Bochum. Im Jahr 2022 gab es in Bochum besonders viele größere Wohnungsbrände. Drei Bochumer starben dabei. Die Feuerwehr zieht Bilanz.

Einen richtig großen Brand wie in den Jahren zuvor gab es 2022 nicht in Bochum. Dafür war es „das Jahr der Wohnungsbrände“, wie Feuerwehrchef Simon Heußen auf WAZ-Anfrage in einem Rückblick auf das vergangene Jahr sagt.

28 größere Feuer in Wohnungen mussten die Einsatzkräfte löschen. Die Flammen waren so heftig, dass ganze Zimmer oder komplette Wohnungen zerstört wurden. Drei Menschen verloren dabei ihr Leben – ungewöhnlich viele im Jahresvergleich.

Meistens wurden die Feuer beim Zubereiten von Speisen verursacht. „Die Hälfte kommt aus der Küche“, sagt Heußen.

Deutlich mehr Brände als im Jahr davor in Bochum

Die Anzahl der Brände hat insgesamt deutlich zugenommen. 804-mal rollten die Einsatzkräfte die Schläuche aus. Dabei ging es auch um viele Kleinbrände im trockenen Sommer. Im ganzen Jahr 2021 gab es lediglich 495 Brände.

Heußen nennt beispielhaft einige Einsätze, die besonders in Erinnerung geblieben sind:

der Brand im Februar an einer Tankstelle an der A 40, nachdem ein Pkw gegen eine Zapfsäule fuhr

der Brand in einem Imbiss im Citypoint im Mai

– die Brände in vier Gaststätten

der Brand in zwei Trafostationen an nur einem Tag im Juli

– der Brand in einem ICE am Hauptbahnhof im September

– der Brand an einer Oberleitung einer Straßenbahn an der Dorstener Straße im Dezember

der Brand in einem Imbiss im Hauptbahnhof im Dezember

Zapfsäule geschrottet: Ein Pkw war im Februar 2022 gegen die Zapfsäule einer Tankstelle an der A 40 gefahren.
Zapfsäule geschrottet: Ein Pkw war im Februar 2022 gegen die Zapfsäule einer Tankstelle an der A 40 gefahren. © Feuerwehr Bochum

Außerdem gab es ungewöhnlich viele schwere Verkehrsunfälle, elf an der Zahl, bei denen die Feuerwehr Insassen aus den Fahrzeugen herausholen musste. Ein Beispiel ist der schwere Raser-Unfall an der Ümminger Straßen im Mai, bei dem ein 26-jähriger Bochumer auf dem Beifahrersitz eines völlig zerstörten Audi A6 starb. Weiteres Beispiel: Der Sturz eines Pkw mit vier Insassen von einer Brücke auf die A 448 im November.

Einsätze wegen Menschen in Notsituationen deutlich angestiegen

Stark gestiegen ist auch die Anzahl der Einsätze, bei denen Menschen in Notlagen gerettet werden mussten. Sie wuchs von 743 auf 1077. Dabei ging es zum Beispiel um hilflose Personen in ihren Wohnungen und Menschen, die in Fahrstühlen eingesperrt waren.

Gleichbleibend hoch ist die Anzahl der Einsätze wegen Tieren in Notlagen: 336. Auch der Klassiker, die Katze auf dem Baum, war wieder dabei.

Bei diesen Bränden starben insgesamt drei Menschen

Drei Menschen starben 2022 bei oder nach Wohnungsbränden in Bochum:

– Am 8 Mai starb ein 47-jähriger Mann in seiner Wohnung an der Ümminger Straße.

– Am 11. November wurde eine Frau (69) in ihrer Wohnung am Lilienweg in Eppendorf schwer verletzt. Sie starb am Tag darauf.

– Am 26. November starb ein 29-Jähriger in seiner Wohnung an der Malteserstraße in der Innenstadt.

Deutlich weniger als 2021 musste die Feuerwehr wegen Wasser- und Sturmschäden ausrücken; diesmal waren es 373 Einsätze, im Jahr davor 821. Vor allem wegen Winterstürmen Mitte Februar 2022 war die Feuerwehr gefordert (288 Einsätze).

Am meisten war sie aber wie immer im Rettungsdienst im Einsatz, diesmal sogar rund 2600-mal häufiger als im Jahr 2021. In 32.023 Fällen fuhr ein Rettungstransportwagen (RTW) los, zusätzlich 10.940-mal ein Notarztwagen.

Anstieg der RTW-Fahrten belastet die Feuerwehr Bochum enorm

Der Zuwachs liegt nicht bei den Notarztfahrten, nicht bei den echten Notfällen, sondern nur bei den RTW-Einsätzen – und dies stellt die Feuerwehr vor enorme Herausforderungen. Heußen spricht von einer „maximal hohen Belastung bis Überlastung“.

Ein wesentlicher Grund für den Anstieg ist, dass unter den meistens völlig angemessenen 112-Notrufen auch solche sind, für die eigentlich die Hausarztpraxis oder der hausärztliche Notdienst (Tel. 116 117) zuständig ist (Husten, leichte Verstauchung, kleine Schnittwunde im Finger oder Ähnliches). Dort aber hängen Anrufer oft lange in der Warteschleife, und beim Hausarzt gibt es oft keinen schnellen Termin. Die Folge: Rettungskräfte müssen Betroffene ins Krankenhaus bringen – und dort viel Zeit für die Übergabe aufbringen, denn die Notfallannahmen sind ebenfalls stark belastet.

„Es muss eine strukturelle Änderung her“, sagt Heußen. Und plädiert für eine „bessere hausärztliche und pflegerische Grundversorgung“.

PS: Alle genannten Zahlen beruhen auf einer vorläufigen Auswertung. Endgültig stehen sie erst in einigen Wochen fest.