Bochum. Eines der einst spektakulärsten Gebäude Bochums erlebt seinen dritten Frühling. Nach Hotel und Apartmenthaus ist es jetzt ein Bürogebäude.

Es war mal eines der spektakulärsten Gebäude in Bochum, zuletzt allerdings eher ein hässliches Entlein. Es war ein Hotel, ein Apartmenthaus. Und jetzt beginnt das dritte Leben des Lohring-Hochhauses an der Ecke Wittener Straße/Lohring.

2018 musste das Hochhaus wegen Brandschutzmängeln geräumt werden

„Milestone“ hat der neue Eigner es genannt. Meilenstein. Als Büroimmobilie soll das zwölfgeschossige Gebäude, das im Sommer 2018 mit seinen etwa 90 Wohnungen wegen Brandschutzmängeln komplett geräumt werden musste, neue Maßstäbe setzen.

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Schick sieht es an der Ecke Wittener Straße/Lohring wieder aus – innen und außen.
Schick sieht es an der Ecke Wittener Straße/Lohring wieder aus – innen und außen. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Noch wirkt Isabella Klein ein wenig verloren hinter der Empfangstheke im Erdgeschoss. Aber wenn demnächst das Mobiliar für das Cafe 87 (die Hausnummer) geliefert wird und eine Tagesmutter die ersten Kinder betreut, soll schon am Fuß des Hochhauses sichtbar werden, welche Idee Dennis Cholewa (36) im Kopf hatte, als er das Gebäude gekauft hat: Arbeit und Leben sollen hier mehr miteinander möglich sein, als das in klassischen Bürogebäuden üblich ist. Mit einem Fitnesscenter, das alle, etwa 250 bis 300 Beschäftigte im Haus rund um die Uhr, 24/7 wie es im Neudeutschen heißt, nutzen können, mit Duschen für die Sporttreibenden und Radfahrer, mit einer Lounge in der zwölften Etage, die ebenso rund um die Uhr genutzt werden kann – inklusive atemberaubendem Ausblick auf Bochum und alles, was drumherum ist.

Vier Etagen bezieht Eigner Cholewa mit seiner DGC-Gruppe

Vier Millionen DM hat der Bau in den 1960er Jahren gekostet

Der Bochumer Architekt Heinz Jentzsch hat das zwölfstöckige Hochhaus mit seinen Anbauten entworfen. Bauherr war der Bochumer Geschäftsmann Klaus Schweinsberg. Für vier Millionen DM entstand damals eines der modernsten Häuser der Stadt.

Zunächst gab es außer dem Hotel noch etliche Appartements und Büros. 1984 wurde das Hotel geschlossen. In dem Gebäude befanden sich später bis zu 100 Appartements.

Im Juni 2018 hat die Stadt alle Hochhaus wegen Brandschutzmängeln räumen lassen. Alle Mieter mussten binnen weniger Tage ausziehen.

Dazwischen hat Cholewa zumindest für seine Firmen der DGC-Gruppe auf den Etagen acht bis elf die Arbeitswelt zwar nicht neu erdacht, aber doch modern interpretiert. Mit lichtdurchfluteten Büros, mit individuellen Themenräumen, die Bermuda, Büdchen und Ruhrwiese heißen, mit einem Hauch von Industriedesign und mit Küchen in den unterschiedlich gestalteten Stockwerken. Ein Gegenentwurf zur tristen, rein funktionalen Bürowelt vergangener Tage.

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Die Ruhrwiese. In diesem Besprechungsraum lässt sich sitzen und schaukeln.
Die Ruhrwiese. In diesem Besprechungsraum lässt sich sitzen und schaukeln. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Von dem sich Gäste anstecken lassen. „Einige wollen zum Beispiel unbedingt in der Ruhrwiese in den Schaukeln sitzen“, so Cholewa. Anzugträger, die rund um einen Tisch auf grünen Stühlen Platz nehmen, die unter der Decke hängen und gemächliches Schaukeln ermöglichen. Schöne neue Arbeitswelt.

Gebäude dient auch als Referenzobjekt für möglich andere Projekte

„Wir bieten weiterhin auch die Möglichkeit zum Homeoffice“, sagt der Immobilienentwickler und gebürtige Bochumer. Viel Gebrauch werde davon aber nicht mehr gemacht. Im Oktober ist die DGC-Gruppe ins neue Hauptquartier eingezogen. „Und wir fühlen uns hier richtig wohl“, so Prokurist Tim Rösener. Dass die Arbeitswelt zu wohlig, dass sie ablenken könnte von effektivem Tun, können die beiden Führungskräfte nicht feststellen. Eher das Gegenteil sei der Fall.

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Das „Bermuda“ in der elften Etage. Hier können die DGC-Mitarbeiter sich treffen, kochen, chillen – und bei auch arbeiten.
Das „Bermuda“ in der elften Etage. Hier können die DGC-Mitarbeiter sich treffen, kochen, chillen – und bei auch arbeiten. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Indes hat die 17,5 Millionen-Euro-Investition des Unternehmens noch eine zweite Funktion. „Sie dient auch als Referenzfläche“, so Cholewa. Wenn Geschäftspartner, Bänker und Investoren die unterschiedlich gestalteten, mit vielen individuellen Details versehenen Etagen besichtigen, würden sie einen Eindruck von Kreativität und Kompetenz der Gruppe bekommen, die Neubauten und Umbauten plant und durchführt.

Umbau ist in wenigen Wochen komplett abgeschlossen

Wobei die Aufgabe, das Mitte der 1960er Jahre gebaute und knapp 60 Jahre später ziemlich im Mitleidenschaft gezogene Gebäude wieder auf Vordermann zu bringen, keine einfache war. „Es ist zwar nicht unser größtes Projekt gewesen“, sagt der Eigentümer. „Aber es war das herausforderndste.“

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Und jetzt ist der Umbau, der im Januar 2022 begonnen hat, auf der Zielgeraden. Auf drei Etagen laufen noch Restarbeiten. Deshalb sind die Aufzüge, an deren Videowänden schon Zeitrafferfilme von Planung und Umbau des Gebäudes zu sehen waren, momentan wieder mit Folie ausgekleidet. Die Wände sollen keinen Schaden nehmen.

Drei Unternehmen haben sich eingemietet

Drei Unternehmen haben sich eingemietet: Auf den Etagen eins und zwei ist „Work Inn“ eingezogen. Der Co-Working-Space-Anbieter hat bereits 1200 Quadratmeter Bürofläche an der Viktoriastraße angemietet und hat nun einen zweiten Standort in Bochum eröffnet. Mit insgesamt zehn Standorten ist er der größte Anbieter im Ruhrgebiet für gemeinsame Büroflächen unterschiedlicher Nutzer. Auf den Etagen drei bis sechs ist „Territory Embrace“ zu Hause. Das Unternehmen wurde einst unter dem Label „ausbildung.de“ bekannt und hat seinen bisherigen Standort im Lueg-Hochhaus im Bermudadreieck aufgegeben. In die siebte Etage wird der Felten Personalservice einziehen. Mit mehr als 1500 Pflegekräften ist er nach eigenen Angaben die größte Zeitarbeitsfirma für Pflege in NRW und das einzige Familienunternehmen in der Branche.