Bochum-Langendreer. Das Festival „Stranger than Fiction“ bietet in Bochum einen Strauß aus heiteren und tragischen Geschichten. Die Filmemacher sind oft mit dabei.
Es geht um Schmetterlinge, um die politische Lage in Chile, um ein Seenot-Rettungsschiff auf dem Mittelmeer – und um den Massenmord im Dritten Reich: Die Themen, die beim Dokumentarfilmfestival „Stranger Than Fiction“ verhandelt werden, sind grenzenlos und nicht selten von bitterer Dringlichkeit. Am Freitag, 27. Januar, startet das renommierte Filmfest bereits zum 25. Mal in zehn Arthaus-Kinos in ganz NRW. Mit dabei ist erneut das Kino Endstation im Bahnhof Langendreer in Bochum.
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Filmfestival startet in Bochum
Sechs Dokumentarfilme, die definitiv einen Blick lohnen, werden in den kommenden Tagen am Wallbaumweg 108 gezeigt. Bei einigen Beiträgen sind die Filmemacher selber zu Gast und stehen im Anschluss an die Vorstellung für ein Filmgespräch zur Verfügung.
Ein Schulleiter geht neue Wege
In eine Schule in North Belfast blickt der Dokumentarfilm „Young Plato“ am Montag, 30. Januar, um 18 Uhr. Dort werden Streitigkeiten auf dem Pausenhof am Philosophie-Brett gelöst, wo die Jugendlichen lernen, selbstständig zu denken und zu argumentieren. Schulleiter Kevin McArevey, ein bekennender Fan von Elvis Presley, geht neue Wege. Er verändert die Schule und die ganze Gemeinschaft.
Das komplette Programm des Filmfestivals gibt es unter endstation-kino.de
Die toten Vögel sind oben
Den Auftakt macht am Freitag, 27. Januar, um 18 Uhr die Doku „Die toten Vögel sind oben“. Regisseurin Sönje Storm entdeckt darin den verblüffenden Nachlass des Bauern Jürgen Friedrich Mahrt (1882-1940), der ihr Urgroßvater war. Im Ersten Weltkrieg wurde er in der Luftaufklärung zum Fotografen ausgebildet. Was kaum jemand wusste: Mahrt sammelte daheim über 350 ausgestopfte Vögel, 3000 Schmetterlinge, Pilze und Käfer. „Die Sammlung ist dokumentarisch, obsessiv und poetisch, ein gewisser Wahnsinn“, sagt die Regisseurin. „Wer nimmt sich so viel Zeit, was war in diesem Kopf los?“ Sönje Storm ist anwesend.
My Imaginary Country
Erschütternde Aufnahmen von den Protesten in Chile zeigt Dokumentarfilmer Patricio Guzman in „My Imaginary Country“. Eineinhalb Millionen Menschen zog es Ende 2019 auf die Straßen von Santiago de Chile. Sie demonstrierten für Gerechtigkeit, Bildung, Gesundheitsversorgung und eine neue Verfassung. In seinem Film stellt er eindrucksvoll eine Verbindung zwischen der komplizierten und blutigen Geschichte Chiles mit den aktuellen Bewegungen her (am Samstag, 28. Januar, um 18 Uhr. Kein Filmgespräch).
Nichts Neues
Gemeinsam mit dem Festival „Blicke“ wird am Sonntag, 29. Januar, um 18 Uhr erneut der Dokumentarfilm „Nichts Neues“ von Lennart Hüper gezeigt, der auch selber dabei ist. Hautnah begleitete Hüper die Crew des Seenotrettungsschiffes Lifeline, die monatelang im Hafen von Malta ausharren musste. Dem Kapitän wird vor Ort der Prozess gemacht, nachdem seine Mannschaft Hunderte geflüchteter Menschen vor dem Ertrinken rettete. Der Film zeigt die Besatzung während der quälend langen Zeit des Festsitzens und des Wartens auf ein hoffentlich erlösendes Urteil. „Nichts Neues“ also.
Fritz Bauers Erbe
Die Geschichte des Generalstaatsanwalts Fritz Bauer (1903-1968), zu dessen Ehren an der Feldmark in Bochum gerade ein eigenes Forum errichtet wird, erzählt der Film „Fritz Bauers Erben – Gerechtigkeit verjährt nicht“ am Dienstag, 31. Januar, um 18 Uhr. Bauer war eine zentrale Figur bei den Frankfurter Auschwitz-Prozessen 1963, bei denen zum ersten Mal der systematische Massenmord in den Konzentrationslagern vor Gericht gebracht wurden. Doch schon damals kam es, trotz umfassender Erkenntnisse, nicht zu einer Prozessflut. Der Film ist eine faszinierende Geschichte darüber, wie die Gerechtigkeit ihren Weg in die deutschen Gerichte fand. Ein Filmgespräch ist geplant.
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Ithaka
Der Film „Ithaka“ begleitet den 76-jährigen pensionierten Bauunternehmer John Shipton bei der unermüdlichen Kampagne zur Rettung seines Sohnes: WikiLeaks-Gründer Julian Assange. Im Falle einer Auslieferung an die USA droht ihm eine Strafe von 175 Jahren… Am Mittwoch, 1. Februar, um 18 Uhr. Kein Filmgespräch.