Bochum. In Bochum werden Turnhallen genutzt, um unbegleitete Flüchtlinge unterzubringen. Darunter leiden Vereine, ihnen werden Hallenzeiten genommen.

In drei Turnhallen in Bochum wird aktuell kein Sport mehr getrieben. Sie werden umfunktioniert, um die sogenannten „unbegleiteten minderjährigen Ausländer“ (UMA) unterzubringen. Das heißt: Vereine verlieren Hallenzeiten, müssen sich nach Alternativen umschauen, die es nicht immer gibt. Auch eine Schule ist betroffen.

Flüchtlinge werden in Turnhalle untergebracht: Vereine müssen weichen

„Zu Beginn der Woche wurde uns durch die Stadt Bochum mitgeteilt, dass unsere Ausweichturnhalle in Weitmar sofort geräumt wird und auf unbestimmte Zeit nicht mehr zu Verfügung steht. Seitdem haben wir keine Turnhalle mehr“, schreibt Lukas Gorks aus der Abteilung Tischtennis beim DJK Wattenscheid an unsere Redaktion. 2020 mussten die Sportler bereits aus der Turnhalle an der Märkischen Schule ausziehen – von Wattenscheid an die Pestalozzistraße in Weitmar.

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„Dadurch haben wir neben der kompletten Jugend auch einen nicht unerheblichen Teil an Senioren verloren“, sagt Gorks. Inzwischen konnten neue Mitglieder generiert werden. Wir hatten seit langem wieder beruhigter in die Zukunft geschaut. Bis zum vergangenen Montag.“ Wo die Tischtennis-Spieler nun ihrem Sport nachgehen können, wissen sie nicht.

Für das Spiel der ersten Herren-Mannschaft am Wochenende haben sie durch ehemalige Nachbarn in Wattenscheid eine Ersatzhalle gefunden. Aktuell trainieren sie bei anderen Vereinen in Gerthe, Herne und Langendreer. „Doch eine dauerhafte Reise durch das Ruhrgebiet kann keine Dauerlösung sein“, so Gorks, der die Zukunft der Tischtennisabteilung bedroht sieht.

In der Turnhalle der Realschule Höntrop werden bald „unbegleitete minderjährige Ausländer“ (UMA) untergebracht. Ebenso wie in zwei weiteren Hallen im Bochumer Stadtgebiet.
In der Turnhalle der Realschule Höntrop werden bald „unbegleitete minderjährige Ausländer“ (UMA) untergebracht. Ebenso wie in zwei weiteren Hallen im Bochumer Stadtgebiet. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Drei Turnhallen in Bochum sind betroffen

Insgesamt sind in Bochum drei Sporthallen betroffen. Am Westring in der Innenstadt ist eine Turnhalle bereits seit einigen Tagen für diesen Zweck umfunktioniert. Am Mittwoch wurde an der Pestalozzistraße in Weitmar die zweite Turnhalle zur Unterbringung und Betreuung bezogen. Seit Mittwoch findet auch in der Halle der Realschule Höntrop kein Sport mehr statt, auch hier sollen bald minderjährige Flüchtlinge ohne Begleitung einziehen.

120 vorübergehend zu betreuende Jugendliche, vornehmlich junge Männer zwischen 16 und 18 Jahren aus Afghanistan, Syrien und Nordafrika, sind derzeit in der Stadt. Weitere Einrichtungen könnten nötig sein, da die Zahl der Flüchtlinge, die nach NRW kommen, allmählich steigt – und mit ihnen auch die Zahl der sogenannten UMA.

Vor allem Fluchtrouten von der Türkei über Serbien und Tschechien sorgen für eine wachsende Aufnahme. Von einer „extremen Herausforderung“ spricht Sozialdezernentin Britta Anger. Alle in NRW ankommenden „unbegleiteten minderjährigen Ausländer“ bleiben zunächst in Bochum.

Auch weitere Turnhallen könnten folgen

Am Mittwoch hat auch die Leiterin der Realschule Höntrop davon erfahren, dass eine Halle ab sofort und bis auf Weiteres nicht mehr für den Schulsport genutzt werden kann. Sie wird für die Unterbringung der Flüchtlinge vorbereitet. Vor Ort gibt es eine weitere Halle, die genutzt werden kann. Nur von Schülern statt von Vereinen, die hier vormittags eigentlich auch Hallenzeiten haben. Allerdings: „Der Fußweg zu der Halle ist länger“, sagt Schulleiterin Ursula Tetzlaff. Generell gebe es mehr organisatorischen Aufwand.

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Ob in kommender Zeit noch weitere Hallen umfunktioniert werden müssen, steht derzeit in den Sternen. „Wir können nicht absehen, wie sich die Situation entwickelt“, heißt es von Stadtsprecher Thomas Sprenger auf Anfrage. Falls die Zahl der UMAweiter steigt, ist es gut möglich, dass sie in weiteren Hallen untergebracht werden. Die Stadt Bochum sei sehr bemüht, für alle betroffenen Vereine eine Alternative zu finden.

„Wir haben noch keine Ersatzhalle“

Darauf hoffen die betroffenen Vereine. „Wir haben noch keine Ersatzhalle“, sagt auch Marco Ibscher von den Pottheads, ein Verein für Kopfballtischtennis. Er trainiert normalerweise montags und donnerstags – aktuell allerdings nicht. Die 20 bis 25 Sportler suchen nun eine Alternative, haben ihre Fühler bisher in alle Richtungen ausgestreckt, bisher ohne Erfolg. Reichen würde eventuell sogar ein größerer Raum. „Falls jemand uns einen solchen zur Verfügung stellen kann, würden wir uns freuen, wenn er sich bei uns meldet.“

Besonders die Volleyballer vom TB Höntrop sind davon betroffen, dass sie aus ihrer Halle weichen müssen.
Besonders die Volleyballer vom TB Höntrop sind davon betroffen, dass sie aus ihrer Halle weichen müssen. © Funke Foto Services | Carsten Klein

Auch der Turnbund Höntrop (TB Höntrop) sucht derzeit nach Lösungen. Er hat bisher keine Ersatzhallenzeiten von der Stadt bekommen, weil es kaum welche gebe. Die meisten Hallen seien nahezu ausgelastet. Betroffen sind im Wesentlichen die Volleyballer, die mit 13 Mannschaften in der Halle trainieren. 16 Stunden Trainingszeit fallen weg.

Vereine rücken zusammen

„Wir haben zum Beispiel das Training der ersten und zweiten Mannschaft zusammengelegt“, sagt der erste Vorsitzende Christian Eusterfeldhaus. Insgesamt trainiert der Verein in sieben verschiedenen Turnhallen. Eusterfeldhaus zeigt sich jedoch optimistisch und ist guter Dinge, dass für die meisten Mannschaften eine gute Lösung gefunden wird. Auch durch die Unterstützung anderer Vereine, die zusammenrücken, um Platz für die Sportler zu machen, die aus ihrer Halle weichen müssen.

Der Vorsitzende weist darauf hin, dass die Vereinsmitglieder auf der Homepage auf dem Laufenden gehalten werden: www.tb-hoentrop.de.