Bochum. Im Prozess gegen den Bochumer Arzt Andreas Triebel sagen seine früheren Angestellten aus. Patienten sind für Maskenatteste von weither angereist.

Im Prozess vor dem Bochumer Landgericht um unrichtige Maskenatteste haben Praxiskollegen des angeklagten Bochumer Arztes Dr. Andreas Triebel ausgesagt. Vor den voll besetzten Publikumsreihen – wieder kamen nicht alle Zuschauer in den Saal – wurde der ermittelnde Oberkommissar in den Zeugenstand gerufen.

Prozess um falsche Maskenbefreiungsatteste vor dem Landgericht Bochum

Dieser war ab dem Herbst 2020 mit den Ermittlungen gegen den 77-jährigen Mediziner betraut. Zuvor waren auf Querdenken-Demonstrationen in verschiedenen Städten Maskenbefreiungsatteste aufgefallen. Auch Schulkinder in Hagen hatten im Oktober 2020 Bescheinigungen mit Triebels Unterschrift vorgezeigt – die WAZ berichtete. Im November 2020 habe der Kommissar dann die Praxis und im Februar 2021 die Wohnung des Arztes durchsucht und Atteste und Datenträger sichergestellt. In dieser Zeit seien immer mehr Atteste aufgetaucht, zum Jahreswechsel seien es an die 70 Bescheinigungen gewesen. „Manche Atteste wurden nicht am Tag des Arztbesuches, beispielsweise schon zuvor ausgestellt.“

Wie auch am ersten Prozesstag (siehe Foto) wollten auch am zweiten Prozesstag viele Zuschauer der Verhandlung beiwohnen. Nicht für jeden war Platz.
Wie auch am ersten Prozesstag (siehe Foto) wollten auch am zweiten Prozesstag viele Zuschauer der Verhandlung beiwohnen. Nicht für jeden war Platz. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Der Kommissar berichtet vom Mail-Verkehr des Arztes. Ein Mann habe sich nach einem Attest erkundigt. „Muss ich dafür vorbeikommen?“ Triebel habe geantwortet, das sei nicht nötig – er könne das Attest zuschicken. Nach den Fragen des vorsitzenden Richters wandte sich auch der Angeklagte an den Polizeibeamten: „Haben Sie mich heimlich überwacht?“, „Haben Sie vom Geheimdienst Informationen erhalten?“ „Haben Sie meine Geldscheine gezählt?“ lauten nur einige der Fragen, die bei manchen Prozessbeteiligten Stirnrunzeln hervorriefen. Der Angeklagte bezog sich auf einen Staatsschutz-Mitarbeiter, der an einer der Durchsuchungen beteiligt gewesen sein soll.

Auch interessant

Patienten hätten bis in den Hausflur Schlange gestanden

Die zweite Strafkammer versuchte auch die Abläufe in Triebels Hausarztpraxis zu klären. Ein damals angestellter Arzt (59) der Praxis berichtete, wie 2020 der Anteil an Patienten, die aufgrund von Maskenattesten Triebels Praxis aufsuchten, stark anstieg. „Teilweise kamen so viele Leute – teilweise auch ohne Termin –, dass sie bis in den Hausflur Schlange standen“, so der frühere Angestellte des Angeklagten, der in der Vernehmung andeutete, finanziell auf diese Anstellung angewiesen gewesen zu sein.

Eine weitere frühere Praxiskollegin (32) drückt ihre Unzufriedenheit mit dem Arbeitsalltag deutlicher aus – täglich seien Dutzende Patienten ohne Mund-Nasen-Schutz von weither in der Praxis gekommen, um eine Maskenbefreiung zu erhalten. „Das hat die Praxis an ihre Grenzen gebracht“, so die Bochumer Ärztin. „Als immer deutlicher wurde, dass die Leute nicht aus medizinischen Gründen ein Attest wollten, sondern eine Ideologie dahintersteht, da sagte ich den Arzthelferinnen, sie sollen mir diese Patienten nicht mehr zuteilen.“ Langjährige Stammpatienten und die übrigen Angestellten sorgten sich um ihre Gesundheit.

Auch interessant

„Den Arzthelferinnen war es peinlich, dass sie das mitmachen mussten“, so die frühere Angestellte des Angeklagten. Einmal hätten die drei Ärzte über die Situation des überfüllten Wartezimmers gesprochen, seien jedoch zu keiner Lösung gekommen. Eine fachliche Diskussion zur Corona-Situation sei mit ihrem damaligen Arbeitgeber nicht mehr möglich gewesen, so die 32-Jährige im Zeugen-Stand.

Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.