Bochum. Schulen in NRW sollen bald selbst bestimmen dürfen, wann der Unterricht beginnt. Aber kommt ein Start um 9 Uhr für Schulen in Bochum in Frage?
Schülerinnen und Schüler schlafen zu wenig, das haben Forscher schon vor einigen Jahren festgestellt. Die Hauptursache: der frühe Unterrichtsbeginn und das späte Schlafengehen. Helfen könnte es, wenn die erste Schulstunde später beginnt. Die Landesregierung will das bald ermöglichen. Aber was sagen Bochums Schulen dazu?
Späterer Unterrichtsanfang in Bochum: Meinungen sind geteilt
Eine Abfrage unserer Redaktion hat ergeben, dass die Meinungen dazu geteilt sind – allerdings mit einer Tendenz dazu, die Unterrichtszeiten eher nicht nach hinten zu verschieben.
Endlich ausschlafen- Fangen Schulen in NRW bald später an?„Ein späterer Unterrichtsbeginn führt automatisch dazu, dass die Schülerinnen und Schüler zum Teil sehr spät nach Hause kommen“, erklärt beispielsweise Elke Arnscheidt, Leiterin der Graf-Engelbert-Schule. Hier beginnt die erste Stunde aktuell um 8.15 Uhr – und das soll erst einmal so bleiben. „Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass ein später Schulbeginn nicht mehr zu den Arbeitszeiten der Eltern passt“, so die Schulleiterin. Viele Lehrkräfte hätten zudem kleine Kinder. Diese Kolleginnen und Kollegen könnten im Nachmittagsbereich kaum noch eingesetzt werden.
Dieser Argumentation schließt sich auch Schulleiter Oliver Bauer für das Neue Gymnasium an. An der Schiller-Schule, Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule und Nelson-Mandela-Schule gebe es noch keine konkreten Überlegungen. „Konkretere Aussagen können alle Schulen vermutlich erst kurz vor den Herbstferien machen“, so Claudia Aldibas-Könneke, Leiterin der Nelson-Mandela-Schule.
Große organisatorische Schwierigkeiten
„Ich persönlich sehe – bei allen nachvollziehbaren entwicklungspsychologischen Begründungen – große organisatorische Schwierigkeiten“, sagt Mathias Balliet, Schulleiter der Hellweg-Schule. Längerer Unterricht würde unter anderem die Hobbys der Schülerinnen und Schüler weiter einschränken. Zudem müsste eine Abstimmung mit Kooperationsschulen erfolgen. Bisher habe er in den Gremien kein großes Interesse gesehen, den Unterrichtsstart zu verschieben.
„Niemand konnte mir bisher nachweisen, dass man von 16 bis 17.10 Uhr besser lernt als von 7.50 bis 8.55 Uhr. Das gilt erst recht bei einem frühen Schuljahresstart 2022/23 und der zu befürchtenden Hitze. Fazit: klares Votum dagegen“, sagt Leiter Ludger Jonischeit für die Erich-Kästner-Schule.
Grundschulen in Bochum zeigen sich offener
Etwas offener zeigen sich zwei Grundschulen. „Bisher hat sich kein Bedarf für eine Änderung ergeben. Wir schließen nicht aus, dass wir in der Zukunft in eine Situation kommen, darüber nachzudenken“, erklärt Katharina Rogula, Leiterin der Frauenlobschule. Für diesen Fall finde man es gut, dass eine Option eingeräumt wird.
An der Drusenbergschule beginnt der Unterricht bisher um 8 Uhr. „Die Kinder haben ab 7.30 Uhr die Möglichkeit, im Rahmen eines offenen Anfangs in die Klasse zu kommen“, erklärt Leiterin Claudia Neuse. Sie könnten in dieser Zeit in Ruhe ankommen, im Raum miteinander spielen, malen, an ihren Aufgaben weiterarbeiten oder mit der Lehrerin sprechen. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Kinder, seitdem wir das System umgestellt haben – vorher fand die Frühbetreuung auf dem Schulhof statt – viel entspannter in den Tag starten.“
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Gerne würde man die Zeit des „offenen Anfangs“ auf 8.45 Uhr verlängern. Dafür würden viele Gründe sprechen. Problematisch sei allerdings, dass es nicht genug Lehrerstunden gebe, um das abzudecken. Auch an räumlichen Kapazitäten fehle es.
Geteilte Meinung auch unter den Bochumern
Die Bochumer sind ebenfalls geteilter Meinung – das zeigt eine Abfrage unserer Redaktion bei Facebook. „Im Sinne der Kinder auf jeden Fall besser. Ich weiß aus eigener Erfahrung als Schulassistenz, dass die Kids eine Anlaufzeit brauchen. 9 Uhr ist da schon ok“, schreibt ein User. „Für mein Kind wäre es das Beste! Ich wäre sogar bereit, meine Arbeitszeiten anzupassen“, heißt es von einer Mutter.
Doch es gibt auch viele Gegenstimmen: „Für berufstätige Eltern ist das eine Katastrophe. Selbst die Frühbetreuung in der OGS wird von Lehrern gemacht. Das klappt schon kaum, wenn mal die erste Stunde ausfällt“, so eine Frau.