Bochum. Eine Frau führt bald das ertragreichste Unternehmen der Stadt Bochum. Sie kommt von Volkswagen und hat auch eine Bochumer „Geschichte“.
Mit einer Frau an der Spitze gehen die Stadtwerke Bochum die Energiewende an. Die bisherige VW-Managerin Elke Temme tritt Anfang 2024 die Nachfolge von Dietmar Spohn als Geschäftsführerin des neu geschaffenen Bereichs Transformation der Stadtwerke Holding an. Sie wird das städtische Tochterunternehmen dann gemeinsam mit dem kaufmännischen Geschäftsführer Frank Thiel leiten. Spohn (64) geht in den Ruhestand.
Elke Temme ist die zweite Frau in Bochum an der Spitze eines Stadtunternehmens
Im Vorfeld war gemunkelt worden, eine Frau solle diesmal den Spitzenposten übernehmen. Diese Bedingung habe es zwar, so ein Insider, nicht gegeben. Anfang des Jahres wurde die Stelle ausgeschrieben und zudem die Düsseldorfer Personalberatungsagentur LAB & Company mit der Suche beauftragt. Entscheidend sei die fachliche Qualifikation.
Nach Informationen dieser Zeitung hat es allerdings schon eine Rolle gespielt, den weiblichen Anteil auf den Chefsesseln der städtischen Unternehmen zu erhöhen. Bislang sind Frauen auf den kommunalen Manager-Posten die Ausnahme. Allein Yvonne van den Hövel-Meyer hat als Vorstandsmitglied der Sparkasse Bochum eine Spitzenposition inne.
Gebürtige Wolfsburgerin hat Erfahrung als Frau in einer Männerdomäne
Auch in der Energiebranche ist der Frauenanteil auf Chefsesseln gering, wenngleich er in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Laut einer Studie der Beratungsagentur PWC lag der Anteil weiblicher Führungskräfte in der Branche 2021 bei 19 Prozent.
Bei der VW Group Components war Temme die einzige Frau in einer Männerdomäne. Dem Tagesspiegel sagte sie damals: „Ich habe fast 20 Jahre auf männerdominiertem Terrain gearbeitet. Für mich ist das nichts Neues.“ Und, auch das mag ein Signal in die Belegschaft ihres neuen Arbeitgebers sein: „Dass jede und jeder die gleichen Chancen erhält, ist für mich selbstverständlich.“
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55-Jährige hat in Bochum bereits erste Spuren hinterlassen
Warum sich die 55-Jährige für Bochum entschieden hat, wird wohl bei ihrer offiziellen Vorstellung zur Sprache kommen, mit der sich die Stadtwerke noch Zeit lassen wollen. Einen Berührungspunkt hat es zumindest schon gegeben. Als Mercedes Lueg und Amazon im Juni 2018 in Riemke gemeinsam das „BaseCamp“ vorgestellt haben, war auch Elke Temme dabei.
Um die Transporter der Modellreihe eVito von Amazon sowie die anderen am BaseCamp stationierten E-Fahrzeuge mit Strom zu versorgen, hatte Lueg in Kooperation mit „innogy“ im Riemke 30 smarte Ladepunkte errichtet. „Mit diesem Pilotprojekt zeigen wir, dass Elektromobilität für Transportunternehmen alltagstauglich und eine umweltfreundliche Alternative zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ist“, so die Wolfsburgerin damals.
Stadtwerke schafft extra den neuen Bereich „Transformation“
In Bochum wird die erfahrene Managerin gemeinsam mit Frank Thiel an der Spitze eines der wichtigsten und des ertragreichsten städtischen Tochterunternehmens stehen, das die Wärmewende u.a. mit einem mittelfristigen Investitionspaket von etwa einer Milliarde Euro und Projekten in Zukunftsthemen wie Geothermie und Wasserstoff angehen will.
Für diese Aufgabe wurde extra das Ressort Transformation geschaffen. Es bündelt alle Geschäftsfelder und Beteiligungen der Stadtwerke Bochum, mit denen die Umsetzung der Energiewende vorangetrieben wird, so etwa die Wärmeversorgung (Fern- und Nahwärme), Projekte für Erneuerbare Energien (vor allem Photovoltaik und Windkraft), Elektromobilität, Wasserstoff, intelligente Messsysteme sowie Telekommunikation.
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Temme trat Anfang 2023 bei VW aus persönlichen Gründen kürzer
Dafür bringe Elke Temme die besten Voraussetzungen mit, wie es heißt. Anfang 2022 übernahm sie bei der Volkswagen Group Components als Leiterin den Bereich Laden & Energie und war damit für die weltweiten Aktivitäten des Konzerns im Bereich Ladeinfrastruktur und Energiedienstleistungen zuständig. Zuvor hatte sie 18 Jahre lang für das Energieunternehmen RWE/innogy gearbeitet, zuletzt als Managerin der „innogy eMobility solutions GmbH“, einer eigenständigen Gesellschaft unter dem Dach der Innogy SE. Aus „privaten Gründen“, so das Manager Magazin, hatte sie im Februar 2023 bei VW eine mehrmonatige Auszeit genommen. Es ging dabei um die Erkrankung ihres Sohnes.
Die gebürtige Wolfsburgerin ist gelernte Bankkauffrau und hat internationale Betriebswirtschaftslehre an der Universität Passau studiert. Nach ihrer ersten beruflichen Station bei der Commerzbank wechselte sie 2002 zur RWE AG.
Bochums OB Eiskirch und Vertreter der Politik loben Temmes Fähigkeiten
„Mit Elke Temme konnten wir eine Geschäftsführerin gewinnen, die eine herausragende Expertise mitbringt und ihr Können bereits in herausgehobenen Managementpositionen unter Beweis gestellt hat“, sagt Oberbürgermeister und Stadtwerke-Aufsichtsratsvorsitzender Thomas Eiskirch (SPD) über die Neubesetzung. Sie werde ihre „langjährige Erfahrung in Führungspositionen im RWE-Konzern sowie zuletzt als Leiterin des Geschäftsfelds Laden und Energie bei der Volkswagen AG nun gewinnbringend für die Stadtwerke Bochum einsetzen“
Auch aus den Reihen der Politik kommt viel Lob, gepaart mit einer großen Erwartungshaltung. „Mit Elke Temme ist uns und den Stadtwerken ein echter Glücksgriff gelungen“, so SPD-Fraktionschef Burkart Jentsch. „Sie ist eine absolute Fachfrau. Und da sie nicht aus dem eigenen Haus, dem Stadt-Konzern oder von einem anderen Energieversorger kommt, bringt sie eine neue, frische Perspektive mit und wird die Themen Energiewende und Energieversorgung mit neuem Leben füllen.“
Positiv äußert sich auch der CDU-Fraktionschef Karsten Herzlitz: „Mit der Bestellung von Elke Temme haben wir nahtlos eine Nachfolge für den langjährigen Geschäftsführer Dietmar Spohn durch eine überaus kompetente und qualifizierte Frau erreichen können.“ Herlitz’ Vorgänger als Fraktionschef, der energiepolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Haardt, sagt, Temme passe „ideal zu den Stadtwerken Bochum und den dort zu erfüllenden Aufgaben“.