Bochum. Die Bochumer Ratsparteien bereiten sich auf ein Politik-Jahr ohne Wahlkampf vor. Welche Themenschwerpunkte jetzt in den Fokus rücken.

Auf die Corona-Krise folgte im letzten Jahr der Russland/Ukraine-Krieg. Das neue Jahr ist bald einen Monat alt, der Krieg in der Ukraine hat weiterhin vielfältige Auswirkungen auf das Leben vor Ort. Es gibt viele Unwägbarkeiten. In dieser schwierigen Situation hat die WAZ-Redaktion die im Rat vertretenen Parteien nach ihren lokalen Schwerpunkten für das Jahr 2023 befragt, nach ihren Zielen und nach den Themen, die ihnen besonders am Herzen liegen. Wir wollten auch wissen, wo Spielräume sind. Das sind die Antworten:

SPD: Investitionen in die soziale Infrastruktur

Die SPD will den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern noch intensivieren, Politik besser erklären und verständlicher machen. „Die sich überlagernden Krisen werden uns dabei weiter beschäftigen“, so der SPD-Vorsitzende Serdar Yüksel. Durch Investitionen in die soziale Infrastruktur will die Partei deutlich machen, dass niemand allein gelassen wird. „Sei es im kulturellen Bereich, in den Sportvereinen, in anderen gesellschaftlichen Gruppen oder in den Unternehmen“, so Yüksel. Zusammenstehen und solidarisch handeln sei auch wichtig, um radikalen Tendenzen in der Gesellschaft entgegenzuwirken. „Bochum ist und bleibt bunt, weltoffen, gemeinsam können wir dafür sorgen, dass aus den unterschiedlichen Krisen keine Demokratiekrise erwächst.“

CDU setzt Thema Einsamkeit ganz oben auf der Agenda

Die CDU setzt einen anderen Schwerpunkt: „Viele Menschen auch in Bochum sind von Einsamkeit betroffen. Dies hat auch die schwarz-grüne Landesregierung unter Ministerpräsident Hendrik Wüst ganz oben auf die Agenda gesetzt.“ Es müsse auch in Bochum kommunale Antworten auf dieses Thema geben. Armut treibe viele Menschen auch in unserer Stadt um, insbesondere durch steigende Energie- und Lebensmittelpreise. „Bezahlbarer Wohnraum, eine warme Wohnung und Nahrung dürfen nicht zum Luxusgut werden“, so die CDU. Die Partei setzt die Reihe der Pop-up-Bürgercafés in jedem Stadtbezirk fort. Auch der Sommergarten in der Innenstadt mit NRW-Innenminister Herbert Reul am 10. Juni macht die CDU vor Ort ansprechbar.

Beinahe wöchentlich tauchen im Herz der Bochumer Innenstadt, auf der Kortumstraße, neue Leerstände auf. Die Grünen wollen ein „Sofortprogramm Innenstadt“ auflegen.
Beinahe wöchentlich tauchen im Herz der Bochumer Innenstadt, auf der Kortumstraße, neue Leerstände auf. Die Grünen wollen ein „Sofortprogramm Innenstadt“ auflegen. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Grüne setzen auf Sofortprogramm Innenstadt gegen Leerstände

Ein lokaler Schwerpunkt für die Grünen ist die Entwicklung der Innenstadt, insbesondere unter dem Aspekt des „Sofortprogramms Innenstadt“. Die Innenstadt leide seit Jahren unter erheblichem Leerstand. „Hier wollen wir die Facetten der Innenstadt in den Fokus rücken; also Innenstadt nicht nur als Ort des Konsums, sondern als Wohn- und Lebensquartier mit Spielplätzen und Aufenthaltsqualität“, so die Grünen. Einen weiteren Schwerpunkt bilde der Ausbau der erneuerbaren Energien in Bochum und der Weg der Klimaneutralität. Dabei soll auch der Klimaplan umgesetzt werden. Für die Umweltpartei weiter wichtig sind Flächennutzung, bezahlbarer Wohnraum und die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Bochum möglichst ohne Neuversiegelungen.

Linke fordern einen „Schutzschirm für die Menschen“

Die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise befeuern die soziale Spaltung auch in Bochum weiter. Statt Symptombekämpfung und Energiespartipps brauche es einen wirksamen Schutzschirm für die Mehrheit der Menschen. „Die Gewinner der Krise müssen ihren Beitrag über höhere Steuern leisten. Es muss in gute Bildung für alle, mehr sozialen Wohnraum und eine gute Infrastruktur investiert werden“, so die Linken. Statt bei Schwimmbädern zu kürzen, Schüler und Schülerinnen in Container zu setzen und die Verkehrswende zu verschlafen, müsse in diesem Jahr der Turbo für einen sozialen und ökologische Aufbruch in Bochum gezündet werden. Die drei wichtigsten Schwerpunkte für die Linken sind gute Bildung für alle, eine Offensive für mehr mietpreisgebundene Wohnungen und mehr Tempo bei der Verkehrswende.

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FDP will die Digitalisierung weiter vorantreiben

„Alle Behördengänge müssen auch vom eigenen Handy oder Rechner erledigt werden können“, fordern die Bochumer Liberalen. Laut Onlinezugangsgesetz sollte das bereits für Ende 2022 umgesetzt sein. Daher müsse 2023 auf allen staatlichen Ebenen zum Jahr des Digitalisierungsboosters werden. Für Bochum wünscht sich die FDP, dass die Online-Bürgerbeteiligung mit der Beteiligungsplattform „Consul“ ein neues Level erreicht und sie nicht nur zum Alibi verkommt. Außerdem müsse der rot-grüne Steag-Kauf rückabgewickelt werden. Dem Reflex, auf jedes Problem mit einem neuen Verbot zu reagieren, (wie z. B. beim Silvesterfeuerwerk) werde sich die FDP weiterhin entgegenstellen, um Bochumerinnen und Bochumer vor überzogenen Einschränkungen zu bewahren.

Die Entwicklung der Stadtteile, wie hier zum Beispiel der August-Bebel-Platz im Zentrum von Wattenscheid, spielt bei allen Parteien eine Rolle.
Die Entwicklung der Stadtteile, wie hier zum Beispiel der August-Bebel-Platz im Zentrum von Wattenscheid, spielt bei allen Parteien eine Rolle. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

UWG und Freie Bürger wollen Verwaltung kritisch begleiten

UWG und Freie Bürger wollen die Entwicklungen in Bochum und Wattenscheid im Blick behalten. Sie fragen, wie es weitergehen soll mit den Quartiersentwicklungen, dem Umgang mit Schrottimmobilien oder der Sauberkeit? Inwieweit Bürgerwillen und Bürgerbeteiligung Rechnung getragen werde? Es stehen etliche soziale Themen auf der Agenda. So brauchten mobilitätseingeschränkte Menschen gut ausgebaute Fußwege, ohne parkende Autos oder verkehrswidrig fahrende Radfahrer. 2023 werde das Jahr der Fußgänger. Weiter Eckpunkte sind die digitale Ausstattung von Schulen, die Förderung des (sozialen) Wohnungsbaus. „Flächen für Wohnraum müssen Vorrang vor Gewerbeflächen haben“, so UWG/Freie Wähler.

Die Stadtgestalter bleiben sich treu und halten an ihren Ideen fest. Das Projekt einer Seilbahn für Bochum, hier auf einem Info-Stand 2015, bleibt ein aktuelles Thema.
Die Stadtgestalter bleiben sich treu und halten an ihren Ideen fest. Das Projekt einer Seilbahn für Bochum, hier auf einem Info-Stand 2015, bleibt ein aktuelles Thema. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Stadtgestalter sehen sich weiterhin als Ideengeber

Die Stadtgestalter sehen sich weiter als Impulsgeber. Es gehe um die Entwicklung von weiteren Ideen zur Entwicklung von Bochum und Wattenscheid zu einer besonders lebenswerten, modernen, fortschrittlichen und nachhaltigen Großstadt. Dabei erinnern sie an das Vorantreiben bereits vorgelegter Vorschläge wie Seilbahn, Dachpark in der Innenstadt, Viktoria-Promenade, August-Bebel-Park, Regiotram, schwimmende Solaranlagen und anderes. Weitere Schwerpunkte: mehr Bürgerbeteiligung, städtischer Klimaschutz, Begrünung der Stadt, Mobilitätswende, Reform und Beschleunigung der Verwaltung und nicht zuletzt mehr Investitionen in Schulen und Bildung.

FFB-Ratsfraktion setzt auf den Mittelstand

Die FFB (ehemals AfD) setzt insbesondere auf Mittelstandsförderung im Zusammenhang mit der Sanierung der Infrastruktur. Außerdem spielt die Grundsteuerreform bei der Partei eine wichtige Rolle. Sie habe bisher einen nicht unerheblichen Beitrag für den „maroden Bochumer Haushalt“ dargestellt. Ein drittes wichtiges Thema sei der Grundschulunterricht. Bisher habe die Stadt nicht angemessen auf den massiven Anstieg der Schülerzahlen reagiert. Bald gebe es bereits 75 sogenannte Containerklassen. „Hier muss endlich reagiert werden und nicht immer mehr Schulklassen in Containern untergebracht werden.“ Außerdem suchten viele Eltern händeringend für einen Platz für den Schwimmunterricht.

Die Partei setzt weiter auf den Satire-Faktor

Das Statement der Partei im Originalwortlaut: „Die Partei hatte bis zur Frage der WAZ keine guten Vorsätze, denn das Gute ist der Feind des Besseren und das Gegenteil von gut, ist gut gemeint. Ähnlich gut meinen es mit Sicherheit herkömmliche Marginalisierungsparteien mit ihren Vorsätzen. (...) Neben den weiterhin unerreichten Zielen Orcas in irgendwelchen Teichen anzusiedeln und einen Fusionsreaktor nach Weitmar zu holen, würde der Kreisverband Bochum die Stadt Bochum gerne nach Rumänien umsiedeln. Um wegen der unternehmensfreundlichen Löhne Unternehmen anzusiedeln. Hier würde sich Nokia anbieten, damit kennt Bochum sich aus (...).“