Bochum. Eine schier endlose Pechsträhne begleitete die Proben von „Moby Dick“ im Prinz-Regent-Theater Bochum. Doch das Ergebnis ist unbedingt sehenswert.

Eine gute Nachricht gleich vorweg: Die Premiere hat tatsächlich stattgefunden! Im rekordverdächtigen fünften Anlauf ist Käpt’n Ahab am Sonntagabend im Prinz-Regent-Theater mitsamt Holzbein auf den Grund des Ozeans gesunken, und der Beifall des Publikums ist euphorisch bis gerührt. Sichtlich bewegt bedankt sich Theaterleiter Hans Dreher bei seinem Ensemble, denn dass diese Aufführung wirklich noch gelingen würde, glich lange einem Zitterspiel.

Seit 30 Jahren besteht das freie Theater in Bochum-Weitmar, das längst eine der bedeutendsten Off-Bühnen in NRW geworden ist. Mit „Moby Dick“ von Hermann Melville ein Stück Weltliteratur mit vier Schauspielern auf die Bühne zu bringen, ist aber auch für dieses Haus durchaus eine Kraftanstrengung. Doch was dann während der letzten Probenwochen geschah, war tragisch.

Weitere Vorstellungen im Prinz-Regent-Theater

Neben „Moby Dick“ stehen im Prinz-Regent-Theater in dieser Woche einige spannende Aufführungen auf dem Programm: In „All das Schöne“ wird die Geschichte einer jungen Frau erzählt, die eine Liste mit all den Dingen anfertigt, die das Leben lebenswert machen. Dabei werden die Zuschauer aktiv ins muntere Spiel mit einbezogen (am Mittwoch und Donnerstag, 23. und 24. März, um 19.30 Uhr).

In „Der Reichsbürger“ (am Samstag, 26. März, um 19.30 Uhr) gelingt Schauspieler Björn Geske das eindringliche Porträt eines Mannes, der die Existenz Deutschlands ablehnt und sich in seinem eigenen kleinen „Freistaat“ eingerichtet hat. Harter, sehenswerter Stoff!

„Moby Dick“ in Bochum von endloser Pechsträhne verfolgt

Von einer schier endlosen Pechsträhne wurde die Produktion verfolgt. Es gab diverse Kranke, zwei schlimme Stürze, eine Umbesetzung, mehrere Corona-Fälle: Eine Verschiebung jagte die nächste wie Ahab den weißen Wal. Am Ende kam die Inszenierung mit über einem Monat Verspätung auf die Bühne, zwei Szenen konnten erst am Tag der Premiere zum ersten Mal geprobt werden.

So groß das Chaos hinter den Kulissen auch gewesen sein mag: Das Ergebnis ist unbedingt sehenswert. Denn dieser „Moby Dick“ gehört ohne Zweifel zu den herausragenden Produktionen, die das kleine Theater bislang hervorgebracht hat. Schnell wird klar: Hier sind echte Fans am Werk.

Nur wenige Requisiten sind nötig

Hans Dreher hat das 900-seitige Romanuniversum klug auf seinen Kern verdichtet, mit packender Härte inszeniert und zeigt nebenbei, dass die 170 Jahre alte Vorlage in ihrer Schwere, aber auch in ihrer Glaubwürdigkeit noch immer aktuell ist.

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Die Geschichte vom alten Mann und dem Meer bringt Dreher mit nur wenigen Requisiten auf die Bühne. Drei Scheinwerfer, ein paar Fässer und ein Baugerüst, mehr braucht es nicht. Dazu gibt es auf einer Leinwand liebevoll gestaltete Animationen von Patrick Praschma, die das Geschehen illustrieren, aber auch gewitzt kommentieren – und für manch eindrucksvolle Bilder sorgen. Wenn Matthias Hecht als Ahab allein in Nebel getaucht vor der großen, blau schimmernden Wand steht, das sieht schon famos aus.

Mit nur wenigen Requisiten wird die Geschichte von der Jagd auf „Moby Dick“ im Prinz-Regent-Theater erzählt.
Mit nur wenigen Requisiten wird die Geschichte von der Jagd auf „Moby Dick“ im Prinz-Regent-Theater erzählt. © Prinz-Regent-Theater | Anna Högerle

Überhaupt ist diese Besetzung ein Glücksfall: Ganz in der Tradition von Gregory Peck beherrscht Hecht jede Szene, sein alternder Seebär ist ein fanatischer Choleriker, jähzornig bis ins Mark. Die Figuren um ihn herum hat Dreher aus der Vorlage etwas zusammengebunden, wobei dem jungen Jonny Hoff die Rolle des Erzählers zufällt.

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Großes Theater, das Lust macht, mal wieder das Buch zur Hand zu nehmen

Mit Ostfriesennerz und großen Augen heuert er an Bord der Pequod an, bereit fürs große Abenteuer. An seiner Seite: ein rebellischer Steuermann, den Oliver Möller gekonnt als Hitzkopf gibt, und eine tapfere Matrosin, von Yvonne Forster mit viel Liebe, aber auch mit einigem Biss gespielt.

Wenn es etwas zu meckern gäbe, dann nur, dass die letzte halbe Stunde ein paar Kürzungen vertragen hätte. Die finale Seeschlacht zwischen Ahab und dem Wal nimmt im Prinz-Regent-Theater beinahe epische Züge an. Ansonsten: Großes Theater, das nebenbei einige Lust macht, mal wieder das Buch zur Hand zu nehmen.

Dauer: ca. zwei Stunden ohne Pause. Wieder am 29. März, 6. und 7. Mai. Karten: 0234 77 11 17.