Bochum. Nach der gefeierten Premiere in Wien kommt das Büchner-Drama jetzt ins Schauspielhaus. Johan Simons zeigt das Stück an einem ungewöhnlichen Ort.

Fast genau vier Jahre ist es her, seit Intendant Johan Simons am Wiener Akadamietheater mit Georg Büchners „Woyzeck“ für einige Furore sorgte. Gleich zweimal wurde die Inszenierung mit dem renommierten Nestroy-Theaterpreis geehrt: für die beste Regie und für Steven Scharf als bester Hauptdarsteller. Viel später als zunächst geplant kommt die Aufführung jetzt ins SchauspielhausBochum, wo das tragikomische Bühnenfragment am Samstag, 15. April, seine Premiere feiert.

Auch interessant

Legendäres Drama kommt ins Schauspielhaus Bochum

Für die Verzögerung gibt es mehrere Gründe: Zunächst verhinderte der Corona-Lockdown eine frühere Übernahme aus Wien, dann kam die Elternzeit der Schauspielerin Anna Drexler hinzu. „In der Zwischenzeit hat die Welt sich auch verändert“, sagt der Dramaturg Koen Tachelet. Da lag die Idee nahe, die Aufführung von 2019 nicht bloß eins zu eins nach Bochum zu übertragen: „Wir haben alles auf den Prüfstand gestellt“, sagt Johan Simons. „Es ist ein großer Luxus, noch mal von vorn beginnen und neu proben zu können.“

„Macbeth“ mit nur drei Schauspielern

Neben der Neueinrichtung seines Wiener „Woyzeck“ arbeitet Johan Simons noch an einer zweiten Inszenierung: Shakespeares „Macbeth“ soll am Freitag, 12. Mai, im Schauspielhaus auf die Bühne kommen.

Das Besondere: Das figurenreiche Drama soll von nur drei Schauspielern gespielt werden. Neben Jens Harzer als Macbeth sind Marina Galic und Stefan Hunstein dabei.

Als Schulstoff tausendfach interpretiert, gilt „Woyzeck“ als Klassiker der deutschen Theaterliteratur. Mit der Arbeit daran begann der Dramatiker Georg Büchner Mitte 1836, eher er ein halbes Jahr später im Alter von nur 23 Jahren starb. Sein Stück blieb ein Fragment, vieles ist nur bruchstückhaft aufgeschrieben. „Unser Gedanke war, das Fragmenthafte in dem Stück unbedingt zu behalten“, erklärt Koen Tachelet. „Was wäre, wenn nicht Büchners früher Tod dafür verantwortlich war, sondern der Autor diese Entscheidung bewusst getroffen hätte?“

Woyzeck wird zum Teil einer Zirkusfamilie

Johan Simons entschied sich für ein ungewöhnliches Bühnenbild: Er verlegt die Aufführung in eine Zirkusmanege. „Das ist eine ganz eigene Welt, in der Familien oftmals über Jahrzehnte zusammenarbeiten und jeden Abend fürs Publikum ihre Nummern aufführen“, so Tachelet. „Bei uns ist Woyzeck ein Teil dieser Zirkusfamilie, bis er in seinem Leben an einem Punkt ankommt, an dem er die ganze Welt hinterfragt und alles von Grund auf ändern will.“

Szene aus „Woyzeck“ mit (von links) Lukas von der Lühe, Guy Clemens, Steven Scharf, Anna Drexler und Jordy Vogelzang.
Szene aus „Woyzeck“ mit (von links) Lukas von der Lühe, Guy Clemens, Steven Scharf, Anna Drexler und Jordy Vogelzang. © Jörg Brüggemann / OSTKREUZ

Franz Woyzeck ist Soldat, Barbier und Diener eines ominösen Hauptmanns – vor allem aber ist er eine geschundene Existenz. Ein fanatischer Doktor missbraucht ihn für fragwürdige Experimente. So wird er gezwungen, ausschließlich Erbsen zu essen. „Er hört immer wieder Stimmen, er hört das Gras und die Tiere sprechen und zeigt deutliche Anzeichen von Verrücktheit“, sagt Tachelet.

Auch interessant

Steven Scharf spielt Woyzeck in Bochum

Im Schauspielhaus stellt sich Steven Scharf dieser schweren, aber auch dankbaren Rolle. Scharf bewies zuletzt in „Alkestis“ und „Ödipus, Herrscher“ sein Talent für schillernde, kräftige Auftritte. „Mit seinem großen Körper ist er auf der Bühne physisch enorm präsent, gleichzeitig ist er aber auch ungeheuer verletzlich“, lobt Koen Tachelet.

Als Woyzecks tragische Liebe Marie ist Anna Drexler zu sehen, den Tambourmajor spielt Guy Clemens. Beide waren auch in Wien dabei. Martin Horn (als Doktor), Jordy Vogelzang und Lukas von der Lühe rücken neu ins Ensemble. Dramaturg Koen Tachelet verspricht eine Aufführung, die bei aller Tragik auch eine Menge Leichtigkeit und Humor behalten habe: „Das Stück hat durchaus Witz. Und Büchners Sprache ist wahnsinnig schön.“

Dauer: ca. eine Stunde und 35 Minuten ohne Pause. Premiere am Samstag, 15. April, um 19.30 Uhr im Schauspielhaus. Wieder am 16., 28. und 29. April sowie 20. und 31. Mai. Karten: 0234 3333 5555.