Bochum-Langendreer. Das Lessing-Gymnasium in Bochum bekommt einen neuen Schulleiter. Eltern kritisieren das Auswahlverfahren. Das sagt der „Neue“ zur Situation.
Der Schulleiterwechsel am Lessing-Gymnasium in Bochum-Langendreer beschäftigt nun auch den Düsseldorfer Landtag. Die Elternpflegschaft hat sich an den Petitionsausschuss gewandt. Mit der Bitte, diese Entscheidung zurückzunehmen. Zur vertrackten Situation äußert sich jetzt auch erstmals der „Neue“ Peter Petrak, der auf den scheidenden SchulleiterFrank Saade folgt.
Bochum: Schulleiter-Wechsel am Lessing-Gymnasium – der „Neue“ meldet sich zu Wort
Die Kritik der Eltern zielt in erster Linie auf die Art und Weise der Besetzung der Schulleiterstelle am „Lessing“ ab. Kritisiert wird, dass „die bereits eingeleitete Ausschreibung der Schulleitungsstelle ohne weitere Begründung über die Köpfe aller Beteiligten hinweg“ von der Bezirksregierung Arnsberg nicht abgeschlossen und der Posten „freihändig besetzt“ worden sei.
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Als ein „nicht auflösbares Dilemma“ bezeichnet es die Elternschaft, dass „die Sorgen und Ängste der Schüler- und Lehrerschaft von der Bezirksregierung wahrgenommen“ wurden und deshalb jetzt durch die Schulaufsicht eine engmaschige Kontrolle der neuen Schulleitung vorgesehen sei. „Wir teilen die Auffassung, dass diese Maßnahmen notwendig sind, um ein Mindestmaß an Schutz für Schülerinnen, Schüler und das Lehrerkollegium zu gewährleisten“, heißt es in der Petition. „Gleichzeitig zerstören diese Maßnahmen jegliches Vertrauen in die Schulleitung, so dass die Ausübung des Amtes nicht möglich wird. Ohne Vertrauen kann eine Schulleitung nicht arbeiten.“
Die Elternschaft der Lessing-Schule bittet nun den Petitionsausschuss, „das Verfahren zu überprüfen und darauf einzuwirken, die Entscheidung zurückzunehmen“. Ein Bewerbungs- und Auswahlverfahren sei in einem demokratischen Land ein Prozess, der gerade bei einer so verantwortungsvollen und sensiblen Stelle wie der Schulleitung absolut erforderlich sei. „Wir hoffen sehr, dass unser Appell erhört und unsere Kinder in den Mittelpunkt gestellt wird“, sagt Svenja Schmitz, die Vorsitzende der Elternpflegschaft. Man habe zugleich auch eine Online-Petition geschaltet und die Eltern informiert.
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In der Bezirksregierung Arnsberg ist man darum bemüht, die Wogen zu glätten. Man bittet alle Beteiligten, „ihren Beitrag zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit auf allen Ebenen zu leisten“. Das Ausschreibungsverfahren sei zu einem Zeitpunkt eingeleitet worden, „in dem die internen Planungen und Entscheidungen noch nicht abgeschlossen waren. Dies wurde korrigiert“, erklärt Sprecher Christoph Söbbeler.
Bezirksregierung: Aufsicht und Begleitung von neuen Schulleitern üblich
Die Lessing-Schule sei zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung das einzige Gymnasium im Regierungsbezirk Arnsberg gewesen, „welches absehbar über eine freie und besetzbare Schulleitungsstelle verfügte“. Dass Peter Petrak in seiner neuen Aufgabe durch die schulfachliche Aufsicht der Bezirksregierung Arnsberg begleitet werde, sei „grundsätzlich das übliche Vorgehen bei der Besetzung von neuen Schulleitungsstellen“. Söbbeler: „Eine, wie hier, intensivere Begleitung der Schulaufsicht ist letztlich eine Reaktion auf die Ablehnung und die Befürchtungen der Schulgemeinschaft.“
Die Gespräche würden in engen zeitlichen Abständen und anlassbezogen stattfinden, genaue Termine mit den entsprechenden Gremien der Schulgemeinschaft kommuniziert.
Erstmals meldet sich jetzt auch der künftige Schulleiter in der WAZ zu Wort. „Die unzureichende Einschätzung zu meinem Führungsstil, Kommunikation und sozialen Kompetenz sind für mich nach wie vor irritierend“, sagt Peter Petrak in Bezug auf das, was ihm aus seiner Zeit als Schulleiter des Marie-Curie-Gymnasiums in Bönen nachgesagt wird. Die bisherige Berichterstattung habe viel zur aktuellen Verunsicherung beigetragen.
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Den Blick zurück finde er nicht hilfreich, sagt Petrak, er blicke lieber in die Zukunft. Ich habe mich in den letzten zwei Jahren weiterentwickelt. Und man kann sicher sein, dass ich aus der Vergangenheit konstruktive Schlüsse gezogen habe. Außerdem seien die Bedingungen an jeder Schule anders, jede habe ihre eigene Geschichte. So auch das Lessing-Gymnasium, das er als sehr gute Schule bezeichnet.
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„Ich freue mich sehr auf den neuen Lebensabschnitt“, sagt der 61-Jährige. „Mir war sehr wichtig, diese neue Chance zu bekommen.“ Er wolle sensibel sein, konstruktiv zu Werke gehen. „Schüler, Lehrer, Eltern – alle sollen sich an der Schule wohlfühlen. Ich bin offen für alles, was diesem Ziel dient.“ Es gehe darum, „die Kinder für die Zukunft zu stärken, sie so auszustatten, dass sie auf ihrem Lebensweg eine Perspektive haben. Das ist die Aufgabe aller Beteiligten.“
SPD unterstützt Petition
Die SPD unterstützt die Petition der Elternschaft des Lessing-Gymnasiums. Das Vorgehen der Bezirksregierung bei der Besetzung der Schulleiterstelle wird von Ernst Steinbach, Mitglied und Schulexperte der SPD im Rat, ebenfalls kritisiert: „Diese Art passt einfach nicht ins 21. Jahrhundert. Rein rechtlich ist die Bezirksregierung auf der sicheren Seite. Aber zeitgemäß finde ich das Vorgehen nicht. Falls die Petition keinen Erfolg haben sollte, hoffe ich, dass die Bezirksregierung die ersten Monate der Neubesetzung gut begleitet.“
Auch Dirk Meyer, designierter Bezirksbürgermeister im Bezirk Ost, folgt der Petition inhaltlich. Er betont dabei, dass es aus Sicht der SPD nicht gegen die Person Petrak gehe, sondern um die Art des Verfahrens. Die Bezirksvertretung bereite derzeit eine Resolution vor, auch wenn die Politik nicht viel ausrichten könne. „Es handelt sich ja um eine innere Schulangelegenheit.“
Ein vertrauensvolles Miteinander sei ihm sehr wichtig, sagt Petrak. „Ein Schulleitungswechsel bedeutet immer eine Veränderung, die nur dann gelingen kann, wenn alle Beteiligten transparent, vorurteilsfrei und wohlwollend miteinander umgehen. Daher respektiere ich auch das Misstrauen der Eltern im Interesse ihrer Kinder mir gegenüber.“ Die Petition und das Anliegen der Elternvertreter fallen für ihn unter Meinungsfreiheit: „Hier wird ein demokratisches Mittel eingesetzt, um der eigenen Meinung und Verantwortungsbereitschaft Ausdruck zu verleihen.“
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Bei seiner Arbeit orientiert sich der dreifache Vater nach eigenen Angaben an die von den Vereinten Nationen formulierten 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung: „Hierunter verstehe ich, gemeinsam alles Mögliche zu tun, um die Folgen des Klimawandels aufzuhalten, Armut und Hunger und Ungleichheiten aufzuheben, die Selbstbestimmung der Menschen zu stärken, Geschlechtergerechtigkeit und ein gutes und gesundes Leben für alle zu sichern, indem wir unsere Lebensweise und gemeinsame Arbeit nachhaltig gestalten.“
Petrak selbst will mit gutem Beispiel voran gehen und die 16 Kilometer von seinem Wohnort in Dortmund zur Lessing-Schule so oft es geht mit dem Fahrrad zurücklegen.