er ans Münchner Volkstheater, dem er bis 2016 angehörte. Danach arbeitete er freiberuflich – gern auch in der freien Szene. Im Prinz-Regent-Theater sieht man den 47-Jährigen als Mephisto in „Faust“ sowie in „Moby Dick“, in den Kammerspielen gibt er derweil den Meisterdetektiv im Publikumshit „Sherlock Holmes jagt Dr. Watson“. Mit der Premiere von „Die Brüder Karamasow“ Mitte Oktober feiert Möller seinen neuerlichen Einstand im Ensemble.
Zwei weitere Namen sollte man sich merken: Danai Chatzipetrou (29) studierte Schauspiel in Hannover und Physical Theatre in Madrid, sie war auf Bühnen in Hamburg und Oldenburg zu sehen. Frisch in Bochum gibt sie in „Der Struwwelpeter“ am 10. September im Theaterrevier ihr Debüt. Abenaa Prempeh (29) studierte Schauspiel und Gesang am Mozarteum in Salzburg, erste Gastengagements führten sie nach Konstanz und an die Oper Leipzig. In „Dantons Tod“ wird man sie am 2. September erstmals im Schauspielhaus sehen.
Harter Weg vom Vorsprechen zum Engagement
Auch auf einen weiteren, schon etwas älteren Neuzugang darf man sich freuen: Stacyian Jackson (34) kam vor einem Jahr vom Wiener Burgtheater nach Bochum. Aufgrund ihrer Schwangerschaft waren die Einsätze bislang überschaubar: Sie vertrat Anna Drexler in „Der große Gatsby“ und spielte in der schillernden Performance „Don’t Worry Be Yoncé“ in den Kammerspielen (wieder 15., 16. und 23. September). Von ihr wird in der kommenden Spielzeit noch zu hören sein.
Dabei ist es gerade für junge, unbekannte Schauspieler nicht leicht, an einem großen Theater wie in Bochum gehört zu werden – oder gar fest im Ensemble Fuß zu fassen. Beinahe täglich trudeln am Schauspielhaus E-Mails mit Bewerbungen ein, die vielfach von den Absolventen der Schauspielschulen verschickt werden. „Das sind einige Hundert pro Jahr“, erzählt der designierte stellvertretende Intendant Vasco Boenisch. „Den meisten müssen wir leider sofort absagen. Manche Bewerbung bewahren wir auf, falls wir doch jemanden wie diese Person suchen.“
600 Bewerbungen erreichte das Theater vor der Simons-Intendanz
Ein umfangreiches Casting erlebte das Schauspielhaus in den Jahren 2016 und 2017. Bevor Johan Simons hier Intendant wurde, suchte er ein komplett neues Ensemble mit vielen frischen Gesichtern – und der Ansturm war riesig: „Wir haben damals etwa 600 Bewerbungen gesichtet, das war wirklich eine Menge“, so Boenisch.
Schauspielerinnen wie Gina Haller, die eine schriftliche Bewerbung einreichte, und Ann Göbel seien auf diesen Weise gefunden worden: „Darauf sind wir stolz, weil das selten vorkommt.“ Auf andere wie etwa auf Anne Rietmeijer und Jing Xiang wurden die Dramaturgen aufmerksam, die zu den Absolventenvorsprechen der Schauspielschulen nicht selten kreuz und quer durch die Republik reisen.
Die Vorsprechen sind dann oft ein Nervenspiel: Hier haben die Kandidaten nur wenige Minuten Zeit, um bei der Theaterleitung Eindruck zu hinterlassen. „Vorsprechen sind immer eine seltsame Situation“, sagt Vasco Boenisch. „Man hört dann meistens einen Monolog und ein Lied und soll sich in wenigen Minuten ein präzises Bild machen, was schwer ist.“
Daher wird auf der Probebühne im Schauspielhaus oft direkt gespielt: etwa eine kleine Dialogszene. „Das ist eine gute Möglichkeit, um zu sehen, wie die Schauspieler miteinander interagieren. Da bekommt man oft mehr über die Kandidatinnen und Kandidaten heraus als bei starren Vorsprechen.“
Vorverkauf im Schauspielhaus startet am 8. August
Die neue Spielzeit beginnt am 1. September mit drei Premieren an einem Wochenende: „Früchte der Vernunft“ in den Kammerspielen, „Dantons Tod – Eine theatrale Installation“ im großen Haus und „Freaks“ im Oval Office.
Der Vorverkauf beginnt am 8. August – dann auch bereits für die Premiere von „Die Brüder Karamasow“ am 14. Oktober. Johan Simons bringt den opulenten Roman von Dostojewski als mehrstündige Inszenierung auf beide Bühnen des Schauspielhauses.