Bochum-Linden. Nach elf Jahren verlässt eine Friseurin den Bochumer Südwesten. Ihr wird die Miete zu teuer. Der Vermieter sieht das allerdings anders.

Ein paar Tage noch, dann ist Schluss. Zumindest an diesem Standort. Dann verlässt Friseurin Semiha Yilmaz ihren Salon „Coiffeur Charisma“ an der Hattinger Straße 791 in Bochum-Linden und zieht um. Innerhalb der Stadt zwar, aber doch ziemlich weit weg: nach Grumme. Der Abschied falle ihr sehr schwer, sagt die 52-Jährige, aber es gehe nicht anders. Die Miete für das Ladenlokal sei künftig zu hoch.

Bochum: Miete zu hoch – Friseurin zieht in anderen Stadtteil

Man habe ihr den Mietvertrag gekündigt und einen neuen angeboten, sagt Yilmaz. „Künftig soll ich monatlich fast 500 Euro mehr zahlen.“ Nach vielem Hin und Her habe sie entschieden, in einen anderen Stadtteil zu ziehen. „Jetzt mache ich in Grumme einen Neustart.“ Dort, an der Josephinenstraße 66, habe sie ein Ladenlokal gefunden, das sogar etwas größer sei. „Und im Vergleich zu jetzt zahle ich nur 50 Euro mehr.“

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Semiha Yilmaz fällt es sehr schwer, Linden zu verlassen. „Ich habe hier viel investiert. Das war mein erster eigener Salon. Ich habe damals bei Null angefangen.“ Zu Beginn – vor elf Jahren – sei es auch etwas schwierig gewesen, an der Hattinger Straße Fuß zu fassen. Yilmaz kommt aus Herne, musste also erstmal Kontakte knüpfen und sich bekannt machen. Doch das habe geklappt. Im Laufe der Jahre hat sie viele Stammkunden gewonnen, „von denen einige geweint haben, als sie von meinem Umzug erfahren haben“, sagt die zweifache Mutter.

Seit elf Jahren gibt es den Friseursalon „Coiffeur Charisma“ an der Hattinger Straße in Bochum-Linden. Diese Ära endet bald und setzt sich in einem anderen Stadtteil fort.
Seit elf Jahren gibt es den Friseursalon „Coiffeur Charisma“ an der Hattinger Straße in Bochum-Linden. Diese Ära endet bald und setzt sich in einem anderen Stadtteil fort. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Sie habe auch in Linden nach einem anderen Standort gesucht. „Es sind ja einige Ladenlokale leer, doch die Inhaber wollten keinen Frisör“, sagt Yilmaz. „Ich konnte lange nicht schlafen“, sagt sie. Nach Linden habe sie gut gepasst, hier habe sie sich wohlgefühlt. Zum Jahreswechsel, der für sie ja auch einem Ortswechsel gleich kommt, wolle sie auf jeden Fall noch einmal mit den Nachbarn anstoßen. „Beim Gedanken an den Abschied könnte ich heulen. Mein Herz blutet schon ein bisschen.“

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Nun also Grumme. Auch in diesem Stadtteil dürfte der Neustart schwierig werden, wie damals in Linden. Doch von dort wollen einige Stammkunden „mitkommen“, weiß Semiha Yilmaz.

Nachmieter steht schon fest – wieder ein Friseur...

Ein Nachmieter für die Hattinger Straße 791 steht übrigens schon fest. Es wird wieder ein Friseursalon sein, teilt der Vermieter, die MS Immobilien Investment Gesellschaft mbH aus Röthenbach (Mittelfranken), auf WAZ-Anfrage mit. Dort sieht man die Angelegenheit etwas anders.

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Bei einer Mieterhöhung müsse laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) der Gewerbe-Mietvertrag gekündigt werden und ein neuer angeboten werden. „Dies haben wir ordnungsgemäß gemacht“, heißt es aus dem Unternehmen. Man habe sich „gegenüber der Mieterin sehr kulant verhalten und in den letzten sechs Jahren keine Mieterhöhung durchgeführt“, obwohl dies alle drei Jahre erlaubt sei.

Vermieter: Erhöhung „im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten“

Die Netto-Miete sei im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten erhöht worden. „Die überdurchschnittliche Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung gegenwärtig ist ein Resultat der immensen Preiserhöhungen durch die Versorger, hier haben wir keinen Einfluss“, heißt es weiter. Diese müssten gemäß BGB umgelegt werden.

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Die Gewerbemiete netto ist laut MS Immobilien Investment um 250 Euro zum 1. Januar 2023 gestiegen, was 41,66 Euro pro Jahr (ab 2017) entspreche und unter dem örtlichen Durchschnitt der Gewerbemieten liege. Die monatlichen Heiz- und Betriebskosten würden auf 380 Euro steigen – Heizkosten 200 Euro und Betriebskosten 180 Euro.

Friseurin aus Bochum-Linden: Neustart ab 2. Januar 2023 in Grumme

Letztere hätten laut Abrechnung für 2021 monatlich 148,47 betragen. Die Gasversorgung habe die Mieterin selbst organisiert. Ab 2023 werde der Gasverbrauch in Bochum über den Eigentümer abgerechnet, da dies günstiger für die Mieter wird, so MS Immobilien Investment, denn bei Abnahme größerer Mengen reduziere sich der Gaspreis pro Kilowattstunde. Die angesetzten Heizkostenvorauszahlungen richteten sich nach dem Durchschnittsverbrauch. In Röthenbach zeigt man sich etwas verwundert: „Komischerweise findet der Nachmieter die Miete der Gewerbeeinheit super günstig und freut sich, diese zu übernehmen…“

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Semiha Yilmaz ist all das jetzt erstmal egal. Sie habe am Ende „keine Lust mehr gehabt, mit ihrem Vermieter zu diskutieren“, sieht nun „einem aufregenden Jahreswechsel“ entgegen und will sich ganz auf den Neustart in Grumme konzentrieren. Ein Teil der Einrichtung sei schon drüben, den Rest nehme sie auch noch mit. „Zwischen den Jahren“ würden im Salon „Coiffeur Charisma“ in Linden aber weiterhin noch fleißig Haare geschnitten. Ab 2. Januar dann an der Josephinenstraße.