Bochum. Für Bochum Total stellt der Rewe im Bermudadreieck Dutzende Extra-Kühlschränke auf. „Das ist Eventmanagement“, sagt Marktleiter Werner Nickel.
- Durstige Nachtschwärmer ist man im Rewe im Bochumer Bermudadreieck gewohnt
- Während Bochum Total ist der Ansturm besonders groß
- Mit Dutzenden Extra-Kühlschränken und Sicherheitspersonal rüstet sich der Markt fürs Festivalwochenende
Dieser Artikel ist originär am 4. Juli 2023 erschienen.
Ausnahmezustand kennen sie hier, durstige Kundschaft zu später Stunde auch. Seit vielen Jahren ist der Rewe im Bermudadreieck bis Mitternacht Anlaufstelle für Partygänger. Wenn Bochum Total ansteht, ist alles noch eine Nummer größer: Ansturm, Durst – und der Aufwand im Vorfeld. „Mit normaler Supermarkt-Arbeit hat das nix mehr zu tun“, sagt Marktleiter Werner Nickel. „Das ist Eventmanagement!“
1994 hat er die Leitung des Supermarkts im Bermudadreieck übernommen, 26 Jahre alt war der gelernte Einzelhandelskaufmann da, und nicht nur die Ladenöffnungszeiten waren andere als heute. „In den Anfangszeiten“, erinnert er sich, „haben wir zu Bochum Total keine extra Kühlung gehabt.“ Von Jahr zu Jahr habe er dazugelernt, nach und nach die Abläufe optimiert.
Vor Bochum Total stehen Bierdosen statt Antipasti im Kühlfach
Die Woche vor dem Festival ist durchgetaktet: Montag werden Ware und Kühlschränke geliefert – allein 30 zusätzliche Geräte. Überall, wo im Markt Platz ist, stehen am Montagmittag bereits Bier und Mischgetränke auf Europaletten – 1742 Büchsen pro Palette. Am Ende des Wochenendes werde er Dosen in einer Anzahl im „hohen fünfstelligen Bereich“ verkauft haben, sagt Marktleiter Nickel. Genauer will er nicht werden.
Am Dienstag werden die Kühlschränke aufgebaut, dann kommen auch Vertreter der Getränkehersteller und räumen mit, spätestens Mittwoch müssen „sämtliche Kühlschränke pickepackevoll“ sein, erzählt er. Auch alle anderen verfügbaren Kühltruhen im Markt werden mit Getränken gefüllt. Grillwurst, Himbeeren und Antipasti gibt’s an diesem Wochenende nicht im Rewe am Bermudadreieck. Was zählt, ist Platz für Radler und Co.
Rewe-Markt fehlen während Bochum Total die „normalen Kunden“
Den Aufwand, den er treibt, schlägt der Marktleiter auch auf den Verkaufspreis auf – „ich nehme ein bisschen mehr als sonst“, sagt Werner Nickel. 1,25 Euro plus Pfand kostet die Halbliterdose Bier oder Radler am Bochum-Total-Wochenende 2023, „dafür“, verspricht der Supermarktchef, „aber eiskalt!“ Um bis zum späten Samstagabend Nachschub sicherzustellen, hat er in zwei Kühlhäusern in der Nähe Reserven gelagert, die dann bei Bedarf in den Markt geholt und nachgelegt werden.
Die Kundenzahl am Festivalwochenende sei von Jahr zu Jahr gewachsen, erzählt der Kaufmann, ohne konkrete Werte zu nennen. Für Rekordumsätze indes fehlten die „normalen Kunden“. Fleisch? Obst und Gemüse? Kauft hier über Bochum Total niemand.
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14 Securitykräfte während Bochum Total beim Rewe im Einsatz
Der Ansturm des Partyvolks will derweil gelenkt werden: 14 Securitykräfte sind am Wochenende im Einsatz, „Sicherheit ist unheimlich wichtig“, sagt Werner Nickel. „Die der Kunden, aber auch die meiner Mitarbeiter.“
Vier Türsteher regeln allein den Einlass, schauen: Wer wirkt schon zu angetrunken, wer vielleicht aggressiv, was haben die Leute dabei? Wird’s drinnen zu voll und damit die Wartezeiten vor den Kassen zu lang, gibt’s Einlassstopp. Zwei weitere Securitys stehen in der Kassenzone, achten unter anderem darauf, dass auch wirklich keine Glasflasche das Geschäft verlässt – seit 2010 herrscht während Bochum Total Glasverbot auf dem gesamten Festivalgelände. Den Gang mit den Sekt- und Weinflaschen sperrt Nickel während des Festivals ab.
„Was glauben Sie, wo es das höchste Konfliktpotenzial gibt?“, fragt Nickel und gibt die Antwort selbst: „Am Leergutautomaten!“ Dort geht’s für die Flaschensammler, die bei Bochum Total gut zu tun haben, um Zeit und Geld – und auch dort passt ein Wachmann auf, dass alles friedlich bleibt.
Rewe in Bochum: Filialleiter packt immer selbst mit an
Seit nunmehr fast 30 Jahren ist der Chef immer auch selbst im Dienst am BoTo-Wochenende, übernimmt am Donnerstag, Freitag und Samstag die Spätschicht, „’ran müssen alle!“ Das werde gerecht eingeteilt, die studentischen Aushilfen oftmals nur für kürzere Schichten. Drei, vier Stunden an der Kasse, „das ist harte Arbeit“.
Dabei ist Trubel fürs Team ja Alltag. Wenn Bochum Total auf der Ausnahmezustand-Skala von eins bis zehn die Zehn ist, dann sei jedes Durchschnittswochenende eine Acht, sagt Nickel. Drei Securitys sind an Freitag- und Samstagabenden immer im Einsatz. „Als Marktleiter hier brauchst du Nerven wie ein Profikiller“, sagt Nickel und erzählt, dass sein Markt der einzige sei, „bei dem die Mitarbeiter zu ihrem Schutz Fake-Namen auf ihren Schildern stehen haben“. Alle außer ihm freilich: Herr Nickel ist Herr Nickel. Die Kunden kennen den langjährigen Marktleiter, und er kennt seine Kunden.
Die Kühlschränke sind am Samstagabend leer
Je älter er werde, desto anstrengender finde er selbst die Festivaltage, räumt der Marktleiter ein. Bis Mitternacht am Samstag hat der Supermarkt am Bermudadreieck geöffnet, dann wird aufgeräumt. „Wir sehen zu, dass die Kühlschränke Samstagabend leer sind.“ Ab Montag wird alles wieder abgebaut, und für den Chef startet die Vorbereitung aufs nächste Jahr.
„Ich freu mich auf Bochum Total“, sagt Werner Nickel. Kurze Pause. „Aber ich bin auch froh, wenn ich Samstagnacht den Laden abschließe.“
BO-Total-Veranstalter appellieren: Nutzt die Bierstände!
„Bochum Total ist und bleibt kostenlos“, betonen die Festivalveranstalter – und appellieren an die Besucherinnen und Besucher, das zu unterstützen. Eine der Säulen, die die Umsonst-und-Draußen-Veranstaltung ermöglichten, seien „Fans und Gäste, die darauf verzichten, Getränke und Speisen mitzubringen und sich stattdessen an unseren Ständen versorgen“.Das umfangreiche Angebot (und die enorme Nachfrage) im Supermarkt steht dem naturgemäß entgegen – und auch Werner Nickels Anspruch, während Bochum Total „erste Anlaufstelle für kalte Getränke zu einem fairen Preis“ zu sein, dürfte den Festival-Organisatoren nicht unbedingt gefallen. Bochum-Total-Chef Marcus Gloria will das Thema auf Nachfrage nicht weiter kommentieren. Werner Nickel sagt nur so viel: Man lebe miteinander, „aber wir laden uns nicht gegenseitig zum Geburtstag ein“.
Dieser Artikel ist originär am 4. Juli 2023 erschienen.