Bochum-Langendreer. Zum viel diskutierten Schulleiter-Wechsel am Lessing-Gymnasium gibt es neue Einzelheiten. Derweil sind die Eltern sauer auf die Bezirksregierung.

Ob die Schulgemeinschaft des Lessing-Gymnasiums in Bochum-Langendreer die Sommerferien genießen wird? Das neue Schuljahr wird ein Start ins Ungewisse. Der vertraute SchulleiterFrank Saade befindet sich nach 17 Jahren Tätigkeit an der Ottilienstraße dann im Ruhestand, sein Nachfolger Peter Petrak übernimmt. Ein nach wie vor viel diskutierter Wechsel, zu dem jetzt neue Details bekannt wurden.

Bochum: Umstrittener Schulleiter-Wechsel am Lessing-Gymnasium– neue Details bekannt

In der Kritik steht weiterhin das Verfahren, nach dem die Bezirksregierung Arnsberg die Stelle neu besetzt hat. Dies war ohne Mitsprache der Schulgemeinschaft geschehen, obwohl zuvor ein Ausschreibungsverfahren begonnen worden war. Darüber wurde auch in der Schulkonferenz am 8. Juni ausgiebig besprochen. Das Protokoll des Treffens, bei dem sich auch der Neue – Peter Petrak – vorstellte und Fragen beantworte, liegt dieser Zeitung vor.

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Im ersten Teil der Schulkonferenz wird die Bezirksregierung von Schülern und Eltern ausgiebig zum Verfahren befragt. Auch geht es um das, was während Petraks Tätigkeit als Schulleiter des Marie-Curie-Gymnasiums in Bönen passiert ist, in dessen Folge er von der Bezirksregierung versetzt wurde. Eine Vorgeschichte, die Petraks Start in Langendreer nun schwierig macht. Denn die Bedenken der Eltern und Schüler sind groß.

Frank Saade ist nach 17 Jahren am Lessing-Gymnasium in Bochum-Langendreer in den Ruhestand gegangen. Die Nachfolge-Regelung wird von Schulgemeinschaft kritisch gesehen.
Frank Saade ist nach 17 Jahren am Lessing-Gymnasium in Bochum-Langendreer in den Ruhestand gegangen. Die Nachfolge-Regelung wird von Schulgemeinschaft kritisch gesehen. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Laut Protokoll konfrontieren die Eltern die Bezirksregierung mit einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen 2020, in dem 16 Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Peter Petrak dokumentiert seien. In diesem Verfahren sei durch den Richter deutlich festgestellt worden, dass der Schulleiter an den Problemen, die den Abzug aus Bönen rechtfertigten, durch sein Leitungsverhalten auf verschiedenen Ebenen erkennbaren Anteil gehabt habe. Dazu deutete die Elternvertretung Beispiele aus den Ausführungen des Richters an, wie u.a. entrissene Telefonhörer, Verkehrserziehung, Sperrung des E-Mail-Accounts des Lehrerrats und sarkastische Dienstbeurteilungen.

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Die Vertreter der Bezirksregierung bestätigen gemäß Protokoll, von diesem Gerichtsverfahren zu wissen, verweisen im Anschluss aber auf ein „erfolgreiches Kommunikationstraining“ und auf Petraks jüngste Zeit am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung in Dortmund, in dem sich niemand beschwert habe. Die Nachfrage von Eltern, ob denn der Erfolg dieses Kommunikationstrainings überprüft worden sei, wird laut Mitschrift verneint.

Bezirksregierung zum neuen Schulleiter: Soll nicht so eskalieren wie in Bönen

Zum Verfahren der Stellenbesetzung wird von Seiten der Bezirksregierung versichert, dass dieser Entscheidung keine Klage zugrunde liege. In diesem Fall sei es nur möglich gewesen, Peter Petrak wieder als Schulleiter einzusetzen. Eine Bestenauswahl, wie von den Eltern gewünscht, ist laut Bezirksregierung nicht möglich gewesen.

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Dieses Kriterium greife nur in einem Ausschreibungsverfahren, geht aus den Protokollnotizen hervor. Und weiter: „Im Versetzungsverfahren gebe das Anrecht auf eine amtsangemessene Beschäftigung den Ausschlag.“ Auch sei das Lessing-Gymnasium die einzig mögliche Schule für die Stellenbesetzung gewesen.

Resolution: SPD und Grüne fordern Oberbürgermeister zum Handeln auf

Janine Bartsch von der oberen Schulaufsicht der Bezirksregierung erklärt laut Protokoll, dass der Unterschied zu der Situation in Bönen der sei, dass die Bezirksregierung in der Begleitung von Peter Petrak von Anfang an mit an Bord sei. An der Lessing-Schule solle es nicht mehr zu solchen Eskalationen wie in Bönen kommen und daher werde es regelmäßige Gespräche mit ihm und Vertretern der Schule geben.

Neuem Schulleiter ist Kommunikation wichtig

„Ich wünsche mir, dass Sie mich aufnehmen im Sinne einer zweiten Chance“, wird Peter Petrak, künftiger Schulleiter des Lessing-Gymnasiums, im Protokoll zur Schulkonferenz vom 8. Juni zitiert. Der 61-Jährige nutzte die Gelegenheit, um sich Eltern, Schülern und Lehrern vorzustellen. Laut Mitschrift ging er auf die Fragen aus der Schulgemeinschaft nicht immer detailliert ein. Für ihn habe „direkte Kommunikation“ eine hohe Bedeutung, heißt es im Protokoll. Immer wieder betont er demnach, dass man „aktiv miteinander sprechen“ müsse, dass ihm der Dialog wichtig sei und er sich nicht „an einen Schreibtisch verziehen“ wolle.

In der WAZ hatte sich Peter Petrak jüngst ähnlich geäußert: „Schüler, Lehrer, Eltern – alle sollen sich an der Schule wohlfühlen. Ich bin offen für alles, was diesem Ziel dient.“ Es gehe darum, „die Kinder für die Zukunft zu stärken, sie so auszustatten, dass sie auf ihrem Lebensweg eine Perspektive haben“. Das sei die Aufgabe aller Beteiligten. Und er habe sich in den vergangenen zwei Jahren weiterentwickelt, weshalb er jetzt vor allem nach vorn schauen wolle.

In diesem Zusammenhang ärgern sich die Eltern über Äußerungen der Bezirksregierung, dass die intensivere Begleitung Petraks durch die Schulaufsicht letztlich eine Reaktion auf die Sorge der Schulgemeinschaft sei. „Diese Aussage ist nachweislich falsch, irreführend und versucht der Schulgemeinde einen moralischen schwarzen Peter für Fehler zuzuschieben, die eindeutig bei der Bezirksregierung liegen“, echauffiert sich Stefan Hoffmann vom Vorstand der Schulpflegschaft.

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Unmittelbar nach der Verkündung des neuen Schulleiters am 28. April 2022 sei der Schulkonferenz durch die Bezirksregierung mitgeteilt worden, dass dieser engmaschig nicht nur durch einen, sondern gleich durch zwei Dezernenten betreut werde, erklärt Hoffmann. „Mitnichten war es also so, dass die intensive Begleitung eine Reaktion auf die Ablehnung der Schulgemeinde war“, so Hoffmann. Im Gegenteil seien so erst größere Befürchtungen der Schulgemeinschaft entstanden.

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„Es war und es ist in keiner Weise beabsichtigt, irgendjemanden in die Irre zu führen oder der Schulgemeinde eine Verantwortung für Entscheidungen der Bezirksregierung zuzuschieben“, reagiert Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung, auf die Kritik. Die Entscheidung, die neue Schulleitung intensiv zu begleiten, „geschah aus der Besorgnis heraus, dass es Bedenken und Befürchtungen zu der getroffenen Entscheidung geben könne. Diese Besorgnis hat sich dann im weiteren Verlauf bestätigt.“

SPD und Grüne in der Bezirksvertretung Bochum-Ost bitten in einer gemeinsamen Resolution den Oberbürgermeister, sich bei der Landesregierung „entschieden dafür einzusetzen, dass die Stelle des Schulleiters ausgeschrieben wird und alle erforderlichen Beteiligungsschritte gegangen werden“. Gleiches fordert die Elternschaft in einer Petition an den Landtag.