Bochum. Romy Vreden und Pablo Konrad geben im Familienstück im Schauspielhaus Bochum eine mitreißende Vorstellung. Etwas Nervenkitzel darf nicht fehlen.

Eine gefühlvolle Geschichte, eine prachtvolle Ausstattung, coole Witze, fliegende Kulissen: Beim Kinder- und Familienstück macht das Schauspielhaus Bochum in diesem Jahr keine Experimente. Das Fantasy-Märchen „Die Schöne und das Biest“ ist purer Sonnenschein.

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Gespannt verfolgen die kleinen und großen Zuschauer die charmante Aufführung, die so schwungvoll inszeniert und voll gepackt mit knackigen Einfällen ist, dass Langeweile ein Fremdwort bleibt. Stehende Ovationen und ein lautstark feierndes Publikum sind der verdiente Lohn.

Schöne Gags auch für ältere Theatergänger

„Die Schöne und das Biest“ im Schauspielhaus besticht durch eine Reihe von Gags, an denen auch ältere Zuschauer ihre Freude haben. So wird öfter behauptet, dass es sich bei allem tatsächlich „nur“ um eine Theateraufführung handelt. Am Ende bekommen Pink und Cécile einen bösen Brief von der Theaterleitung: „Johan Simons schreibt, dass wir zu alt für unsere Rollen sind und jetzt gehen müssen“, jammert Pink.

Die niederländische Schauspielerin Romy Vreden freut sich bei einer Szene am Mittagstisch ganz besonders – über Vanille-Vla.

Der Saal ist zur Premiere beinahe ausverkauft, sogar der Balkon ist gut gebucht. Wer sich noch daran erinnert, dass vor einem Jahr an gleicher Stelle bei „Die unendliche Geschichte“ die Hälfte aller Sitze wegen Corona frei bleiben musste, freut sich riesig über randvoll besetzt Reihen. Es braucht einfach das Gemeinschaftserlebnis, damit solch eine Aufführung so richtig in Fahrt kommt.

Mit Donnergrollen und Lichteffekten naht das Biest

Und das passiert schneller als gedacht. In ihrer ersten Bochumer Arbeit drückt Regisseurin Katharina Birch aufs Tempo. Litt die Michael-Ende-Adaption im vergangenen Jahr noch unter einigem Hang zur Überlänge, wirkt diesmal alles wesentlich zügiger und straffer. Als Conférenciers führen die beiden Feen Cécile (Dominik Dos-Reis) und Pink (Michael Lippold) das Publikum mit wundervollem Papiertheater rasch in die Handlung ein, bevor der rote Vorhang den Blick freigibt auf das riesige dunkle Schloss mit seinem notorisch mies gelaunten Schlossherren: dem „Biest“.

Vor der Ankunft des Ungeheuers dürften sich gerade die kleinen Zuschauer (die Aufführung ist frei ab sechs Jahren) etwas fürchten – und tatsächlich sorgen Donnergrollen und klug eingesetzte Lichteffekte für einigen Nervenkitzel. Doch überstrapaziert wird das nicht: Recht schnell merken auch die Ängstlichen im Saal, die lieber beide Hände vor die Augen halten, dass der verwunschene Prinz Phillip eine solch schaurige Kreatur wirklich nicht ist. Der Schauspieler Pablo Konrad gibt ihn hinter einer imposanten Stiermaske sogar mit einigem Witz.

In den eindrucksvollen Kulissen von „Die Schöne und das Biest“ verwandelt sich das Schauspielhaus Bochum zum Sternentheater. Szene mit Michael Lippold (hinten) und Dominik Dos-Reis.
In den eindrucksvollen Kulissen von „Die Schöne und das Biest“ verwandelt sich das Schauspielhaus Bochum zum Sternentheater. Szene mit Michael Lippold (hinten) und Dominik Dos-Reis. © Schauspielhaus Bochum | Birgit Hupfeld

Sämtliche Figuren mag man total gern

Überhaupt gibt es keinen echten Bösewicht auf der Bühne, was für die Adaption eines uralten französischen Volksmärchens durchaus eine Besonderheit ist. Sämtliche Figuren mag man total gern: den verpeilten Vater (Jost Grix), das bockige Töchterlein Gundula (Johanna Wieking) – und natürlich die furchtlose Belle, die schon in Disneys Zeichentrick-Hit beherzt durchs Abenteuer marschierte und auch diesmal alle Sympathien auf sich zieht. Romy Vreden spielt das hinreißend: mal als kleines Mädchen, mal als tapfere Kriegerin, mal als schwer verliebte junge Frau.

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Der „Biesty-Boy“ begleitet die turbulente Handlung musikalisch

Die Liebesgeschichte zwischen der Schönen und dem Biest steht dann im zweiten Teil der Aufführung im Mittelpunkt – und ohne zu viel zu verraten: Es wird feierlich! Gemeinsam mit dem Musiker Lars Erhardt, der als „Biesty-Boy“ das Geschehen am linken Bühnenrand mit vielen Instrumenten live begleitet, dreht Regisseurin Birch das Märchen endgültig zur hollywoodreifen Musical-Romanze – inklusive Kitsch, Pomp, funkelnden Sternen und der ewig gültigen Botschaft: Wahre Schönheit kommt von innen. Der Jubel kennt keine Grenzen.

Dauer: ca. 80 Minuten ohne Pause. Die nächsten Familienvorstellungen am 4., 18., 25., 27. und 28. Dezember. Karten: 0234 33335555