Bochum. Beim renommierten Berliner Theatertreffen ist das Schauspielhaus Bochum gleich doppelt vertreten. Intendant Johan Simons kommen die Tränen.
Doppelwumms im Schauspielhaus Bochum: Mit gleich zwei Inszenierungen ist das Theater in diesem Jahr beim Berliner Theatertreffen dabei. Dies gab die Jury des renommierten Wettstreits am Donnerstag in der Hauptstadt bekannt – und die Freude an der Königsallee ist riesig: „Mir stehen Tränen in den Augen. Ist das kitschig?“, sagt Intendant Johan Simons.
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Schauspielhaus Bochum fährt wieder zum Berliner Theatertreffen
Zum wichtigsten deutschsprachigen Bühnentreffen eingeladen werden in jedem Frühjahr zehn herausragende Inszenierungen, die aus 33 vorgeschlagenen Aufführungen ausgewählt werden. Worauf zuvor wohl kaum jemand gewettet hätte: Bochum ist in Berlin diesmal doppelt vertreten – mit „Kinder der Sonne“ und „Der Bus nach Dachau“.
Nach „Hamlet“ (2020) und „Das neue Leben“ (2022) sind dies bereits die Einladungen drei und vier, die Simons während seiner mittlerweile vierjährigen Bochumer Intendanz sammeln kann. Zuvor war das Bochumer Schauspielhaus 20 Jahre lang nicht in Berlin dabei. Dass ein Theater mit gleich zwei Stücken eingeladen wird, passiert selten, kommt aber gelegentlich vor: 2012 gelang der Berliner Volksbühne sogar der Hattrick mit drei Einladungen.
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Intendant Johan Simons erreicht die Nachricht in Leipzig
Am Schauspielhaus dürften bei der Verkündung der Jury am Donnerstagmittag die Korken geknallt haben. Intendant Johan Simons erreichte die frohe Nachricht in Leipzig, wo er gerade in den Proben für „Der Würgeengel“ mit Sandra Hüller steckt (Premiere am 3. März im Schauspielhaus). „Ich bin emotional so mitgerissen“, sagt er. „Vor allem auch, weil es diese beiden Inszenierungen auf ganz besondere Weise verdient haben.“
„Kinder der Sonne“ in der Regie von Mateja Koležnik entwickelt sich am Schauspielhaus zu einem stattlichen Renner, die Vorstellungen sind überaus gut besucht. Direkt nach „Alkestis“ war die stürmisch umjubelte Premiere im Oktober für viele ein weiterer Fingerzeig in Richtung eines merklich leichteren, publikumswirksameren Spielplans, den manche enttäuschte Abonnenten während der Simons-Intendanz zuvor schmerzlich (und teils lautstark) vermisst hatten.
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Erinnerungen an die goldene Ära von Andrea Breth
Das Gorki-Drama besticht durch exzellente Darsteller, ein herrlich altmodisches Bühnenbild und eine fast schon aus der Mode geglaubte, behäbige, aber subtile Erzählweise. Erinnerungen an die goldene Ära von Andrea Breth Ende der 1980er Jahre an der Königsallee wurden plötzlich wach. Das wundervoll gespielte Drama packt die Zuschauer ebenso wie die Fachjury, die das „psychologisch genaue Spiel des bis in die kleinsten Rollen perfekt besetzten Ensembles“ lobt. Die nächsten Vorstellungen sind am 31. Januar, 11./24. Februar und 19./25. März.
Die größere Überraschung für die Einladung zum Theatertreffen dürfte „Der Bus nach Dachau“ sein. Die Premiere im November in den Kammerspielen war mäßig besucht und wurde eher verhalten besprochen. Und doch gelang dem niederländischen Regiekollektiv De Warme Winkel ein Theaterabend, der eine Weile in Erinnerung blieb. Aus ganz verschiedenen Blickrichtungen widmen sich die Theatermacher darin so verspielt wie ernsthaft dem Grauen im KZ Dachau.
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Jury sieht ein „riskantes Experiment“
Die Jury nennt es in ihrem Statement ein „riskantes Experiment“: „De Warme Winkel und Ensemble erproben unterschiedlichste ästhetische Mittel, schrecken weder vor Snapchat noch Partizipation zurück und setzen ihr Publikum einem Wechselbad der Emotionen aus.“ Wieder am 24. Februar, 19., 25. und 26. März.