Bochum. Grünes Shirt, Fiege-Logo, „Heute kein König“: Die „Fiege-Rebellen“ werden nicht warm mit Köpi bei Bochum Total. Die Geschichte eines Protestes.
Am Anfang stand eine Schnapsidee – das sagt der Mann, der sie hatte. Als die Macher von Bochum Total vor knapp zehn Jahren ankündigten, von 2014 an nicht mehr Fiege, sondern König Pilsener auszuschenken, da wollte Jörg Bödeker sich damit nicht anfreunden. „Ich dachte mir“, sagt der Bochumer rückblickend, „ich mach mal ein Protest-T-Shirt.“
Also: Machte er. Lief 2014 bei der KöPi-Premiere mit seiner selbstdesignten Klamotte übers Festivalgelände: flaschengrün, weiße Aufschrift „Think global. Drink Local“, dazu das Fiege-Logo – und ein Seitenhieb auf den neuen Brauerei-Partner, angelehnt an dessen Werbespruch: „Heute kein König.“
Protest-Shirts bei Bochum Total – Fiege sucht den „Fan des Jahres“
Bödeker traf offensichtlich einen Nerv. Schon bei der Shirt-Premiere sprachen ihn andere Bochum-Total-Besucher an, und die Fiege-Brauerei „fahndete“ via Facebook nach ihm: „Der Moritz-Fiege-Fan des Jahres! Wer kennt diesen Bochumer Bierkenner?“ Bödeker erzählt, dass er da erst mal einen Schrecken bekommen habe. „Ich hab ja einfach deren Logo verwendet, ohne zu fragen.“
Also fuhr er am Montag nach dem Festival zu Fiege, das T-Shirt im Gepäck. „Ich hab gesagt, ich lass euch das hier, ich möcht’ keinen Ärger.“ Es gab keinen Ärger. Stattdessen habe man ihn wissen lassen: Offiziell unterstützen könne man die Aktion natürlich nicht, aber sie werde geduldet.
„Fiege-Rebellen“ bei Bochum Total: Jahr für Jahr werden es mehr
Im nächsten Jahr, erzählt Bödeker weiter, hätten erste Freunde das Shirt auch getragen, und in der Folge zog der textile Protest immer größere Kreise. Inzwischen ist fast ein Jahrzehnt vergangen – doch die Abkehr von Fiege ist bei vielen Bochum-Total-Besuchern auch 2023 noch Thema. Längst kennt Jörg Bödeker nicht mehr alle, die in „seinem“ Shirt herumlaufen, persönlich. Seit einigen Jahren aber treffen sich die „Fiege-Rebellen“ an jedem Festivalabend um 20.15 Uhr vor dem Intershop und stellen sich zum Gruppenfoto auf.
Das Shirt landete inzwischen sogar im Museum, war Teil der Ausstellung „Revierfolklore“ des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL). „’N bisschen Angst macht mir das schon“, gesteht Bödeker, „weil’s immer größer wird.“ Es sei nie seine Absicht gewesen, Bochum-Total-Veranstalter Marcus Gloria „ans Bein zu pinkeln“, betont er. „Ich find’ großartig, was er macht.“
Das sagt der Bochum-Total-Chef zu den Protest-Shirts
Nachgefragt beim Festivalchef – fühlt er sich angegriffen? Er nehme die Shirts zur Kenntnis, sagt Marcus Gloria gelassen, will aber auch klarstellen, dass der Slogan „Heute kein König“ doch recht offensichtlich „ein Angriff auf einen unserer Hauptsponsoren ist. Der dieses Festival möglich macht. Und der, nebenbei bemerkt, auch eine Ruhrgebietsbrauerei ist“.
Die Debatte langweile ihn etwas, sagt Gloria. „Fiege und Bochum Total haben zehn Jahre zusammengearbeitet. Die zweiten zehn Jahre, wohlgemerkt, nicht die ersten“, erklärt der Veranstalter. „Zu behaupten, Fiege und Bochum Total gehörten untrennbar zusammen, ist faktisch nicht richtig.“
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Marcus Gloria: Zwischen ihm und Fiege „gibt es überhaupt kein Problem“
Überhaupt: Es gebe kein Problem zwischen ihm, seiner Firma und Fiege. „Wir haben viele gute gemeinsame Sachen“, sagt er und nennt das Kino-Open-Air, das seine Agentur Cooltour alljährlich auf dem Brauhof veranstaltet. Man habe seinerzeit gesprochen und beide Seiten hätten festgestellt, es funktioniere bei Bochum Total nicht mehr. Dabei habe zum Beispiel die Anzahl der benötigten Ausschankwagen eine Rolle gespielt, aber auch personelle und finanzielle Unterstützung.
Das wiederum sieht auch Jörg Bödeker ein. Der Bier-Wechsel sei „nachvollziehbar“, sagt er, „ich find’s aber nach wie vor schade“. Also trägt er weiter sein Protest-Shirt. Einer, der ebenfalls in Flaschengrün übers Gelände schlendert, sagt es so: Am Ende solle man die Aktion doch bitte nicht allzu bierernst nehmen.