Bochum-Mitte. Er hat u.a. den Hauptstadtflughafen entworfen. Der verstorbene Architekt Meinhard von Gerkan hat auch in Bochum Spuren hinterlassen.

Architektonische Perlen sind selten in Bochum. Oder, wie es der ehemalige Planungsamtsleiter Eckart Kröck gesagt hat: „Die Schönheit wurde hier nicht erfunden.“ Besondere Gebäude gibt es dennoch in der Stadt. Eines davon steht an der Wittener Straße 47. Entworfen wurde es von dem Ende November verstorbenen deutschen Stararchitekten Meinhard von Gerkan, der u.a. mit seinen Entwürfen für die Flughäfen Berlin-Tegel, Stuttgart, Berlin-Brandenburg, den Berliner Hauptbahnhof und das Chinesische Nationalmuseum der Architekturgeschichte seinen Stempel aufgedrückt hat.

Aral beauftragte den Verwaltungsneubau 1972

Glas bestimmt die Fassade der mehrgeschossigen, kantigen Immobilie, die seit 2007 das Stadtarchiv und später auch die Zentralen Dienste beherbergt und die die Stadt Bochum komplett angemietet hat. Eigentümerin ist heute eine Fondsgesellschaft aus Bad Homburg. Ursprünglich hatte das Haus eine ganz andere Funktion. Es war der Verwaltungssitz eines der deutschlandweit bekanntesten Firmen: Aral.

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In den 1970er Jahren hatte das Mineralölunternehmen begonnen, einen Erweiterungsbau für das nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaute Verwaltungsgebäude von Wilhelm Seidensticker (Infobox „Lange Geschichte“) zu planen. Beauftragt damit wurde 1972 der Architekt Meinhard von Gerkan. Sein Büro hatten den vorangegangenen Architektenwettbewerb gewonnen. Das Konzept beruht u.a. darauf, Großraumbüros mit bis zu 250 Arbeitsplätzen pro Etage zu errichten.

Ölkrise macht Aral einen Strich durch die Rechnung

„Damals ging die Mineralölindustrie für das folgende Jahrzehnt von ähnlich starken Zuwachsraten aus wie in den 1960er Jahren“, sagt Aral-Archivar Dietmar Bleidick. Im Neubau sollten etwa 1000 Beschäftigte arbeiten und bis dahin an anderen Stellen untergebrachte Arbeitsplätze in die Zentrale verlegt werden. 1970 hatte Aral an der Kortumstraße und am Dr.-Ruer-Platz Büroräume gemietet, weil der Platz in der Zentrale längst nicht mehr für alle Beschäftigten ausreichte.

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500 Parkplätze gehörten zum Erweiterungsbau der Aral-Zentrale an der Wittener Straße Anfang der 1970er Jahre.
500 Parkplätze gehörten zum Erweiterungsbau der Aral-Zentrale an der Wittener Straße Anfang der 1970er Jahre. © araL

„Während des Baus kam es dann zur ersten Ölkrise 1973, die alles veränderte“, so der Aral-Archivar. Ende 1973 verfügte Aral ohne Tochtergesellschaft noch über rund 3300 Mitarbeiter, Ende 1975 waren es noch 3000, 1980 noch 2200, davon 1100 in der Hauptverwaltung.

2004/05 folgte die moderne Campus-Immobilie

Für den Neubau, der entlang der Akademiestraße entstand, musste ein kleiner Teil des Seidensticker-Baus abgerissen werden. Der Rest entstand auf einer Freifläche. 2004/05 wurde dann der Seidensticker-Bau komplett beseitigt und der moderne Neubau am Kortumpark gebaut, der mittlerweile im Besitz der Union Investment Real Estate GmbH ist.

Arals lange Geschichte in Bochum

Das Eckgrundstück Wittener Straße/Akademiestraße ist schon lange mit dem Namen „Aral“ verbunden. 13 Bergbauunternehmen hatten 1898 die Westdeutsche Benzol-Verkaufsvereinigung in Bochum gegründet. Als Bürogebäude nutzten sie zunächst ein kleines Haus an besagter Ecke.

1924 kam der Markenname Aral in die Welt, gebildet nach den Anfangsbuchstaben der Hauptbestandteile des Kraftstoffs: Aus Aromaten und Aliphaten wurde „Aral“. Drei Jahre später wurden der Name und die Bochumer Farben ins Firmenlogo übernommen.

1924/25 bezog Aral einen Neubau entlang des Kortumparks, der vom Bochumer Architekten Heinrich Schmiedeknecht entworfen worden war. Das Gebäude ist in veränderter Form erhalten und in den Neubau von 2004-2005 integriert. 1930 folgte ein Labor-Anbau parallel zur Wittener Straße.

Hauptmieter der Campus-Immobilie an der Wittener Straße 45 mit seinen insgesamt sechs Bürogebäuden, das älteste aus den 1920er Jahren, ist die längst aus dem Gerkan-Bau umgezogene BP-/Aral-Zentale mit ihren noch etwa 800 Beschäftigten. Mieter sind außerdem noch IT-Firmen wie Escrypt und Volkswagen Infotainment, die aber bald eigene Immobilien im ehemaligen Opel-Werk Mark 51/7 beziehen werden.

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Von-Gerkan-Bau steht auf 203 Bohrpfählen

Im Gebäude daneben, der „Von-Gerkan-Immobilie“ mit der Hausnummer 47, wird heute zwar keine Industriegeschichte mehr geschrieben, aber Geschichte erhalten. Eben im Stadtarchiv, dem „Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte“:

Gebaut hat es übrigens ein weiteres bekanntes Revier-Unternehmen: Heitkamp, damals noch aus Wanne-Eickel. Und das in einem ansehnlichen Tempo von zwei Jahren; nicht zuletzt weil Aral auf eine möglichst schnelle Kündigung der Mietverträge externer Büros drängte, wie es heißt. Genehmigt hatte die Stadt Bochum den Neubau mit einer Fläche von fast 31.000 Quadratmetern am 14. Juni 1973. Schlüsselfertig übergeben wurde er am 30. September 1975. Gegründet wurde das Gebäude auf 203 Bohrpfählen, „da die tragfähige Bodenschicht aus Mergel sehr tief liegt“, wie es in einer Mitteilung des Bauunternehmens von 1977 heißt.