Bochum. Freispruch für den Bochumer Arzt Andreas Triebel: Es ging um mutmaßlich unrichtige Atteste zur Befreiung von der Corona-Maske.

Der Bochumer Hausarzt Dr. Andreas Triebel (77) ist am Dienstag vor dem Landgericht vom Vorwurf, unrichtige Atteste zur Befreiung von der Corona-Maske ausgestellt zu haben, freigesprochen worden. Das Urteil löste bei seinen Sympathisanten im und vor dem Justizzentrum riesigen Jubel aus: „Oh, wie ist das schööön!“, schallte es aus einem vor dem Justizzentrum aufgestellten Lautsprecher. „So ein Tag so wunderschön wie heute!“

Triebel, der mehrfach auf Querdenken-Demos als Redner auftrat und die staatlichen Corona-Maßnahmen kritisierte, bedankte sich vor den fast 100 Sympathisanten, die bei allen sechs Sitzungstagen anwesend waren. Auf den Stufen vor dem Haupteingang des Gerichts, wo eine Art Siegesparty gefeiert wurde, sagte er: „Es war eine große moralische Unterstützung. Vielen Dank!“

Oberstaatsanwalt wollte Geldstrafe in Höhe von 36.000 Euro

Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann hatte zuvor eine Geldstrafe in Höhe von 36.000 Euro (360 Tagessätze) gefordert, weil er überzeugt war, dass der Angeklagte im Jahr 2020 in 21 Fällen Atteste zur Maskenfreiung ausgestellt habe, ohne die Patienten zuvor hinreichend untersucht zu haben. Damit seien die Atteste ein unrichtiges Gesundheitszeugnis.

Der Ankläger warf Triebel „kriminelles Handeln“ vor. Er habe die Atteste „wider besseres Wissen“ ausgestellt. In den Patientendokumentationen sei nur vermerkt worden, dass die Patienten beim Tragen der Maske „Schwindel“, „Panik“, „Kopfschmerzen“, „Angstgefühle“ oder „Luftnot“ hätten. Eine körperliche Untersuchung habe es aber nicht gegeben. Triebel habe die Menschen „pauschal“ vom Tragen einer Maske befreit „ohne weitere Begründung“.

Die Patienten seien auch nicht zu Triebel gekommen, um ein gesundheitliches Problem zu lösen. „Sie wollten nur ein Attest.“

Einige Patienten kamen sogar aus anderen Städten extra nach Bochum angereist nur für diese Atteste. Teilweise wurden sie später auf Demos vorgezeigt.

Strafkammer hatte Zweifel an einem strafbaren Verhalten des Arztes

Faber-Tochter kündigt Mitarbeiter- Zweifel an MaskenattestDie 1. Strafkammer hatte aber „Zweifel“, ob sich Triebel strafbar gemacht hat. Alle betroffenen Patienten hatten im Zeugenstand bekundet, dass Triebel mit ihnen vor dem Ausstellen des Attests in seiner Praxis gesprochen und sich dabei einen persönlichen Eindruck von dem Masken-Problem verschafft und teilweise auch ein Stethoskop eingesetzt habe. Außerdem wurden in einigen Fällen ärztliche Unterlagen von früheren Untersuchungen gesichtet. Deshalb sei es „nicht mit der erforderlichen Sicherheit“ feststellbar, dass der Arzt „von vornherein zur Attestausstellung entschlossen“ gewesen wäre, wie Richter Thorsten Fülber sagte. Er verwies auch auf ärztlichen „Ermessensspielraum“ und Therapiefreiheit. Einige Patienten hatten auch psychisch bedingte Probleme mit der Maske.

Zwar gebe es „Indizien“, so Fülber, die den Angeklagten belasten würden. Diese seien aber nicht ausreichend für eine Verurteilung.

Entschädigung für zwei polizeiliche Durchsuchungen der Bochumer Arztpraxis

Die Praxis des Arztes war zweimal, im November 2020 und im Februar 2021, von der Polizei durchsucht worden. Unterlagen wurden beschlagnahmt. Für diese Maßnahmen muss Triebel jetzt entschädigt werden, entschied die Strafkammer. Auch die Auslagen, die er wegen des Prozesses hatte, übernimmt der Staat.

Triebel machte Ankläger Bachmann schwere Vorwürfe. „Gesinnungsprüfung durch die Justiz ist in Deutschland schon sehr lange her und soll auch nicht wiederkommen.“

In der Sekunde der Freispruch-Verkündung brandete im voll besetzten Saal Jubel und Applaus im Publikum auf. Als der Arzt nach der Urteilsbegründung auf dem Gerichtsflur erschien, schallten laute „Triebel! Triebel! Triebel“-Rufe durch die Halle des Justizzentrums.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.