Bochum-Langendreer. Mit einer Ausnahme endet in Bochum die Freibad-Saison. In einem Stadtteil sogar für immer. Wehmütig nehmen die Besucher hier Abschied.
Anfang September – in Bochum endet die Freibad-Saison (nur Werne hat noch eine Woche geöffnet). In Langendreer ist der Badespaß unter freiem Himmel sogar für immer vorbei. Ab Mitte September wird der Außenbereich komplett umgestaltet. Die Becken kommen weg und machen Platz für einen Freizeitpark mit vielen Wasserspielplätzen. Politisch ist das so gewollt und beschlossen, vor Ort im Stadtteil kommt diese Entscheidung allerdings gar nicht gut an.
Bochum: Abschied vom Freibad – bald rollen hier die Bagger
Marianne Hagen zieht am Sonntag, 4. September, ein letztes Mal ihre Bahnen im Freibad am Eschweg. „Seit 47 Jahre tue ich das hier“, sagt die Sport- und frühere Kaderschwimmerin. „Das ist meine Heimat, und die wird mir jetzt genommen. Ich bin heute ganz traurig hierhin gekommen.“
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Aus wirtschaftlicher Sicht könne sie die Entscheidung, Außenwasserfläche und Aufsichtspersonal einsparen zu müssen, nachvollziehen, sagt Hagen. „Aber nicht aus gesellschaftlicher Perspektive. Wir haben immer weniger Möglichkeiten, den Kindern den Spaß am Schwimmen zu vermitteln.“ Sie moniert, dass die Entscheidung, den Freibad-Bereich zu schließen und umzubauen, „still und heimlich getroffen wurde“. Die Bürger hätten im Vorfeld überhaupt keine Möglichkeit gehabt, Vorschläge für den Erhalt des Bades zu machen.
Das kritisiert nach wie vor auch die Bürgerinitiative „Das Freibad Langendreer darf nicht ,baden’ gehen“, die am Montag, 5. September, vor dem Freibad symbolisch einen Kranz niederlegen will. „Keine echte Bürgerbeteiligung, keine Antwort auf viele berechtigte Fragen, keine wirkliche Kommunikation mit der Initiative, keine Berücksichtigung des Willens der Bezirksvertretung“, heißt es in einer Stellungnahme zum Ende des Freibades. Und: „Selten wurde ein Vorhaben in Bochum so kurz nach seiner Verkündigung in die Tat umgesetzt. Der Grund scheint klar zu sein. Die Verantwortlichen wollen Ruhe haben vor den Protesten, vor dem Bürgerwillen, den sie wieder einmal mit Füßen getreten haben.“
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„Seit meinem fünften Lebensjahr gehe ich hier ins Freibad“, sagt Susi Kreitz, die mit ihren Freundinnen Andrea Springob und Sabine Hellmeier im kühlen Nass mit einem Ball spielt. „Hier wird mir ein Stück Kindheitserinnerung entrissen.“ Sie seien die Ersten heute im Ostbad gewesen. „Hier fühlen wir uns seit Jahrzehnten wohl und geborgen. Wir machen letzte Fotos und sind einfach traurig.“ Das Freibad sei „ideal für Familien, die nicht viel Geld haben. Es hat ja nicht jeder einen Pool zu Hause.“
Die neuen Pläne für den Außenbereich halten die drei für „Schwachsinn“. Miriam Hennecke, auch ein Dauergast im Freibad, ebenso. „Das ist so ein großer Stadtteil, die Sommer werden wärmer, die Urlaube immer teurer, die Menschen bleiben mehr zu Hause – und dann nimmt man uns das Freibad weg. Unfassbar.“ Hennecke hätte es logischer gefunden, das Freibad attraktiver zu machen. „Für Bespaßung, wie sie in dem geplanten Freizeitpark vorgesehen ist, wäre auch im Außenbereich Platz. Und am besten wäre noch gewesen, ein weiteres Becken mit Sprungturm zu bauen.“
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Simone Walkowiak hätte es gut gefunden, wenn man versucht hätte, über Sponsoren Geld für den Erhalt des Freibades zu sammeln. Und sie glaubt, „dass wir auf Dauer ein Platzproblem bekommen“. Denn jetzt würden Freibad-Fans aus Langendreer ins frisch renovierte Werner Bad strömen. „Doch dort gibt es kaum Parkplätze“, ergänzt Miriam Hennecke.
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Eine „Waldorf-Community“ aus der benachbarten Rudolf-Steiner-Schule ist auch extra noch einmal ins Ostbad gekommen. Frieda ist besonders aufgeregt – die Achtjährige macht gleich ihr Seepferdchen. Christina Kleine fragt sich derweil, was der Umbau soll. „Die haben doch gerade erst den Volkspark neu gemacht.“ Auch Berit Breitschädel ist traurig, dass eine Ära zu Ende geht. „Allerdings bin ich auch schon ein bisschen gespannt aufs Neue.“
Dieses „Neue“ entsteht, wenn Mitte September die Bagger anrollen. Für 1,5 Millionen Euro wollen die Wasserwelten als städtischer Badbetreiber die 25.000 Quadratmeter große Außenfläche in eine Freizeit- und Wasserlandschaft umgestalten. Das Gelände soll in drei Bereiche unterteilt sein: für Ruhe und Erholung, Sport und Spiel sowie Wasser und Spaß. Eine Tageskarte soll weniger als fünf Euro kosten.
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Im Sommer 2023 soll die neue Anlage fertig sein. Unter anderem durch das Reduzieren von Wasserfläche (neben Langendreer entfällt auf Dauer auch das Freibad in Höntrop) wollen die Wasserwelten das jährliche Defizit auf maximal 13 Millionen Euro herunterschrauben. In Langendreer könne man künftig 90 Prozent der jetzt für den Freibadbetrieb anfallenden Kosten für Wasser und Strom einsparen, rechnet Wasserwelten-Geschäftsführer Marcus Müller vor. Auch falle das Wasseraufsichtspersonal weg.