Bochum. An Bochums Haupt- und Sekundarschulen gibt es immer weniger Schüler. Sie abzuschaffen wäre derzeit keine Option. Andere Lösungen liegen nahe.
Es gibt deutlich weniger Hauptschülerinnen und Hauptschüler in Bochum. Das zeigen Zahlen, die die Bezirksregierung Arnsberg auf Anfrage der WAZ nennt. Auch die Zahl der Sekundarschülerinnen und -schüler ist in den vergangenen fünf Jahren zurückgegangen, etwa um ein Viertel. Doch woran liegt das?
Generell: Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Bochum hat sich reduziert. Grund dafür sind der demografische Wandel, aber auch die zwischenzeitliche Verkürzung der Gymnasialzeit auf acht statt neun Jahre. Perspektivisch rechnet die Stadt hingegen mit einem Wachstum wegen der geburtenstarken Jahrgänge und Zuwanderung.
Mehr Schüler an den Gesamtschulen, weniger an anderen Schulen
Unabhängig davon verändert sich die Verteilung der Kinder auf die einzelnen Schulformen. An den Gesamtschulen im Stadtgebiet hat es in den vergangenen Jahren einen deutlichen Zuwachs gegeben, was auch an der Neugründung der Gesamtschule Bochum-Mitte 2018 liegt. Abgesehen davon wird die Schulform aber auch so immer beliebter. Rückläufig sind die Schülerinnen und Schüler an Gymnasien oder Realschulen, vor allem aber an den Hauptschulen.
Besuchten diese zum Schuljahr 2008/09 noch 2711 Kinder und Jugendliche, sind es im noch laufenden Schuljahr 755. Insgesamt hat sich die Zahl der Hauptschulen reduziert, gab es einst sieben in Bochum, sind es heute noch zwei.
Hauptschulen in Bochum: Wachsende Beliebtheit?
Schaut man auf die jeweiligen Anmeldezahlen, gibt es deutliche Unterschiede: Die Werner-von-Siemens-Schule in Harpen ist in den vergangenen zwei Jahren nur mit jeweils einer fünften Klasse ins neue Schuljahr gestartet. 2021/22 gab es 25 Schülerinnen und Schüler, ein Jahr später 27. Das teilt die Stadt Bochum auf Anfrage mit. Anders sieht es demnach an der Liselotte-Rauner-Schule in Wattenscheid aus, die jeweils dreizügig an den Start ging.
Auf Anfrage unserer Redaktion haben wir von der Werner-von-Siemens-Schule keine Antwort bekommen. „Wir gehen im kommenden Schuljahr von 54 bis 58 neuen Schülerinnen und Schülern in der fünften Klasse aus“, berichtet Marcel Schnürer, Rektor der Liselotte-Rauner-Schule. Generell würde die Schülerzahl steigen, was auch an vielen Anfragen von Schulwechslern liege. Hier gebe es sogar eine Warteliste. „Wenn wir mehr Räume hätten, könnten wir mehr Schülerinnen und Schüler aufnehmen“, so Schnürer.
Die Hauptschule würde sich einer wachsenden Beliebtheit erfreuen. „Wir fördern Kinder anders und holen sie an einem anderen Startpunkt ab. Dort, wo sie gerade stehen“, berichtet der Schulleiter.
Schnürer wünscht sich mehr Vertrauen in die Empfehlungen der Grundschulen, welche weiterführende Schule sich für ein Kind eignet. Er macht auch deutlich, dass es sich dabei um Momentaufnahmen handelt. Denn: Generell bestünde an der Hauptschule die Chance, alle Abschlüsse zu machen, die Schülerinnen und Schüler auch an einer Realschule machen können. Der Schulleiter betont: „Ich sehe die Hauptschule nicht als auslaufende Schulform.“
„Das Schulwahlverhalten beruht allzu oft auf Missverständnissen und Unkenntnis der gesamten schulischen Möglichkeiten“, erklärt auch Stefan Behlau, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung in NRW. Dazu gehöre auch, den Eltern nachvollziehbar und transparent die Möglichkeiten und Wege der unterschiedlichen Schulformen darzustellen.
Zehn Jahre Sekundarschule in Bochum: Schülerzahlen schwanken
Seit dem Schuljahr 2012/13 gibt es in Bochum eine weitere Schulform, die Sekundarschule. Die Schülerzahlen schwanken hier. Der Höchstwert lag 2016/17 bei insgesamt 1050, seitdem hat sich der Wert um rund ein Viertel reduziert. Die Schulen würden sich in einer Aufbau- und Etablierungsphase befinden, „die in den vergangenen Jahren durch die Corona-Pandemie erschwert wurde“, so Anna Carla Springob, Sprecherin der Bezirksregierung in Arnsberg.
Die Anmeldezahlen an Nelson-Mandela- und Rupert-Neudeck-Schule für die fünften Klassen waren in den vergangenen Jahren relativ ähnlich. Meist zweizügig gingen sie an den Start, zum Schuljahr 2021/22 gab jeweils drei fünfte Klassen.
Schulplätze, die frei bleiben, würden spätestens in den Jahrgängen sieben bis neun für Schulwechsler benötigt, erklärt Claudia Aldibas, Leiterin der Nelson-Mandela-Schule in Langendreer. „In Jahrgang neun sind wir schon mehrfach so voll gewesen, dass wir den Jahrgang teilen, also aus drei vier Klassen machen mussten.“
Kleine Schulen, persönliche Beziehungen zu Kindern und Jugendlichen
Bei den Sekundarschulen handelt es sich um Gesamtschulen ohne Oberstufe, mit den gleichen Lerninhalten und Strukturen. „Dadurch, dass wir deutlich weniger Schüler*innen haben, können wir eine sehr viel persönlichere Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen aufbauen als es in den großen Systemen mit über 1000 Schüler*innen möglich sein kann“, erklärt Aldibas.
Zur These, dass Sekundarschulen Auslaufmodelle sein könnten, sagt sie: „Dies wurde vor einigen Jahren auch für die Hauptschulen behauptet. Heute bereut man, dass man diese Schulform nicht gefördert hat.“