Bochum. Bis zu 310 Wohnungen könnten in Bochum-Weitmar entstehen. Die Politik ist dafür. Anwohner fürchten einen Hitzehotspot und eine Trabantenstadt.

Einen Schritt weiter ist die geplante Bebauung auf einem 3,7 Hektar großen Gebiet an der Schlossstraße in Bochum-Weitmar. Die Bezirksvertretung Südwest hat – mit Auflagen – der Auslegung des veränderten Bebauungsplans Nr. 964 zugestimmt. Anwohner zeigen sich darüber enttäuscht. Sie sprechen von einer „Maximalverdichtung“ und warnen vor Folgen vor allem für den Verkehr im künftigen Quartier und an der Hattinger Straße sowie für das Mikroklima. Es drohe ein weiterer Hitzehotspot, weil viel zu viel Freifläche versiegelt werde, so Kai Krämer von der „Initiative Schloßpark“.

Bis zu 310 Wohnungen sollen im neuen Quartier entstehen

Maximal 310 Wohnungen – im Durchschnitt 85 Quadratmeter groß – in bis zu fünfgeschossigen Häusern sollen auf dem Areal entstehen. Geplant sind außerdem eine Kita und eine Mobilstation für Leih- und Lastenräder. Ein Großteil der Fläche gehört der Stiftung Situation Kunst, die mit der Verpachtung ihre Museumstätigkeit u.a. im Museum unter Tage finanziell absichern will. Einen kleineren Teil, auf dem ein früherer städtischer Betriebshof und die Trauerhalle des Friedhofs Weitmar stehen, will die Stadt an den Bauträger verkaufen. Investor ist die Essener Eckehard Adams Wohnungsbau GmbH, die 2019 als Sieger aus einem städtebaulichen Wettbewerb hervorgegangen ist.

Aus vier Teilquartieren, jedes mit einer eigenen Tiefgarage, besteht das Planungsgebiet. Erschlossen wird es über eine Ringstraße. Deren einziger Zugang liegt an der Kreuzung der Hattinger Straße mit der Schlossstraße, die, so Klaus Kleine vom Planungsamt, das Rückgrat des Plangebiets bilde.

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Begrünung und Photovoltaikanlagen auf den Dächern

Aus Sicht von Politik und Kritikern gleichermaßen ist dieser Flaschenhals einer der neuralgischen Punkte des Projekts. Die Bezirksvertretung empfiehlt eine Aktualisierung des Verkehrskonzepts, das bislang u.a. die Auswirkungen des künftigen Betriebs der neuen Feuerwache und des nahen Betriebshofs der Bogestra nicht berücksichtigt habe. Auch die Parkplatzsituation könnte zum Problem werden. Je Wohnung werde es einen Tiefgaragenplatz geben, heißt es. Darüber seien Stellplätze für Besucher vorgesehen.

Bäume werden für das Bauprojekt weichen müssen. „Aber wir haben uns außerordentlich bemüht, eine ganze Menge Bäume zu erhalten“, so Klaus Kleine vom Planungsamt. Der ökologische Anspruch der Siedlung werde unterstrichen durch die Begrünung aller Dächer, die zudem Photovoltaikanlagen (PV) erhalten. Regenwasser werde über einen offenen Graben abgeleitet. Beheizt werden sollen die Gebäude – Stand jetzt – mit Wärmepumpen und über die PV-Anlagen.

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Anwohnerin spricht von einer „Trabantenstadt“

“Alles gut und schön“, sagen die Anwohner. Aber die Pläne seien eine extreme Belastung für den Stadtteil. „Eine Trabantenstadt am Schloßpark möchte niemand“, sagt Brigitte Giese, die als stellvertretendes Mitglied dem Naturschutzbeirat angehört. Sie verweist auf die nach ihrer Ansicht zu enge Bebauung im Dichterviertel an der Wielandstraße und befürchtet Gleiches nun auch in Weitmar.

Dass noch 2020 auch in der Politik davon die Rede war, statt der ursprünglich geplanten 270 Wohnungen 50 weniger zu bauen, „droht unter zu gehen“, sagt Kai Krämer von der „Initiative Schloßpark“. Er betont, dass es nicht darum gehe das gesamte Projekt zu verhindern. „Wir sind keine Totalverweigerer.“ Vorstellbar wäre es aus Sicht der Initiative, 150 bis 200 Wohnungen zu bauen. Der Vorschlag: Die Stadt verzichtet auf den Verkauf ihres Areals und würde so zu einer geringeren Bebauung beitragen, so Krämer bei seiner Stellungnahme in der Bezirksvertretung. In jedem Fall sei es ratsam, erst das Ergebnis der laufenden Prüfung des Handlungskonzepts Wohnen abzuwarten.

Bürgermeister setzt auf viele große Wohnungen für Familien

Nachvollziehbar sind aus Sicht von Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) zum Teil die Bedenken der Anwohner. „Ich habe bei 310 Wohnungen auch erst Schluckbeschwerden gekriegt“, räumt er ein. Aber ein Verzicht auf den Verkauf des städtischen Geländes komme nicht in Betracht. Von Anfang an sei es Wunsch der Bezirksvertretung gewesen, Geschosswohnungsbau vorzunehmen und so die Fläche maximal auszunutzen, „vor allem viele große Wohnungen für Kinder mit Familien“ zu schaffen. Sein Versprechen lautet: „Ich werde alles daran setzen, die Beschlüsse der Bezirksvertretung hinterher maximal umgesetzt zu kriegen, das bedeutet möglichst viele große Wohnungen, also weniger kleine Wohnungen und weniger Wohneinheiten.“