Bochum. Das Urteil über die Architektur in Bochum ist hart: „Die Schönheit wurde hier nicht erfunden.“ Worauf es ankommt, steht in einer Gestaltungsfibel.

Über Schönheit lässt sich streiten, auch und gerade in der Architektur. Bochum, über das Planungsamtsleiter Eckart Kröck sagt, „es gibt einige herausragende Gebäude, aber die Schönheit wurde hier nicht erfunden“, soll eine schöne Stadt werden, eine „Großstadt mit Lebensgefühl“, wie es in der Bochum-Strategie heißt. Helfen soll dabei eine kleine Broschüre.

Broschüre soll gemeinsame Gesprächsgrundlage schaffen

„Die Stadt zuerst“ heißt der kleine Ratgeber, den die Vorsitzende des Bochumer Beirates für Gestaltung und Baukultur, Prof. Annette Paul, konzipiert hat. Die darin aufgeschriebenen „Bochumer Grundsätze zur städtebaulichen Gestaltung“ sollen eine „gemeinsame Gesprächsgrundlage für Bauherren, Architekten, Planungsbüros und die Stadt sein“, so Planungsamtschef Kröck. „Die Gestaltungsgrundsätze sind ein wichtiges Beratungsinstrument und eine Einladung an die Bauherrinnen und -herren, sich mit dem Kontext der Stadt auseinanderzusetzen und diese Themen frühzeitig in die Planung einzubinden“, ergänzt die Beiratsvorsitzende. Der Ausschuss für Planung und Grundstücke hat in seiner jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit beschlossen, die in der Broschüre gesammelten Grundprinzipien zu beachten.

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Jedes Jahr 2000 Bauanträge und Bauanfragen

Die Broschüre soll in einfacher Form Hinweise und Inspiration für die Planung von einzelnen, kleinen und großen Gebäuden geben. Die Prinzipien basieren auf Erfahrungen aus dem Gestaltungsbeirat, dem täglichen Umgang mit Architekturbüros in der Bauberatung und Planung sowie den Erkenntnissen aus mehreren Workshops der Bau- und Planungsverwaltung mit dem Büro Prof. Pesch und Partner aus Dortmund und dem Institut für Stadtbaukunst der TU Dortmund.

Beirat tritt viermal im Jahr zusammen

2013 wurde der Gestaltungsbeirat ins Leben gerufen. Zu den Gründungsmitgliedern gehört Prof. Annette Paul. Die Architektin hat vor kurzem die Leitung des Gremiums übernommen. Sie folgt auf Michael Schwarz, der mit seinem Dortmunder Büro künftig auch Aufträge in Bochum übernehmen möchte.

Eine der Bedingungen für die Mitgliedschaft in Bochum: Aktive Mitglieder des Beirats dürfen werden in Bochum wohnen noch arbeiten. Nachfolger von Schwarz als Mitglied im Gestaltungsbeirat wird Heiner Farwick. Der Architekt aus dem Münsterland hat sich bereits mehrfach mit Architekturthemen in Bochum beschäftigt. So hat er etwa das Gestaltungshandbuch für die Innenstadt mitentwickelt.

Der Beirat tritt viermal im Jahr zusammen, um Empfehlungen für bis zu jeweils sechs Bauprojekte zu behandeln. Beschäftigt hat er sich dabei u.a. auch mit der 5200 Quadratmeter großen Fläche im Dreieck Brüderstraße/Kreuzstraße/Neustraße neben dem Bermudadreieck.

Anders als für die Innenstadt gibt es für das gesamte Stadtgebiet kein ausführliches Gestaltungshandbuch, auch gelten keine neuen Gesetze oder Verordnungen. Aber um die Gestaltungsziele der Stadt besser verstehen und auch die Bearbeitungsprozesse beschleunigen zu können, könne die Gestaltungsfibel hilfreich sein. Schließlich bearbeite die Verwaltung jedes Jahr 2000 Bauanträge und -anfragen und führe zahlreiche Beratungsgespräche.

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Ensemble steht über dem Einzelprojekt

Das erste und oberste Prinzip lautet so: „das Ensemble vor dem Einzelprojekt“. So eindrucksvoll ein einzelnes Gebäude auch sein mag. Seine herausragende Wirkung und seine städtebauliche Bedeutung entstehe erst in seiner Beziehung zur Umgebung, im Raum. Eckart Kröck führt als Beispiel dafür das Exzenterhaus an der Universitätsstraße an. Stimmig und positiv stadtprägend sei es erst dadurch, dass es genau in der Mitte der Straße stehe – in harmonischer Beziehung zu den Häuserfluchten links und rechts.

Klare Strukturen und Zurückhaltung als Maxime

Kaum minder bedeutsam ist aus Sicht von Bauverwaltung und Gestaltungsbeirat die Maxime: Nicht das Schreierische ist gefragt, nicht das Auffallen, sondern klare Strukturen und Zurückhaltung. Das jedenfalls gilt für den öffentliche Raum und daher auch für die Fassade, das Gesicht von Gebäuden nach vorn zur Straße. Es ist das „städtische Wohnzimmer“, für das andere Kriterien gelten als der rein private Raum in den Gebäuden und in den Hinterhöfen, Gärten oder Blockinnenräumen. Ein Kriterium dabei ist etwa die Größe und die Position von Werbetafeln. Sie sollen nicht über den Erdgeschossbereich hinausgehen. Und: „Beleuchtungen zu Werbezwecken sind zu vermeiden“, heißt es.

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Die Broschüre enthält einige weitere Eckpunkte. Sie wird an den Infotheken des Rathauses und des Technischen Rathauses sowie in allen Bezirksverwaltungsstellen von Anfang Mai an ausliegen. Im Internet wird sie abrufbar sein unter: www.bochum.de/Bochumer_Gestaltungsgrundsätze.