Bochum. In einer WG in Bochum-Langendreer leben seit vier Monaten Demenz-Erkrankte zusammen. Das klappt, es habe aber Anlaufschwierigkeiten gegeben.
Am Ümminger See in Langendreer wohnen seit Anfang Dezember jeweils zwölf demenziell erkrankte Personen auf zwei Etagen. Die Demenz-WG hat die Diakonie Ruhr Ende des vergangenen Jahres eröffnet.
In dem Neubau hat jeder Bewohner sein eigenes Zimmer mit Badezimmer. In der Mitte befindet sich ein großer Gemeinschaftsraum mit offener Wohnküche und einer Fernsehecke. Diese Art des Zusammenlebens bietet Vorteile. „Wir haben hier viel mehr Zeit, um auf die Bewohner einzugehen“, sagt der examinierte Pfleger Helmut Bock. Auf jeder Etage stehen den Bewohnern meist zwei Betreuungskräfte und eine Pflegekraft zur Verfügung.
Zimmer können in der Bochumer Demenz-WG selbst eingerichtet werden
Zum Einzug bekommt jeder Bewohner ein leeres Zimmer übergeben. Das könne, gemeinsam mit den Angehörigen, gestaltet werden. Unterschiede zu einem Seniorenheim gibt es auch zum Beispiel in der Pflege. Zum Einzug wird mit den Angehörigen besprochen, welche Pflegeleistungen von dem Personal übernommen werden. „Manche Angehörigen übernehmen einen Teil der Pflege selbst“, sagt Melanie Desens, Bereichs- und Pflegedienstleiterin.
Täglich werden in der Wohngemeinschaft Aktivitäten angeboten. Generell seien die Bewohner aber frei in der Gestaltung ihres Tagesablaufs. Wann sie beispielsweise aufstehen oder essen wollen, können sie selbst entscheiden. Dennoch werde oft zeitgleich mit allen im Gemeinschaftsraum gegessen.
Voraussetzungen für den Einzug in die WG
Um in die Demenz-Wohngemeinschaft einziehen zu können, müssen die Bewohner verschiedene Voraussetzungen erfüllen. „Sie müssen mindestens Pflegegrad zwei haben und eine demenzielle Veränderung vorweisen. Aber auch in den Bereichen der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten sowie bei Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen müssen die Bewohner Einschränkungen haben“, erklärt Melanie Desens, die Bereichs- und Pflegedienstleiterin der Diakonie Ruhr.
Angehörige von Demenz-Erkrankten sowie Interessierte können sich an Melanie Desens telefonisch unter der 0234/9142466 oder per E-Mail an melanie.desens@diakonie-ruhr.de melden.
Auch Betreuungskraft Frosina Leidgebel ist von dem Konzept überzeugt: „Das Schöne ist, dass die Bewohner hier auch viel mithelfen können.“ Beispielsweise können die Mieter immer mitkochen. Auch am Kühlschrank können sie sich selbstständig bedienen. „Hier gehört alles auch den Bewohnern“, erklärt Desens.
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Nach Anlaufschwierigkeiten: Bochumer WG-Leben hat sich gut entwickelt
Nach leichten Anlaufschwierigkeiten habe sich das Zusammenleben in der Wohngemeinschaft gut entwickelt. Zu Beginn habe es immer wieder kleinere Konflikte gegeben. Viele der Bewohner haben vor ihrem Einzug alleine oder mit ihrem Partner zusammengewohnt. Jetzt wieder in einer Wohngemeinschaft, wie sie vor allem bei Studierenden beliebt ist, zu wohnen, kann Konfliktpotenzial mit sich bringen. Desens hat aber das Gefühl, dass sich das nach den ersten vier Monaten gebessert habe: „Gerade bei den Demenz-Erkrankten merken wir, dass sie sehr viel Verständnis für die anderen haben, wenn wir die Situation erklären.“
Neben der Diakonie Ruhr, die in Bochum-Weitmar eine weitere Demenz-Wohngemeinschaft hat, bietet die Familien- und Krankenpflege Bochum zwei Wohnanlagen für Demenz-Erkrankte an. In Riemke und Altenbochum gibt es in der „Villa Moritz“ und „Villa Goy“ solche Einrichtungen.
Drei Fragen an die Bereichs- und Pflegedienstleiterin Melanie Desens
Was ist das Besondere für Sie in der Demenz-WG?
Die Besonderheit ist, dass die Menschen hier selbstbestimmt leben dürfen. Sie können beispielsweise ihre Aufsteh- und Zubettgehzeit selbst wählen. Wir können hier mit der Personalsituation auch ganz anders auf die Menschen eingehen, wenn ein Bewohner zum Beispiel nachts wach wird. Da kochen wir manchmal einfach einen Pudding und sitzen dann im Gemeinschaftsraum zusammen und essen den.“
Welche Rolle nehmen die Pfleger und Betreuer in der Wohngemeinschaft ein?
Wir unterscheiden zwischen Pflege- und Betreuungspersonal. Es ist aber unabhängig von der Qualifikation, dass wir alle der Versorger, Kümmerer und die stabilen Säulen für die Bewohner sind, um alltagspraktische Dinge zu erleben und durch den Tag zu kommen. Das Personal ist hier quasi zu Besuch und bestreitet gemeinsam mit den Bewohnern den Alltag und unterstützt sie da, wo es notwendig ist.
Die ersten vier Monate seit der Eröffnung der Demenz-WG am Ümminger See sind um. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Es war eine sehr dynamische und emotionale Zeit. Wir sind kurz vor Weihnachten hier eingezogen und das hat sich schon bemerkbar gemacht. Es ist uns aber sehr gut gelungen, die Mieter in der Gemeinschaft zu integrieren. Das ein oder andere hätte sicherlich besser laufen können, gerade beim Bau, aber da haben wir uns gut zu helfen gewusst, als beispielsweise in der ersten Woche die Heizungsanlage ausgefallen ist. Aber ich schaue sehr wohlwollend auf die Zeit zurück, weil ich den Eindruck habe, dass die Menschen, die hier eingezogen sind, auch angekommen sind.