Bochum. Krankenstände von mehr als zehn Prozent: In Bochumer Kliniken arbeitet das Personal am Anschlag. Aber nicht nur das bereitet den Häusern Sorge.

Kranke Beschäftigte, überbelegte Kinderkliniken, Lieferengpässe bei Medikamenten: Die Lage in den Krankenhäusern ist zum Teil „dramatisch“ – sagen die Ärztekammern in NRW. In Bochum mussten einige Kliniken schon vorübergehend Betten außer Betrieb nehmen, weil das zur Verfügung stehende Personal nicht mehr ausreicht.

Überdurchschnittlich hohe Personalausfälle in Bochums Krankenhäusern

Seit Mitte Dezember verzeichnet das Universitätsklinikum Bergmannsheil „sehr erhebliche und auch überdurchschnittlich hohe Personalausfälle“, so Sprecher Robin Jopp. Im Vergleich zu früheren Jahren habe es überdurchschnittlich viele Influenza-Erkrankungen gegeben. Aber auch Covid-19- und Atemwegserkrankungen spielten eine große Rolle. In der Augusta-Krankenanstalt verteilt sich der hohe Krankenstand „auf alle Varianten von Atemwegserkrankungen“, so Mario Kleist, Mitglied der Geschäftsführung.

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Das führt zu einem mitunter sehr hohen Krankenstand. In den Häusern des Katholischen Klinikums Bochum (KKB) liegt er in der Pflege bei etwa zwölf Prozent, im Medizinisch-Technischen Dienst bei elf Prozent, so die Angaben des Unternehmens.

Übergriffe sind mittlerweile alltäglich

Auch Rettungsdienst von hohem Krankenstand betroffen

Betroffen von der prekären Personalsituation ist auch die Feuerwehr Bochum. „Die Krankenquote ist bis zu dreimal höher als sonst“, sagt Feuerwehr-Chef Simon Heußen. In den vergangenen Wochen sei es bereits vorgekommen, dass nicht alle Rettungsfahrzeuge besetzt werden konnten. Das betreffe mitunter auch die Wagen von anderen Organisationen, die in den Rettungsdienst eingebunden sind. 17 Fahrzeuge sind in der Regel tagsüber in Bochum im Einsatz.

In der Silvesternacht werde jedes Fahrzeug besetzt sein – sollte nicht noch etwas dazwischenkommen. Anders als in den vergangenen beiden Jahren, als es coronabedingt nur etwa halb so viele Einsätze gab wie sonst üblich, rechnet Heußen in diesem Jahr wieder mit deutlich mehr Rettungsdienstfahrten. In der Regel gehe es dabei zunächst um Unfälle im Zusammenhang mit Feuerwerkskörpern. In der fortgeschrittenen Nacht spielen dann häufiger Einsätze im Zusammenhang mit Alkohol und/oder Verkehrsunfälle eine Rolle.

Auswirkungen hat die angespannte Situation in den Krankenhäusern auch auf den Rettungsdienst. Heußen: „Die Übergabe von Personen dauert manchmal deutlich länger.“ Und: Immer häufiger können Kliniken wegen nicht angefahren werden, weil die Kapazitäten dort erschöpft seien.

Und nicht nur das. Der Ton von Patienten in Arztpraxen und Krankenhäusern gegenüber dem Personal wird rauer. Beleidigungen und Übergriffe häufen sich. So setzt sich die Ärztekammer Niedersachsen seit längerem für ein zentrales Meldesystem für Attacken gegen medizinisches Personal und Rettungsdienste ein. Übergriffe sind auch in Bochum längst keine Ausnahme mehr. Sie seien mittlerweile „alltäglich“, weiß KKB-Chef Prof. Christoph Hanefeld.

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247 Patienten währen der Weihnachtstage in der Notaufnahme

Dabei arbeitet die Belegschaft in den Krankenhäusern bis zum Anschlag. „Der Druck ist erheblich“, sagt KKB-Sprecher Jürgen Frech. Denn: Während weniger Personal zur Verfügung stehe, sei die Patientenzahl ungewöhnlich hoch. „Die Zahl der Neuaufnahmen lag im Dezember deutlich höher als im Vorjahr. Auch die Notaufnahmen im Josef- und Elisabeth-Hospital bleiben stark gefordert“, so Frech. Vom 24. bis zum 26. Dezember kamen allein im Josef-Hospital 247 Patienten in die Notaufnahme, von denen 88 stationär aufgenommen wurden.

Dabei geht es eben auch häufig um Atemwegserkrankungen. In der Augusta-Pneumologie liegen in der Regel etwa 30 Patienten gleichzeitig. „Seit Mitte Dezember waren es über 40, seit Weihnachten über 50“, sagt Mario Kleist. Auf ungeplante Stationsschließungen habe man bislang aber verzichten können.

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Häuser loben hohes Engagement der Belegschaften

Das gilt auch für die anderen Häuser. „Durch das hohe Engagement der Mitarbeiter ist die Patientenversorgung gesichert“, heißt es im KKB. „Von einem Notfallbetrieb kann keine Rede sein.“

Sollte es zu „extremen Engpasssituation“ kommen, würde des Bergmannsheil schwerpunktmäßig jene Bereiche und Stationen schließen oder in der Belegung reduziert werden, „die nicht der dringenden Notfall- und Akutversorgung dienen“. Dazu gebe es derzeit aber keinen Anlass.

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Dienstleister stellen zusätzliches Personal zur Verfügung

Schon jetzt sind alle Kliniken aber auf externe Personaldienstleister angewiesen. Das KKB etwa hat im Dezember in der Pflege auf 27 externe Vollzeitkräfte zurückgegriffen. „Dies entspricht rund 2,5 Prozent der Belegschaft in diesem Bereich.“ Indes: Auch bei den Dienstleistern werde es schwieriger, kurzfristig qualifiziertes und zuverlässiges Personal zu bekommen.

Immerhin scheint Besserung in Sicht zu sein. „Seit dieser Woche hat sich die Situation erfreulicherweise wieder deutlich entspannt“, sagt Bergmannsheil-Sprecher Jopp. Auch im Augusta wird vermutet, „dass wir derzeit auf dem Höhepunkt der Ausfallwelle liegen“ und es ab der zweiten Januarwoche eine Entspannung gebe.