Bochum. Seit 2006 wurde in Bochum jede fünfte Grundschule geschlossen. Nun gibt es allerdings wieder mehr Kinder. Wie das Problem gelöst werden soll.

Jede fünfte Grundschule in Bochum ist seit dem Schuljahr 2005/06 geschlossen worden. Die Ursache: Ein kontinuierlicher Rückgang der Schülerzahlen. Seit fünf Jahren gibt es allerdings wieder deutlich mehr Kinder, die in die Grundschule kommen – Tendenz steigend. Es wird eng in den Klassen. Die Stadt Bochum sucht nach zukunftsfähigen Lösungen.

Bochum: Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit wachsender Schülerzahl

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Seit einem Jahr gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich mit der sogenannten Schulentwicklungsplanung beschäftigt. In ihr sitzen neben Mitgliedern des Schulausschusses auch Vertreter von Gewerkschaften, Schulamt, Kommunalem Integrationszentrum sowie Schulleiterinnen und Schulleitern. Damit Planungen möglichst genau sind, hat der Bildungsplaner Prof. Klaus Klemm eine Prognose für die kommenden rund 15 Jahre erstellt.

Das Ergebnis: Es wird erst einmal deutlich enger in den Grundschulklassen. Etwas was die Stadt damals nicht vorhergesehen hat. „In der Vergangenheit gab es einen kontinuierlichen Rückgang in der Altersgruppe der Sechs bis Unter-Zehn-Jährigen. Darauf wurde reagiert“, heißt es von der Stadtverwaltung in der Übersicht für die Schulentwicklungsplanung.

Besonders in Wattenscheid wurden viele Grundschulen geschlossen

Zwölf von 61 Schulstandorten wurden deshalb geschlossen. Besonders hart hat es den Stadtbezirk Wattenscheid getroffen, hier gibt es derzeit ein Viertel weniger Grundschulen als noch im Schuljahr 2005/06. Auch in der Stadtmitte wurden vier von 19 Schulen geschlossen.

Seit dem Schuljahr 2016/17 verzeichnet die Stadt wieder einen Anstieg der Grundschüler. „Gründe hierfür liegen in der Zuwanderung, aber auch darin, dass viele der umgesetzten familienpolitischen Maßnahmen zwischenzeitlich greifen“, heißt es. Und: Dieser Anstieg soll noch bis zum Schuljahr 2025/26 andauern – das geht aus der Prognose des Bildungsforschers hervor. Auch im Offenen Ganztag rechnet die Stadt mit ansteigendem Betreuungsbedarf.

Gibt es derzeit 11.505 Grundschülerinnen und -schüler, steigt die Zahl demnach auf 12.451. Auch hier fällt auf: Besonders stark wird der Anstieg in Bochum-Mitte sein – von derzeit 3389 auf 3911 Schüler. Auch in Wattenscheid sowie im Bochumer Osten und Südwesten wird es dann mehr als hundert zusätzliche Kinder in den Klassen eins bis vier geben. In den anderen Bezirken sind die Zahlen ungefähr gleichbleibend.

Deutlich wird – es muss etwas passieren. Denn schon jetzt haben Lehrkräfte und Kinder nicht selten mit extrem vollen Klassen zu kämpfen. Erstmalig hat die Schulverwaltung also für jeden der 49 Grundschulstandorte Steckbriefe erstellt, die zeigen, wie viele und wie große Klassen mit wie vielen Kindern es gibt. Bestandteil des Schulsteckbriefes war auch eine Bewertung der jeweiligen Schule nach einem Ampelsystem.

An 15 Grundschulen in Bochum besteht akuter baulicher Handlungsbedarf

Darin wurde deutlich: An 15 Schulen leuchtet die Ampel rot, es besteht akuter baulicher Handlungsbedarf – sie befinden sich alle in Bochum-Mitte, Wattenscheid sowie im Südwesten. Auch an elf weiteren Schulen muss mittelfristig etwas passieren, sie sind gelb markiert. Ganz gut sieht die Lage hingegen im Bochumer Norden, Osten und Süden aus. An einem Großteil der Schulen „besteht kein baulicher Handlungsbedarf“, so die Stadt.

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In der Vergangenheit haben durch Schulverwaltung und Zentrale Dienste bereits Begehungen der „roten“ und zweier „gelber“ Schulen stattgefunden, anschließend seien erste grobe Konzepte entwickelt und so Empfehlungen erstellt worden.

Zusammengefasst: Vorerst sollen Maßnahmen bevorzugt werden, für die keine großen Bauarbeiten notwendig sind – zum Beispiel: der Einsatz einer Raumplanungssoftware oder die Nutzung von PC- und Technikräumen als Klassenräume. Bei künftigen Bauvorhaben solle der Schulentwicklungsplan zudem berücksichtigt werden.

Priorisierungskonzept für Bauarbeiten an den Grundschulen

Schulentwicklungsplan: Wie wurde die Prognose erstellt?

Gar nicht leicht nachzuvollziehen ist das Verfahren, mit dem die Stadt die Prognosen für die Entwicklung der Grundschülerzahlen erstellt hat. Bildungsplaner Prof. Klaus Klemm hat zunächst die natürliche Bevölkerungsentwicklung analysiert – ergänzt um eine Schätzung möglicher Zuwanderungen. Das ist die Basis für die Schülerzahlenprognose, ergänzt um den Schuleintritt und den Durchlauf jedes einzelnen Jahrgangs durch das Schulsystem.

Um eine Prognose für jede Grundschule machen zu können, wurde anschließend für jeden der sechs Bezirke für die Schuljahre von 2017/18 bis 2020/21 die Verteilung der Erstklässler auf die Schulstandorte ermittelt. Der Durchschnittswert half so bei einer Schätzung der Schülerzahlen.

Für bauliche Arbeiten hat sich die Gruppe zudem ein recht umfangreiches Priorisierungskonzept überlegt. Während für fünf der Grundschulen (Arnold-, Getrudis-, Kirch-, Sonnen- und Wilbergschule) bereits – unabhängig vom Schulentwicklungsplan – die Planung stattgefunden hat, wurden die anderen Schulen sortiert. Oben auf der Liste stehen jetzt die Grundschule In der Vöde, die Vels-Heide-Schule, die Liboriusschule und die Glückaufschule.

Nachdem es in dieser Woche bereits im Schulausschuss um die Pläne der Arbeitsgruppe ging, finden in den kommenden Wochen auch Beratungen in den Bezirksvertretungen sowie in weiteren Ausschüssen und abschließend im Rat statt. Außerdem soll der Entwurf des Schulentwicklungsplans aufgestellt und dann das sogenannte Beteiligungs- und Anhörungsverfahren eingeleitet werden.